Ein diebisches Vergnügen
(unzweifelhaft Hermès) um den Hals geschlungen. Das Nonplusultra des Pferdesport-Chics. Als Sam sie vom Scheitel bis zur Sohle mit anerkennendem Blick musterte, fragte er sich, ob er statt eines leisen Pfiffs ein Wiehern von sich geben sollte. Eine solche Aufmachung bekam man in L.A. nicht alle Tage zu Gesicht.
»Schicke Kluft«, sagte er. »Schade, dass Sie die Sporen vergessen haben. Tut mir leid, dass Sie warten mussten. Glauben Sie, dass Ihr Glücksbringer wirkt und wir heute mehr Erfolg bei unserer Suche haben?«
»Bestimmt. Ich bin zuversichtlich . Heute stoßen wir auf eine heiße Spur. Sie werden schon sehen.« Sie hakte sich bei ihm ein, als sie zum Auto gingen. »Fangen wir beim Château Lafite an?«
Während der Fahrt von Bordeaux ins Médoc erklärte Sophie den Grund für ihre überschwängliche Laune. Nachdem sie sich am Vorabend getrennt hatten, hatte sie sich mit ihrem Anwalt getroffen und erfahren, dass der dreijährige Rosenkrieg mit ihrem Ex-Ehemann endlich beendet war und einer
erneuten Eheschließung in Kürze nichts mehr im Wege stehen würde. Man hatte schließlich doch noch eine Einigung bezüglich der Scheidungsbedingungen erzielt. Ihr Ex würde das Boot erhalten, das er in Saint-Barth vercharterte, und Sophie die gemeinsame Wohnung in Bordeaux. Vielleicht konnten sie irgendwann sogar Freunde sein. Oder auch nicht. Der Kerl sei von Anfang an ein Fehlgriff gewesen, gestand Sophie; ständig habe er sich mit seinem Boot irgendwo in der Weltgeschichte herumgetrieben, überwiegend in Gesellschaft irgendeines weiblichen Wesens, das er unterwegs kennengelernt hatte.
»Hm«, meinte Sam. »Das kommt mir irgendwie bekannt vor.«
Sophie lachte. »Lieben Sie Boote?«
»Die weiblichen Wesen sind mir lieber. Bei denen werde ich nicht seekrank.«
Die Straße, die Sophie gewählt hatte, teilte das flache Land in zwei akkurate Hälften, durchzogen von Rebstöcken, die sich schnurgerade bis zum Horizont erstreckten. Die Weingüter waren gleichmäßig links und rechts von ihnen verteilt: Château Léoville Barton, Latour, Pichon-Lalande, Lynch-Bages, Pontet-Canet. Sam hatte das Gefühl, eine Weinliste der Spitzenklasse abzuhaken.
»Kennen Sie die Weinanbaugebiete in Kalifornien?«, fragte er.
»Napa Valley und Sonoma? Nein, da war ich noch nie. Vielleicht hole ich das eines Tages nach. Sieht es dort ähnlich aus wie hier?«
Sam dachte an die trockenen braunen Hügel, die riesigen modernen Weinkellereien mit den dazugehörigen Souvenirläden und den Busladungen voller Besucher. »Nicht genau. Aber einige Weine sind ganz gut.«
»Wissen Sie auch, warum?« Sophie ließ ihm keine Chance zu antworten. »Weil es bei euch inzwischen so viele Franzosen gibt, die Wein anbauen.« Sie lachte. »Ich bin da chauvinistisch: Der französische Wein ist der beste.«
»Versuchen Sie mal, das einem Italiener zu erzählen.«
»Italiener sind nicht schlecht, was Kleidung und Schuhe betrifft. Und sie stellen einen annehmbaren Käse her, eine Sorte zumindest. Aber der Wein …« Sie verzog das Gesicht und winkte ab. Es blieb eindeutig kein Raum für eine Diskussion. Abermals ein Sieg für den nahezu krankhaften Überlegenheitskomplex der Franzosen, dachte Sam.
Als sie die Ortsmitte von Pauillac hinter sich gelassen hatten, konnten sie Château Lafite auf einer niedrigen Anhöhe abseits der Straße erkennen. Sophie hielt an und wandte sich Sam zu. »Wir stellen nur eine Frage, oder? Hat jemand während des vergangenen Jahres versucht, Wein des Jahrgangs 1953 zu kaufen, und wurde abschlägig beschieden?«
»Genau. Jetzt können wir nur noch die Daumen halten.«
Im Laufe des Tages, als die ersten beiden Weingüter von der Liste gestrichen waren, wuchs bei Sam die Furcht, die frustrierenden Erfahrungen der letzten beiden Tage könnten sich wiederholen. Die Befragten durchforsteten bereitwillig ihr Gedächtnis, runzelten die Stirn, zuckten bedauernd mit den Schultern, doch – désolé, mais non – niemand konnte sich an einen potenziellen Käufer erinnern, dessen Hoffnungen enttäuscht wurden.
Das Blatt wendete auf der dritten Etappe. Der Verwalter des Weinguts, der aus Pauillac stammte und mit Sophies Familie befreundet war, glaubte sich an einen Besucher im letzten Herbst zu erinnern, der nach einem ganz bestimmten Jahrgang Ausschau hielt; ein hartnäckiger Herr, der gezögert
hatte, ein Nein als Antwort zu akzeptieren. Er hatte seine Visitenkarte zurückgelassen und gebeten, sich mit ihm in Verbindung zu setzen,
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