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Ein diebisches Vergnügen

Ein diebisches Vergnügen

Titel: Ein diebisches Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mayle
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Sam. Wie können Sie einen Wein zu einem Gericht auswählen, das Sie noch nie gegessen haben?«
    Er gab sich geschlagen; er überreichte ihr die Liste und lehnte sich zurück, während Sophie sich in die Druckerzeugnisse vertiefte, wobei sie vor Konzentration an der Unterlippe kaute. Er hätte gerne gewusst, ob sie kochen konnte, und wenn ja, was sie dabei trug. Ein seidenes Halstuch, wenn sie den Eierteig für Omeletts schlug? Perlen zum
Dessert? Hatte Hermès Küchenschürzen im Sortiment? Seine Gedanken wurden von Delphine unterbrochen, die zwei Gläser Champagner an den Tisch brachte, und die beiden Frauen hielten eine Konferenz im Flüsterton ab, die mit dem Austausch eines Nickens und Lächelns endete.
    »Bon« , sagte Sophie. »Als Vorspeise gibt es Blinis mit Kaviar. Danach die Kalbsnieren mit einem außergewöhnlichen Pomerol, einem Château L’Évangile, Jahrgang 2002.
    »Ich lasse mich nie auf eine Debatte mit einer hübschen Frau ein, die ihre Nieren kennt.«
    Sie stießen miteinander an, und Sophie begann Sam alles zu erzählen, was sie über die Groupe Reboul wusste.
    Die Briten haben Richard Branson, den Gründer des Virgin-Imperiums, sagte sie. Die Italiener haben Berlusconi. Und die Franzosen haben Francis Reboul – Sissou für seine Freunde und die anhängliche Meute der Journalisten, die in den letzten vierzig Jahren seine unternehmerischen Beutezüge dokumentiert haben. Er ist zu einer nationalen Institution geworden, ein Staatsschatz, wie es bisweilen heißt, eine schillernde Persönlichkeit, ein Marseiller, wie er leibt und lebt, der jede Sekunde seines Erfolges in vollen Zügen genießt. Er fühlt sich wohl im Rampenlicht. Seine Kritiker behaupten, er sei außerstande, sich morgens anzukleiden, ohne eine Pressemitteilung über die Farbe seiner Krawatte und den generellen Zustand seiner Garderobe herauszugeben. Das macht ihn verständlicherweise zum Hätschelkind der Medien; er ist ein Event auf zwei Beinen, immer für eine Schlagzeile gut.
    Und bei ihm laufen immer irgendwelche Geschäfte, fügte Sophie hinzu. Zu dem Unternehmensimperium, das er im Verlauf der Jahre aufgebaut hatte, gehören Baufirmen, Regionalzeitungen und Rundfunkstationen, eine Fußballmannschaft, Wasseraufbereitungsanlagen, öffentliche Transportmittel
und Elektronikfirmen; er schien ein Tausendsassa zu sein, der überall seine Finger im Spiel hatte.
    Sophie verstummte, als die Blinis kamen.
    »Was ist mit Wein? Besitzt Monsieur Reboul ein Weingut oder auch zwei?«
    »Nicht dass ich wüsste. Zumindest nicht in Frankreich.« Sie schob den ersten Bissen Blinis in den Mund und schloss genüsslich die Augen. »Hm, köstlich. Ich hoffe, Sie mögen Kaviar, Sam?«
    »Für mein Leben gerne. Mag den nicht jeder?«
    »Nein, es gibt Menschen, ziemlich seltsame Exemplare, die weder Innereien noch Fisch essen.« Sie lächelte einnehmend und schob eine weitere Portion Blinis in den Mund.
    Sam hob die Hände als Zeichen, dass er die Waffen streckte. »Schon gut, schon gut. Ich mag Fischinnereien. Erzählen Sie weiter von Reboul.«
    Sophie durchforstete ihr Gedächtnis nach weiteren Bruchstücken von Informationen über den Mogul, die sie in Presse und Fernsehen aufgeschnappt hatte. Er lebte in Marseille, in einem veritablen Palast. Seine große Leidenschaft, oft und öffentlich erklärt, waren Frankreich und alles typisch Französische (abgesehen von Paris, einem Sündenpfuhl, dem er wie jeder anständige Marseiller zutiefst misstraute). Er hatte sich sogar zu dem höchsten Opfer durchgerungen, das ein Franzose bringen konnte, nämlich in seiner Heimat Steuern zu zahlen, und hielt jedes Jahr im April eine Pressekonferenz ab, um aller Welt zu verkünden, was für einen gewichtigen Beitrag er im Vorjahr zur Volkswirtschaft seines Landes geleistet hatte. Er schmückte sich gern mit jungen Frauen, denen er ausnahmslos als Sprungbrett auf die Seiten der Klatschmagazine diente, von der Presse nachsichtig als seine Nichten deklariert. Er besaß zwei Jachten: eine für den Sommer,
die in Saint-Tropez vor Anker lag, die andere für den Winter, den er auf den Seychellen zu verbringen pflegte. Und nicht zu vergessen einen Privatjet.
    »Das ist alles, was ich weiß«, schloss Sophie. »Wenn Sie weitere Informationen brauchen, müssen Sie meine Friseuse fragen. Sie ist ein Fan von ihm. Sie findet, dass er Präsident werden sollte.« Sie spähte über Sams Schulter. »Schließen Sie die Augen, Sam. Da kommen die Nieren.«
    Sam tat wie geheißen, doch

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