Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

fahre dich nach Hause, sage ich zu Ebba. Sie dreht sich zum Fenster und sackt auf dem Beifahrersitz in sich zusammen. Wie jung sie ist! Ich weiß nicht, wie ich sie abschütteln soll. Hier ist ein Kind, das mich viel zu ernst nimmt, weil es noch nicht vollständig kaputt oder innerlich zerfressen ist. Vielleicht riecht sie die Spannung, aber sie glaubt an mich. Es ist keine gute Idee, sich in meine Angelegenheiten einzumischen, sage ich. Nicht?, fragt sie. Keine Frauen und Kinder!, sage ich. Ich bin kein Kind, protestiert sie. Dann eben eine Frau!, sage ich. Nein, bin ich nicht, sagt sie und sieht mich an. Warum wollen Sie ihn kidnappen? Ich antworte nicht. Aber Sie wollen ihn doch kidnappen, oder?, fragt Ebba. Unbedingt, sage ich. Ich lächle. Wo wohnst du?, frage ich. Nirgendwo, antwortet sie. Aber du bist hier im Wald geboren?, frage ich. Sie reden ja komisch, sagt sie. Wo wohnst du?, frage ich noch einmal. Sie zeigt mir den Weg.
    Als wir zu einem Waldstück hinter einer Tankstelle kommen, sagt Ebba, dass ich hier halten kann. Ich bremse, wir bleiben sitzen. Woran denkst du?, frage ich. Das geht Sie einen Scheiß an, sagt sie. Hast du keine Lust, nach Hause zu gehen?, frage ich. Haben Sie eine Zigarette?, fragt sie. Ich sage, dass ich nicht rauche. Sie sieht mich an, als wäre ich der langweiligste Mann der Welt, der noch nicht einmal raucht. Früher habe ich geraucht, sage ich, um mich interessant zu machen. Soll ich Ihnen etwas über mein Tattoo verraten?, fragt sie. Tu das, sage ich. Sie erzählt, dass sie sich mit ihrer Mutter gestritten habe, woraufhin die Mutter sagte, Ebba habe kein Herz. Sie sagte, ihre Tochter sei völlig herzlos, am nächsten Tag ließ sich Ebba ein Herz auf die Hand stechen. Nicht dumm, sage ich. Sie sieht mich an, dann steigt sie aus, ohne noch etwas zu sagen. Sie geht auf ein Haus ein Stück im Wald zu, Licht wird durch die Fenster gepumpt. Es erinnert mehr an ein Geisterhaus als an ein Haus, in dem Menschen leben. Um das Haus herum gibt es nichts als Bäume und Wald. Auf halber Strecke dreht Ebba sich um und winkt.

Ziel Ihres Aufenthalts, steht auf dem Hotelformular. Rache , schreibe ich mit meinem Blackbird-Füller. Der Portier lächelt und gibt mir den Schlüssel zu Zimmer 211. Ich nehme ihn an mich und frage den Portier, ob er weiß, wie lange IKEA geöffnet hat. Täglich von 9.00 bis 22.00 Uhr, sagt er und wünscht mir einen schönen Abend. Ich gehe in mein Zimmer und lege mich angezogen unter die Decke. Frost hat in meinem Körper Quartier bezogen, wahrscheinlich habe ich einen Wasserschaden erlitten. Ich singe die alte Litanei. Ich muss mir für die kommenden Stunden Mut machen. Sonst wende ich vielleicht den Wagen und kehre beschämt zurück. Dann werde ich zu einem von denen, die ohne Grund pfeifen oder vor sich hin summen. Das sind die Schlimmsten, die Summvögel. Die Stimme unserer Zeit sagt uns, dass wir allein sind bei allem, was wir tun, wir allein sind verantwortlich für unsere Existenz, die Stimme sagt, was gut für mich ist, das ist auch für alle anderen gut. Meine Gier hat dich verdient, was ich für mich tue, wird auch anderen Freude bereiten. Es ist wie eine physische Handlung. Wenn ich zuschlage und alles an mich raffe, was ich kriegen kann, stelle ich zugleich auch dich zufrieden. Irgendwo unterwegs haben wir vergessen, dass unser kleiner Triumph erbärmlich ausfällt, wenn wir uns allein freuen, dass unser Unglück nicht mehr so groß ist, wenn wir es teilen. Es hilft mir sehr, dass ich mich in der Ikeagata 1 einquartiert habe. Das Värdshuset ist Kamprads Hotel, vom Fenster aus habe ich direkte Sicht aufs Schlachthaus. Oh, wie mich ihr Kleiderstil ärgert. Er zeugt von schlechtem Geschmack, als hätten sie die Hände auf den Pobacken und stolzierten breitbeinig durch die Straße. Mein Unmut ist gewaltig. IKEA mit Großbuchstaben zu schreiben und dann von allen anderen zu verlangen, dass sie es ebenfalls tun. Eine Unverschämtheit ist das! Ein Großbuchstabe am Anfang, gefolgt von kleinen, womit wir anderen uns zufriedengeben, tut es also nicht. Lauter Großbuchstaben müssen es sein, in vierfacher Ausfertigung, nur sie sind gut genug für den Schrauben-König auf seinem Sprossenstuhl-Thron. Die Farben künden von derselben Großmannssucht, blau und gelb, alter Schwede.
    Als IKEA nach Åsane kam, erhielten sie die Auflage, alle Namensschilder in Rot und Weiß zu halten, die norwegische Variante der schwedischen Überheblichkeit. Ich habe versucht, den