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Ein EKG fuer Trimmel

Ein EKG fuer Trimmel

Titel: Ein EKG fuer Trimmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedhelm Werremeier
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mit einem phänomenalen Gedächtnis, hat sich einen Bericht der Sonderfahndung aus der Registratur geholt. Er zeigt Trimmel die Stelle, die er, wie er sagt, jetzt endlich gefunden hat, nachdem ihm schon früher am Tag ein Gedanke durch den Kopf gegangen ist. Nach einem glücklicherweise nicht sehr brisanten Sprengstoffanschlag auf die Hamburger Hochbahn, der den Roten Zellen in die Schuhe geschoben wurde, ist im Tunnel kurz vor dem Rödingsmarkt vor zwei Monaten ein schwarzer Stoffhandschuh gefunden worden. »Ein rechter Handschuh«, betont Petersen, »ein einzelner!«
    »Und?«
    »Der, den Sie bei Jill Biegler gefunden haben, war eindeutig ein linker!«
    »Ja, passen die denn zusammen?«
    »Das ist ja die Scheiße!« sagt Petersen. »Dieser Hochbahnhandschuh ist verschwunden! Aber es ist der richtige!«
    Trimmel bemüht sich, die Zusammenhänge zu begreifen – aber irgendwie schafft er’s nicht. Die Fensterscheiben sind inzwischen restlos blind; man ahnt kaum noch, was in der Welt vorgeht. »Also, das kann nichts mit uns zu tun haben… Überleg doch mal selber!«
    Petersen sagt: »Ich weiß nicht, ob das so einfach…«
    »Doch, doch!« sagt Trimmel. »Guck mal, ich kann mich nicht mal ausruhen. Hau du doch wenigstens ab und ruh dich aus!«

7
     
     
     
    Alles in allem hat der Frühwinter bisher kaum Nebel gebracht, und Eis und Schneeverwehungen gab’s sowieso nicht. Irgendwie ist es ein sanfter, halbgefrorener Fürst-Pückler-November; in den Alsterparks, unter den leise tropfenden Bäumen, gehen immer noch Menschen spazieren, Handschuh in Handschuh, und ihr Atem steigt in zwei kleinen Wolken empor und manchmal auch in einer. Milde, verhangene Zärtlichkeit allerorten. Die meisten möchten im melancholischsten Monat des Jahres Gutes, nur die wenigsten aber Böses tun. Jill Biegler streichelt unter der Decke Berties Brust. Ein neuer Gasofen zischt sanft seine Wärme ins Zimmer. Bertie ist immer noch da, inzwischen ist ein neuer Tag angebrochen; aber was soll’s, denkt Jill, morgen nach Sandras Dialyse will sie sowieso eine Woche mit Sandra wegfahren. Sie wird Bertie das Terrain also kampflos überlassen und sich erst mal… Moment, Moment! Fast hätte sie, mehr als unpassend, gedacht: sie wird sich erst mal aus der Schußlinie zurückziehen.
    Jill wird dann schläfrig. Und Bertie schläft fest. Niemand löscht das Licht.
    Vor dem Haus sitzt nach wie vor Laumen in seiner Ente und schaut hoch zu Jills Fenster. Sie ist also doch da, denkt er, sie hat Trimmel nur nicht aufgemacht…
    Laumen summt die Melodie aus dem Radio mit. Soft Machine. Nicht unbedingt der letzte Hit. Aber das Jahr hat ja nur noch fünf Wochen zu leben. Und er bei diesem blödsinnigen Job höchstens noch ein paar Stunden zu warten.
    Hamburg. Berliner Tor. Trimmel in seinem Zustand hat Laumen total vergessen. Er hat zu Hause angerufen: »Ich komm was früher!« Etwa schon wieder vor Mitternacht? Gaby hat sich gefragt, ob sie ein Steak auftauen soll.
    Schließlich Fuhlsbüttel Airport. Mit blinkenden Lichtern rollte Lufthansa-Flug 973 zur Startbahn. München nonstop. Einer der letzten Flüge. Captain Hanschke war beim Studium der Wettermeldungen zu der Überzeugung gekommen, daß die Mühle auch ohne ihn nach Süden segeln könnte.
    Irgendwelche Leute aber hatten in den nassen, grauen Frieden schon längst einige Unruhe gebracht.
     
     
    Angefangen hat es um 17 Uhr, als außerhalb des Krankenhauses Hamburg-Lehnberg noch niemand von Lachnitz etwas ahnte. Lachnitz war der Unruhestifter, Professor Helmut Lachnitz, Chefchirurg und nach Trimmels Ansicht Fanatiker.
    »Er eskaliert!« würde Trimmel sagen.
    Innerhalb einer einzigen Woche schon das zweite Lehnberger Angebot über das Hamburger Computerzentrum. »Wir haben wieder ein Nierentransplantat!« Daten nach Longmore. »Ermitteln Sie umgehend geeigneten Empfänger!«
    Der Computer, von der Spätschicht bedient, rast los. Eine lebenswichtige, allerdings keine Staatsaktion und ebensowenig eine besonders schwierige Aufgabe. Und das ist dann, alles in allem, deren Lösung.
    Hertha Blitter. München-Bogenhausen. Seit elf Jahren Dialysepatientin. Kaum noch Toleranzen für die weitere Behandlung mit der Kunstniere. Akuter Fall. Gewebeverträglichkeit mit dem Lehnberger Spender vereinbar. Anwendung von Antilymphozytenserum empfohlen. Einzelne Befunde…
    Zahlen, Chiffren, Latein – fast schon Chinesisch. München erklärt sich sofort bereit, noch in derselben Nacht die Verpflanzung der Niere

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