Ein Elefant im Mückenland
wie allgemein angenommen. Es ist ein Riechorgan, mit dem Rüssel kann der Elefant außerdem Gegenstände ertasten, und es ist gleichzeitig der Arm des Elefanten, ein Greiforgan. Mit dem Rüssel nimmt der Elefant Nah-rung und Wasser auf, schließt mit Artgenossen Be-kanntschaft oder rauft sogar.«
Nach diesen Rüsselgeschichten widmete man sich der Lösung des eigentlichen Problems, nämlich Emilias Sommergestaltung. Bauer Paavo erzählte, dass er daran gedacht habe, eine Elefantenherde auf seinem Gut zu gründen, gestand aber ein, nachdem er die Miene seiner Frau gesehen hatte, dass es wohl mehr ein jungenhafter Spaß gewesen sei. Nun ergriff seine Frau Kaarina das Wort, und sie hatte eine interessante Lösung anzubie-ten.
»Auf Köylypolvi wird kein Elefantenzoo gegründet, a-ber Emilia braucht trotzdem nicht geschlachtet zu wer-den. Schicken wir sie als Fracht nach Afrika, aber nicht vom Hafen Pori, sondern von Lappeenranta aus! Die erste Etappe der Reise führt durch den Saimaa-Kanal.«
EMILIAS SOMMERPROGRAMM
WIRD ENTSCHIEDEN
Kaarina Maununtytär, oder nennen wir sie doch besser Bäuerin Kaarina, erinnerte ihren Mann und die übrigen Anwesenden daran, dass ihr Großvater seinerzeit in der Seefahrt tätig gewesen war. Auf die kriminellen Seiten seines maritimen Heldentums ging sie nicht näher ein, sondern erzählte, dass seitdem in ihrer Familie gewisse seemännische Traditionen gewahrt worden seien, ob-wohl sie selbst dank ihres Vaters und Großvaters in ländlicher Umgebung aufgewachsen sei. Dennoch habe das Geschlecht des alten Schnapsschmugglers in zwei Generationen, jetzt bereits in der dritten, beruflich mit der See zu tun gehabt. Ihr Vetter befahre beispielsweise den Saimaa-Kanal als Skipper auf einem kleinen Stück-gutfrachter. Mit ihm habe sie sich letzte Woche in Ver-bindung gesetzt. Emilias Schicksal sei quasi entschie-den, sofern sie denn tatsächlich in die Natur oder jeden-falls nach Afrika oder Indien zurückgeführt werden solle.
Sie hatte am Telefon gesagt, dass ein lebender Elefant nach Afrika verfrachtet werden sollte, und der besagte Vetter Armas Toivonen hatte, nachdem er sich zunächst von seiner Überraschung erholt hatte, versprochen zu erkunden, wie das Projekt in der Praxis am klügsten und kostengünstigsten zu realisieren sei.
»In Poris Hafen Mäntyluoto nehmen die Schiffe nicht gern lebende Tiere an Bord, das ist der Grund dafür, warum Emilia an Land bleiben musste. Schon allein die hygienischen Bestimmungen bilden ein übermächtiges Hindernis.«
Bei den kleinen Schiffen, die durch den Saimaa-Kanal fuhren und ihre Fracht im Binnenland aufnahmen, waren die Bestimmungen lockerer. Für Tiertransporte, sogar ins Ausland, bestanden keine Hindernisse, man brauchte für die Tiere nur einigermaßen taugliche Pa-piere.
»Ich kann für Emilia Impf- und sonstige Zeugnisse ausstellen«, versprach Seppo Sorjonen bereitwillig. Er schätzte außerdem ein, dass der Winter in der Glasfab-rik mehr als ausreichend die Quarantänezeit ersetzte, auch wenn Emilia zuvor auf Sibiriens Schienensträngen unterwegs gewesen war.
Nun überlegten alle gemeinsam, wann und wie Emilia zum Saimaa-Kanal geschafft werden sollte. Kaarina hatte ihren Vetter so verstanden, dass der Elefant in jedem beliebigen Hafen an Bord genommen werden konnte, die Kais waren heutzutage aus Beton und hiel-ten einem Gewicht von zig Tonnen gut stand. Viele der Schiffe im Kanalverkehr beförderten Papier oder Mas-sengut, sie konnten Emilia nicht aufnehmen, zumal sie die großen Exporthäfen wie Kotka und Hamina zum Ziel hatten. Aber es gab noch genug andere Schiffe, die von ihrer Größe und ihren Frachträumen her geeignet wa-ren, Emilia zu transportieren, und, was das Beste war, ihre Zielhäfen befanden sich im Allgemeinen im Aus-land, manche Frachter liefen Rostock oder andere deut-sche Häfen an, andere fuhren nach England oder auch nach Holland. Und wo, wenn nicht dort, gab es die großen Handelsschiffe, die zusätzlich zu ihrer Fracht notfalls noch eine ganze Elefantenherde aufnehmen und zum gewünschten Hafen in Afrika oder Indien bringen konnten, und der Transport würde nicht einmal sehr teuer.
Sportlehrer und Spritzmeister Tauno Riisikkala mel-dete Zweifel an, ob es wirklich Sinn mache, Emilia nach Afrika zu verfrachten. Stand nicht zu befürchten, dass ein Tier, das sein ganzes Leben in Gefangenschaft zuge-bracht hatte und im Zirkus aufgetreten war, nicht mehr in der freien Natur zurechtkäme? Möglich war doch, dass
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