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Ein Elefant im Mückenland

Titel: Ein Elefant im Mückenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Laila waren entsetzt über den Gedanken an die Strafe und die öffentliche Schande. Andererseits hatte ihnen der Bauer die Diebstähle offenbar schon fast verziehen, ja sogar eine große Fuhre mit Futter zur Glasfabrik mitgebracht.
    Bauer Paavo sagte, dass er gut verstehe, dass dieses gewaltige Tier viel Futter brauche. Am klügsten sei es, die winterlichen Futterexpeditionen zu vergessen. Jetzt nahe der Sommer, ob es denn schon Pläne bezüglich des Elefanten gebe.
    Lucia sah sich gezwungen zuzugeben, dass Emilia in dieser Welt nicht mehr gebraucht wurde. Sie hatte das Tier per Bahn aus dem fernen Sibirien hierher nach Finnland gebracht, war bis zum Hafen von Pori mit ihm gereist. Dort hatte sie es auf ein Containerschiff laden und in ein warmes Land, etwa nach Südafrika, schicken wollen. Von dem Plan hatte sie jedoch Abstand nehmen müssen, da es auf den Containerfrachtern keine sichere Unterbringung für Elefanten gab und die Besatzungen in den engen Räumen keinen solchen Vielfraß betreuen wollten. Bei schwerer See könnte der Riese an den Con-tainern, der übrigen Fracht oder den Innenwänden zerquetscht werden. In ihrer Not hatte sie sogar schon daran gedacht, Emilia zum Schlachthof zu schaffen, aber Mitleid und Freundschaft hatten sie im letzten Moment davor zurückgehalten, die gute alte Gefährtin töten zu lassen.
    Lucia wusste tatsächlich nicht, was sie mit Emilia machen sollte. In den Schlachthof wollte sie sie auf keinen Fall schicken, der Gedanke war ihr von Anfang an so schrecklich erschienen, dass sie gar nicht mehr davon reden wollte.
    Paavo erklärte sich bereit, den Elefanten zu ernähren, bis sich eine bleibende Lösung fände. Vorläufig sollte alles beim Alten bleiben. In der Glasfabrik fühlte Emilia sich wohl, das war an allem zu erkennen. Vor seinem Aufbruch ließ sich Paavo noch dazu hinreißen, die Frauen, ebenso Kaufmann Taisto Ojanperä und die anderen an der Sache beteiligten Personen auf sein Gut einzuladen. Wenn man gemeinsam über das Problem nachdachte, würde man ganz sicher auch eine Lösung finden. Wie wäre es, wenn die Damen bereits am kom-menden Sonntag, bald nach dem Kirchgang, zu Besuch kämen?
    Am Sonntag versammelte sich eine kleine Gesellschaft auf Gut Köylypolvi. Das Hauptgebäude wirkte sehr stattlich, es hatte einen gelben Anstrich wie ein Herren-haus oder eine Pfarrei, war eingeschossig, mindestens dreißig Meter lang und stand auf einem kleinen Hügel. Uralte Birken und Fichten umgaben das Haus, sodass es vor Blicken geschützt war. Ein langer Birkenhain führte von der Straße zum Tor. Ringsum erstreckten sich weite, drainierte Felder. Die übrigen Gebäude des Gutes, mehr als zehn an der Zahl, waren um den Wirt-schaftshof gruppiert: ein aus Stein gebauter Kuhstall, Scheune, Speicher, die Futterhalle, die Maschinenhalle, die Sauna. Köylypolvi war wie ein kleines Dorf, ein har-monisches, schönes Ganzes. Bauer Paavo und seine Frau Kaarina empfingen die Gäste auf der Veranda und geleiteten sie ins Esszimmer, wo ein regionaltypisches Mittagessen wartete.
    Lucia Lucander, Laila Länsiö, Taisto Ojanperä, Tauno Riisikkala und Seppo Sorjonen traten in den Raum, dem anzusehen war, dass er mindestens hundert Jahre alt war. Im Hintergrund stand ein langer Tisch und um ihn herum Stühle mit hohen Lehnen. In der Ecke prangte ein weiß gekalkter riesiger Ofen, und daneben befand sich die Küche, ausgestattet mit modernen Schränken und Geräten. Der Schaukelstuhl war ein Modell aus der Meisterwerkstatt von Nakkila. An den Wänden hingen Wandteppiche und einige Gemälde. Gegenüber dem Ofen standen ein Klavier und ein Bücherschrank, den Fußboden bedeckten lange Flickenteppiche.
    »Sie brauchen sich nicht die Schuhe auszuziehen, ich bringe die Teppiche noch vor Mittsommer zum Wa-schen«, erklärte die Hausfrau.
    Eine große, grau gemusterte Katze begrüßte die Gäs-te, sie maunzte und strich ihnen um die Beine, beson-ders eifrig rieb sie sich an Lucias ledernem Hosenbein. Ob es Emilias Geruch war, der sie faszinierte? Die Haus-frau zischte ungehalten, und die Katze verzog sich belei-digt.
    Kaarina Satoveräjä hatte zu einem traditionellen Mit-tagessen eingedeckt. Verglichen mit anderen Regionen wirkte die Tafel nicht gerade üppig, dennoch hatte Kaarina im Namen der Gastfreundschaft ihr Bestes gegeben.
    »Probieren Sie erst mal einen Salat«, forderte Bauer Paavo die Gäste auf. In Satakunta verstand man darun-ter Heringssalat. Dazu gab es trockenes Gerstenbrot. Im

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