Ein Ende des Wartens
verletzt wurden, lastete mit einem Mal sehr stark auf ihr.
Tammy schwieg die gesamte Zeit über, doch als Annika ihre Augen öffnete, fragte Tammy ihre Freundin, ob alles in Ordnung war. Annika nickte und log, dass sie über ihre Atemtechnik versuchte, wieder wacher zu werden, doch sie sah Tammys Gesichtsausdruck an, dass ihre Beifahrerin an den Worten zweifelte. Selbst Annika kam es merkwürdig vor, dass sie über Atemtechniken sprach, denn wenn überhaupt hatte Marco mal etwas über dieses Thema verloren, doch sie selbst hatte sich noch nie ernsthafte Gedanken über ihr Atmen und die Technik dahinter gemacht. Wieso ihr gerade in diesem Augenblick diese Notlüge in den Kopf kam, konnte sie sich nicht erklären.
Um nicht in eine Erklärungsnot zu geraten, drückte Annika die Türe mit einem Ruck auf, trat mit dem einen Bein nach draußen und spürte gleich den Temperaturunterschied, den die Nacht mit sich brachte. Sie fröstelte leicht, als sie ganz ausgestiegen war. Sie öffnete die hintere Türe und suchte in ihrer Tasche nach einer Jacke. In der Zwischenzeit hatte Tammy ihre Schuhe wieder angezogen und war ebenfalls in die Kühle der Nacht aus dem Wagen gestiegen.
Ob Annika glaube, dass es auf diesem Parkplatz sicher sei? Tammy blickte sich unsicher um und versuchte im Dunkeln die einzelnen Schatten zu erkennen – und ob sich etwas auf sie zubewegte. Aber außer einigen sich im Wind bewegenden Ästen der dicht am Parkplatz stehenden Bäume bewegte sich nichts – zumindest nichts, was einer der beiden Freundinnen entdeckte.
Sie habe soweit wie möglich von den anderen Autos weggeparkt, erklärte Annika, doch Tammy war immer noch nicht glücklich über die Situation.
Warum Annika denn nicht eine der großen Parkplätze mit Tankstelle genommen habe! Dann wären überall Lichter und Kameras und nicht so stockfinster wie auf dem Parkplatz hier!
Weil sie jetzt raus musste, runter von der Autobahn! Weil sie merkte, wie ihr die Augen langsam zufielen, schnappte Annika zurück und drehte sich demonstrativ in die Dunkelheit, um ein paar Meter zu gehen.
Zunächst blieb Tammy am Auto stehen und schaute sich weiter nach allen Seiten um, ehe sie sich einen Ruck gab und Annika hinterherlief. Als sie ihre Freundin einholte, hakte sie sich bei ihr unter und gemeinsam gingen sie schweigend in der Kühle des nächtlichen Autobahnrastplatzes umher. Nach einer Weile fühlte sich Annika von der frischen Luft vollständig wach, sodass sie umdrehte und Tammy mit sich zurück zum Auto zog. Kaum, dass die beiden sich umgedreht hatten, blendete mit einem Mal ein Auto seine Lichter auf und fuhr zügig los. Den beiden stockte das Herz, als sie sahen, dass der Wagen auf sie zuraste, doch weder Annika noch Tammy konnte ihre Beine bewegen. Wie angewurzelt starrten sie auf die Scheinwerfer, die schneller werdend auf sie zukamen. Dann, als Tammy schon losschreien wollte, lenkte der Wagen in eine leichte Kurve und fuhr mit stark anwachsender Geschwindigkeit an den Verwurzelten vorbei. Erst jetzt wurde den beiden klar, dass dieses Auto rein gar nichts mit ihnen beiden zu tun hatte, und sie atmeten hörbar auf. Sie gingen langsam weiter, und als sie ihr eigenes Auto erreichten, fanden sie es abgeschlossen. Der Benz musste sich automatisch verriegelt haben, und Annika brauchte eine Weile, ehe sie den Schlüssel in ihren Taschen gefunden hatte. Unsinnigerweise hatte sie den Schlüssel in ihre hinteren Hosentaschen gesteckt – dorthin, wo sie sonst nie etwas hineinsteckte.
Als Tammy und Annika wieder im Auto saßen und sich beide die kalten Hände rieben, legte sich langsam die Unsicherheit, die beide in der Dunkelheit der Nacht verspürt hatten. Annika streifte sich die Jacke umständlich vom Körper, schmiss sie nach hinten auf den Rücksitz, schnallte sich nicht weniger umständlich fest, ehe sie den Wagen startete und sanft losfuhr. Tammy hatte es sich schon wieder gemütlich gemacht, die Schuhe ausgezogen und unter die Decke verkrümelt. Nur noch der Kopf lugte unter dem Wärmemantel hervor.
Ob sie sicher sei, dass sie die ganze Strecke fahren könne, fragte Tammy.
Annika zögerte einen Augenblick, doch dann gab sie ein ruhiges Ja zurück, legte den nächsten Gang ein und manövrierte den Wagen vom Parkplatz auf die Autobahn zurück. Beim Auffahren musste sie vom Gas gehen, da ein LKW mit der gleichen Geschwindigkeit neben ihr auf der rechten Fahrspur fuhr, und da Annika wusste, dass der Fahrer kein gleichschnelles Auto reinlassen
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