Ein Engel an Güte (German Edition)
Aber Exzellenz, aber Herr Pate ...», rief Morosina errötend.
« Du wirst auch alte Bekannte darunter finden ... die gräfliche Familie Carmini sowie die Komtess, die erst vor vierzehn Tagen vom Kloster entwöhnt wurde ... und den Cavalier Terni ...»
« Wer? Der Cavalier Celio?», fragte das Mädchen mit unschuldigem Eifer.
« Ja, meine Liebe, der Cavalier Celio», antwortete Formiani sanft,«den ich so hoch schätze, wie er es verdient. Seit zwei Wochen spricht er oft von dir, und stets voll aufrichtiger und liebevoller Ehrerbietung.»
« Wirklich, Herr Pate?», rief Morosina frohlockend.
« Gewiss doch!», erwiderte der Alte.«Und mit ihm kommen andere vortreffliche Gelehrte und Leute feiner Gesittung. Solcher Umgang wird nicht nur für deine Bildung von großem Nutzen sein, es wird dir auch nicht an Gelegenheiten zur Belustigung mangeln, wie es einem lebhaften Mädchen wohl ansteht.»
Während sie sich in Gedanken von Celio löste und die weiteren Vorzüge eines Aufenthalts in Venedig ins Auge fasste, überkamen das Mädchen jedoch Gewissensbisse, dass sie sich wegen ein paar Annehmlichkeiten so bereitwillig von ihrer Familie und dem armen Chirichillo trennen ließ, und der Verdacht, man könne ihr Fernbleiben nicht so sehr als pflichtschuldigen Gehorsam denn als Mangel an Liebe und jugendlichen Leichtsinn deuten, legte einen Hauch von Trauer auf ihr Gesicht.
« Hast du denn keine Freude an schicklichen Zerstreuungen, mein Kind?», fragte Formiani.
« Aber mein Vater!», wagte das Mädchen einzuwenden.
« Dein Vater ist mit alldem sehr einverstanden und hofft, es könne sich hier vielleicht die Gelegenheit bieten, dich ehrbar zu verheiraten, woran in dieser Wüstenei von Asolo ja nicht zu denken ist.»
Das kam unerwartet für Morosina und brachte sie auf Gedanken, die ihrem Köpfchen noch so fremd waren, dass sie ganz bestürzt war, ohne zu wissen warum.
« Deinem Gesicht nach zu urteilen hast du es nicht so eilig mit dem Heiraten, mein Schatz!», fuhr Formiani fort.«Aber sei unbesorgt, deinen Vater siehst du schon in wenigen Tagen, und mit ihm wirst du dich beraten, was das Beste für dich ist.»
« Wie? Mein Herr Vater kommt hierher?», rief Morosina erfreut.
« Ja, und zwar bald, denn erst heute habe ich ihm geschrieben und ihn zur Eile gemahnt.»
« Danke, danke, Exzellenz.»
« Pate, habe ich gesagt!»
« O ja, und ich danke Ihnen, Herr Pate, denn es ist mein sehnlichster Wunsch, meinen Papa umarmen zu können...! Und der arme Chirichillo, wie traurig er sein wird, dass er mich nicht sehen kann!»
« Ich habe verfügt, er solle ebenfalls kommen!»
« Oh, wie mich das freut! Und die Frau Mutter? »
« Nun, die fühlt sich sehr wohl dort oben in Asolo und wird schwerlich in diese Gegend ...»
« Es scheint mein Schicksal zu sein, dass ich sie nie kennenlernen soll!», rief Morosina betrübt.
« Es ist wirklich Schicksal, mein Liebes!», entgegnete Formiani.«Und man muss sich damit abfinden. »
Inzwischen hatte Moretta durch Rufen und Schreien in sämtlichen Räumen des Erdgeschosses, der Palazzina und in der ganzen Umgebung Koch, Küchenjungen, Küchenverwalter und Diener in die Küche gescheucht; nun endlich klopfte sie an die Tür Seiner Exzellenz und verkündete, die Suppe stehe auf dem Tisch, wie man zu Zeiten unserer Urgroßeltern zu sagen pflegte.
« Wir kommen sofort, Morettina», beschied der Hausherr. Und zu Morosina gewandt:«Sag ehrlich, hattest du dieses Kleidchen denn im Kloster schon?»
Errötend verneinte das Mädchen.
« Und wer hat dich bewogen, es anzuziehen?», fragte er weiter.«Komm, erzähl schon! Ich möchte wetten, sie waren es, die beiden Närrinnen...! Aber wahrhaftig, sie haben nicht unrecht, es kleidet dich vortrefflich.»
Über derlei Gesprächen gelangten sie in den Speisesaal, wo an einer üppig mit Silber und Blumen gedeckten Tafel schon Don Gasparo saß und sich an einem Brötchen zu schaffen machte. 37
« Hier ist noch ein Schäfchen, das deiner Seelsorge anvertraut wird, lieber Don Gasparo, und es ist hoffentlich fügsamer als ich!», sagte Seine Exzellenz.«Nachdem ich, wie du siehst, eine so schöne Wärterin gefunden habe, bist du von deinem Dienst als Gesellschafter entbunden, kannst dich in deiner Dachkammer einschließen und nach Herzenslust Madrigale und Sonette verfertigen! Es genügt, wenn du sie mir abends vorliest. »
« Dank sei Gott, Euer Exzellenz und der edlen Signorina», erwiderte der Hauskaplan,«denn unter uns gesagt, Geduld
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