Ein Engel aus der Hölle
nicht, verdammt, aber sie ließ mir keine andere Chance. So... so... musste ich tun, was sie verlangte.«
»Und dann?«, fragte ich leise.
Hank Miller hob die Schultern. »Dann war sie plötzlich weg, als ich hier über das Feld fuhr. Als der Truck stand, war ich wieder allein im Fahrerhaus. So ist das gewesen und nicht anders. Begreifen kann ich es noch immer nicht.«
Das konnten wir auch nicht. Aber wir hatten zumindest einen Anhaltspunkt. Eine geheimnisvolle Frau im roten Kleid, über die wir gern mehr gewusst hätten.
»Haben Sie mit der Frau gesprochen?«, wollte ich wissen.
Miller nickte mir zu.
»Und was haben Sie herausgefunden?«
»Sie heißt Fiona.«
»Nur so? Oder hatte sie...«
»Nein, nein, sie hat mir nur den Vornamen gesagt, sonst nichts.«
»Was wissen Sie sonst noch von ihr, Mr. Miller?«
Der Fahrer zögerte mit der Antwort. Ihm schien es peinlich zu sein, denn er druckste herum.
»Sie können uns alles sagen, Mr. Miller. Auch wenn es noch so unwahrscheinlich klingt«, sagte ich.
»Aber es ist so...«
»Wir hören Ihnen trotzdem gern zu«, sagte ich.
»Sie hat mit mir gesprochen, und sie hat davon geredet, dass sie ein Engel ist. Aber ein besonderer Engel, denn sie sagte, dass nicht alle Engel gleich sind. Sie hatte keine Flügel, und sie ist auch nicht vom Himmel gekommen, sondern aus der Hölle. Ja, sie erklärte mir, dass sie ein Engel aus der Hölle wäre, und Sie werden es kaum fassen, aber das habe ich ihr sogar geglaubt.«
Suko und ich schwiegen. Dafür schauten wir uns an und mussten beide schlucken. Das hörte sich alles nicht mehr gut an. Mit einem Engel aus der Hölle konnten wir nicht viel anfangen. Auf der anderen Seite sah ich keinen Grund für eine Lüge dieses Zeugen. Wenn alles stimmte und sich diese Person tatsächlich so verhalten hatte, dann konnte sie durchaus diese Abart von Engel gewesen sein.
»Mehr kann ich nicht sagen!«, flüsterte Hank Miller. »Und wenn ich ehrlich sein soll, dann kann ich es jetzt auch nicht richtig glauben. Sie sah nicht aus wie ein Engel. Sie war jemand ohne Flügel, und ich weiß nicht, ob das alles so richtig ist, was ich da gesagt habe. Tut mir Leid, aber etwas anderes kann ich Ihnen nicht berichten.«
Ich nickte dem Trucker lächelnd zu. »Machen Sie sich darüber mal keine Gedanken, Mr. Miller. Auch wenn Sie es vielleicht nicht erwartet haben, aber wir glauben Ihnen. Ja, wir nehmen Ihnen genau das ab, was Sie erlebt haben.«
»Auch die Sache mit dem Engel?« Seine Frage klang noch immer ungläubig.
»Ja, auch die.«
Er wusste nicht mehr, was er noch sagen sollte. Er konnte uns auch nicht länger anschauen. Er drehte sich hinter seinem Lenkrad und blickte vorne durch die Scheibe gegen den weichen Ackerbogen, in dem die Räder des Trucks steckten.
»Ich muss hier wieder raus«, murmelte er.
»Meinen Sie, dass Sie es schaffen?«
»Es kommt auf einen Versuch an. Und dann muss ich anrufen, dass ich mich verspäten werde...« Er sagte noch etwas, was wir nichts verstanden. Als er den Motor anließ, gingen wir wieder zurück zu unserem Rover. Mittlerweile hatten sich an der Straße einige Neugierige angesammelt. Sie starrten auf das Feld und uns entgegen.
Natürlich wollte man von uns wissen, was da passiert war. Unsere Antworten hielten sich in Grenzen, aber wir erklärten, dass keinem etwas passiert war.
Bevor wir in den Rover stiegen, drehten wir uns noch mal um und hielten Ausschau nach dem Truck. Hank Miller, dessen Adresse wir auch bekommen hatten, war ein guter und routinierter Fahrer. Der Mann mit den roten Haaren beherrschte sein Fahrzeug, und er ging so behutsam mit dem Gas um, dass er seinen Truck frei bekam. Er musste einen Bogen fahren, um danach die Straße zu erreichen.
Aus dem Fahrerhaus hervor winkte er uns zu und war froh, dass der Kelch an ihm vorbei gegangen war.
»Und jetzt?«, fragte mich mein Partner. »Wir haben zwar etwas Neues erfahren und wissen jetzt, dass es eine Fiona gibt, aber mehr auch nicht. Oder weißt du, wo wir anfangen sollen, sie zu suchen.«
»Nein, das weiß ich leider nicht. Aber sie ist schon eine interessante Figur. Wer nennt sich schon selbst einen Engel aus der Hölle?«
Suko schlug auf das Autodach. »Und mit welchen Aufgaben ist sie hergekommen?«
»Um uns auszuschalten.«
»Was haben wir ihr getan?«
Ich hob die Schultern. »Nichts, mein Freund.«
»So siehst du das«, sagte Suko. »Ich könnte mir vorstellen, dass es Menschen gibt, die da eine andere Sichtweise
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