Ein Engel fuer Emily
sie etwas erlebt hatte, woran sie sich nicht erinnern wollte, deshalb rollte sie sich noch einmal zusammen und schloss die Augen.
>>Guten Morgen«, ertönte eine fröhliche Männerstimme, die Emily sofort erkannte. Sie kroch noch tiefer unter die Decke.
>>Los, aufstehen! Ich weiß, dass Sie wach sind«, sagte er.
Sie drehte das Gesicht zur Wand. »Ist alles in Ordnung mit Ihrem Kopf?«, murmelte sie.
»Wie bitte? Ich kann kein Wort verstehen.«
Sie wusste sehr gut, dass er sich verstellte und in Wirklichkeit jedes Wort gehört hatte. »Ist Ihr Kopf in Ordnung?«, brüllte sie, ohne sich ihm zuzuwenden.
Als die Antwort ausblieb, drehte sie sich um und funkelte ihn böse an. Sein Haar war feucht, er hatte nichts an - nur ein Handtuch war um seine Hüften geschlungen. Dass ihr auffiel, wie muskulös seine Brust und wie glatt seine honigfarbene Haut war, machte sie noch wütender.
Michael grinste. »Sie haben gute Arbeit geleistet, als sie mir diesen Körper ausgesucht haben, nicht wahr? Freut mich, dass er Ihnen gefällt.«
»Es ist zu früh zum Gedankenlesen«, versetzte sie bissig und wischte sich die Haare aus den Augen.
Er setzte sich aufs Bett und sah sie an. »Manchmal kann ich verstehen, warum ihr Sterblichen euch von den Körpern des anderen Geschlechts so angezogen fühlt«, sagte er leise.
»Wenn Sie mich anrühren, sind Sie ein toter Mann.«
Er kicherte, rührte sich aber nicht von der Stelle. »Sehen Sie sich das an«, forderte er sie auf und strich sich mit den Händen über die Brust. »Ich habe das nicht genau in eurer Fernsicht gesehen, aber ...«
»Im Fernsehen.«
»Ah, ja, Fernsehen. Aber haben sie nicht dort gesagt, dass dieser Körper Einschüsse in der Brust hat?«
»Ich wünschte ehrlich, Sie würden nicht ständig von diesem Körper sprechen, wenn Sie sich selbst meinen«, tadelte sie ihn und wandte sich ab.
»Ich bereite Ihnen Unbehagen«, stellte er fest, schien jedoch kein bisschen Bedauern deswegen zu empfinden. »Wissen Sie, Emily, wenn wir Zusammenarbeiten sollen, müssen wir einige Erd-, nein, Grundregeln aufstellen.« Er schaute sie an, als erwarte er ein Lob dafür, dass er sich merken konnte, was sie ihm beigebracht hatte, aber Emily verweigerte ihm den Gefallen. »Sie dürfen sich nicht in mich verlieben«, fügte er hinzu.
Ihr blieb der Mund offen stehen. »Waaas?«
»Sie dürfen sich nicht in mich verlieben.« Er nutzte Emilys Sprachlosigkeit zu seinem Vorteil, stand auf, ging ein paar Schritte und wandte ihr den Rücken zu. »Während ich unter dem Wasserfall stand, nein - sagen Sie nichts. Es heißt Dusche. Also dort...« Er wandte sich ihr zu. »Wissen Sie, es ist eine Sache, die Sterblichen und ihre Gewohnheiten zu beobachten, aber eine ganz andere, so etwas selbst zu machen. Ich empfinde das alles als große Last. Genau genommen ist mir fast alles an diesen Körpern lästig.«
Emily blitzte ihn an. »Warum fliegen Sie dann nicht einfach dorthin zurück, wo Sie wirklich hingehören?«
Sein Lächeln wurde breit. »Ich habe Sie verletzt.«
»Wie kommen Sie darauf?«, fragte sie honigsüß zurück. »Sie haben mich zu einer Flüchtigen gemacht, die von Verbrechern, vom FBI und der Polizei - ganz zu schweigen von Ihrer Frau -, gesucht wird, und Sie erzählen mir, dass ich mich nicht in Sie verlieben darf. Jetzt verraten Sie mir bitte, bitte nur noch, wie ich das verhindern kann.«
Michael lachte und ließ sich wieder neben ihr nieder. »Ich habe das nur für den Fall erwähnt, dass Sie in Versuchung geraten. Sobald ich meine Mission hier erfüllt habe, muss ich wieder nach Hause.«
»Und Ihr Zuhause ist der Himmel?«, erkundigte sich Emily und zog skeptisch eine Augenbraue hoch.
»Ja, genau. Ich gehe zurück, bewahre Sie davor, in Teichen zu ertrinken, und kitzle Ihre Nase, wann immer ich ein Unheil auf Sie zukommen sehe.«
Emily zog sich die Decke bis zum Hals. »Ich möchte, dass Sie aus meinem Leben verschwinden«, erklärte sie ruhig. »Sie scheinen bei bester Gesundheit zu sein, deshalb ...«
»Hier, fühlen Sie meinen Kopf«, forderte er sie auf, ohne auf ihre Worte einzugehen, und beugte sich zu ihr.
Emily wollte Distanz wahren, aber ihre Neugier war nach all dem, was sich in der letzten Nacht ereignet hatte, zu groß. Sie legte die Hand auf die feuchten Locken und tastete seine Kopfhaut ab. Da war keine Wunde, keine Beule - nichts deutete daraufhin, dass am gestrigen Abend noch eine Kugel in seinem Schädel gesteckt hatte.
»Und schauen Sie sich das
Weitere Kostenlose Bücher