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Ein Engel im Winter

Ein Engel im Winter

Titel: Ein Engel im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Musso
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Bescheid?«
    »Genau.«
    Er brauchte das Spiel nicht zu spielen. Er hatte nichts zu gewinnen, wenn er den Fantastereien dieses Wahnsinnigen lauschte. Trotzdem konnte er nicht umhin zu fragen:
    »Aber Sie haben nichts für ihn getan?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Inwieweit haben Sie ihn darauf vorbereitet, den großen Sprung zu wagen? Inwiefern haben Sie ›die friedliche Trennung der Lebenden und der Toten erleichtert‹? Kevin wirkte beim Abschied von dieser Welt nicht gerade heiter …«
    »Wir können nicht immer helfen«, gab Goodrich zu. »Dieser Junge war zu verstört, um an sich zu arbeiten. Zum Glück läuft es nicht immer so.«
    Selbst wenn Nathan diese Hypothese akzeptierte, etwas störte ihn daran.
    »Sie hätten seinen Tod verhindern können, Sie hätten jemanden vom Sicherheitsdienst oder die Polizei benachrichtigen können …«
    Garrett fiel ihm ins Wort:
    »Das hätte nicht viel geändert. Niemand kennt die Todesstunde. Und man kann den letzten Entschluss nicht in Frage stellen.«
    Die endgültige Entscheidung; die Boten, die andere Welt … Warum nicht gleich das Fegefeuer und die Hölle, wenn man schon mal dort ist?
    Nathan benötigte eine Weile, um diese Informationen zu verdauen. Dann sagte er mit verkrampftem Lächeln:
    »Gehen Sie wirklich davon aus, dass ich Ihnen glauben werde?«
    »Diese Dinge sind nicht darauf angewiesen, dass Sie sie glauben, denn sie existieren ganz einfach.«
    »Noch einmal, Sie vergeuden Ihre Zeit, ich bin kein religiöser Mensch.«
    »Das hat nichts mit Religion zu tun.«
    »Ich denke allen Ernstes, dass Sie den Verstand verloren haben, und ich meine, dass es meine Pflicht wäre, Ihre Worte dem Direktor des Krankenhauses zu melden.«
    »So gesehen wäre ich seit über zwanzig Jahren verrückt.«
    Garretts Ton klang sehr überzeugend.
    »Hatte ich Sie etwa nicht auf Kevin aufmerksam gemacht?«
    »Das ist kein Beweis. Es gibt eine Menge anderer Gründe, die erklären könnten, weshalb Sie seinen Selbstmord vorausgeahnt haben.«
    »Ich sehe keine.«
    »Eine Indoktrination, die Macht einer Sekte, eine Droge …«
    »Glauben Sie mir, Nathan, ich möchte Sie nicht in diese Richtung lenken. Ich erkläre Ihnen lediglich, dass ich die Fähigkeit besitze, den Tod bestimmter Menschen vorauszusehen. Ich weiß, dass sie sterben werden, bevor sich die ersten Anzeichen zeigen, und ich bemühe mich, sie auf das, was sie erwartet, vorzubereiten.«
    »Und woher haben Sie diese Macht?«
    »Das ist kompliziert zu erklären, Nathan.«
    Der Anwalt erhob sich und schlüpfte in Jackett und Mantel.
    »Für heute habe ich genug gehört.«
    »Das glaube ich auch«, stimmte Garrett ihm zu. Der Anwalt steuerte auf den Ausgang zu, doch kurz bevor er die Automatiktür erreichte, machte er auf dem Absatz kehrt und ging mit ausgestrecktem Zeigefinger auf Garrett zu:
    »Verzeihen Sie, wenn ich wieder auf meine kleine unwichtige Person zurückkomme, Doktor, aber versuchen Sie vielleicht mir zu erklären, dass Sie meinetwegen hier sind?«
    Der Arzt schwieg.
    »Sie sind meinetwegen hier, Goodrich, stimmt’s? Und das soll ich begreifen? Meine Stunde ist gekommen. Das ist bereits das ›Ende des Geschäfts?‹ Goodrich wirkte verwirrt. Er erweckte den Eindruck, als hätte er sich gern um dieses Gespräch gedrückt, obwohl er wusste, dass es unumgänglich war.
    »Das habe ich eigentlich nicht gesagt.«
    Nathan jedoch ignorierte diese Bemerkung; er geriet in Wut und sprach schnell und laut.
    »So also gehen Sie vor? Wenn Sie Ihre ›Ahnung‹ hatten, suchen Sie die Menschen auf und erklären Ihnen: ›Achtung, es gibt Prioritäten, Sie haben nur noch eine Woche, also beeilen Sie sich, die letzten Vorkehrungen zu treffen. ‹«
    Garrett versuchte ihn zu beruhigen.
    »Ich habe niemals etwas zu den Menschen gesagt, die sterben werden. Ich weiß es, das ist alles.«
    »Scheren Sie sich zum Teufel, Sie Bote!«
    Dieses Mal verließ Nathan den Raum tatsächlich. Goodrich blieb allein am Tisch sitzen. Er trank seinen Kaffee aus und rieb sich die Augen.
    Durch das große Glasfenster sah er Del Amicos Gestalt, die in Schnee und Kälte verschwand. Gefrorene Schneeflocken hafteten am Haar und im Gesicht des Anwalts, doch er schien es nicht zu bemerken.
    In der Cafeteria erklang Jazzmusik aus einem Radio hinter der Theke. Bill Evans spielte auf dem Klavier.
    Es war eine traurige Melodie.

Kapitel 6
    Ist es nicht kälter geworden?
    Wird es nicht immer dunkler, immer noch dunkler?
    Muss man nicht bereits im

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