Ein Engel mit kleinen Fehlern
dürfen es nicht. Du weißt, warum."
Gabriel wusste es. Interessenkonflikt. Er hätte sie nicht küssen dürfen. Aber sie hatte ihn herausgefordert, und seine Reaktion war außer Kontrolle ge raten. Sie hatte ihm eine Falle gestellt, und er war hineingetappt.
Sie war gerissen. Wenn er nicht aufpasste, würde er bald Versicherungen verkaufen, wie ihr Exmann.
"Du hast mitgemacht", knurrte er.
Rae sah zur Seite. "Ich weiß. Hör zu, MacLaren. Ich wollte das nicht. Du hast mich in einem schwachen Moment erwischt, und ich habe mich ein wenig gehen lassen. Es tut mir leid."
Ein wenig gehen lassen? Verdammt, sie waren kurz davor gewesen, miteinander zu schlafen. Er bezweifelte, dass es ihnen morgen anders gehen würde.
Er senkte den Blick. Sie fühlte es. Ihre Knospen verrieten sie.
Er startete den Wagen.
"Was tust du?" fragte sie etwas zu atemlos.
Er lächelte. "Ich fahre dich nach Hause."
Sie musterte ihn, während sie die nächtliche Stadt durchquerten. Als ihre Blicke sich trafen, wurden ihre Knie weich.
Rae fühlte sich, als würde sie am Rand eines Abgrunds stehen, einen Fuß auf einer Bananenschale.
Gabriel hielt vor ihrem Haus und drehte sich zu ihr.
"In deinem Schlafzimmer brennt Licht", stellte er fest. "Als wir gingen, war es aus."
.
"Das liebe ich so an Polizisten", sagte sie. "Aufmerksam selbst bei Dingen, die sie nichts angehen."
Sie stieg aus. Nach fünf Schritten hatte er sie eingeholt. Sie blieb stehen und funkelte ihn an.
"Was ist?"
"Du hast meine Frage nicht beantwortet", erwiderte er scharf.
Sie legte den Kopf in den Nacken, um ihm in die Augen zu schauen. Für heute Abend hatte sie genug von Detective Gabriel MacLaren. Obwohl sie wütend auf ihn und sich selbst war, pulsierte das Verlangen in ihr, weil er neben ihr stand.
Wenn er sie jetzt berührte, würde er es merken. Das durfte sie nicht riskieren. Ihren Körper konnte sie vielleicht ignorieren, doch ihre Gefühle hatten sich vom Verstand abgekoppelt und waren unkontrollierbar.
"Lass mich in Ruhe, MacLaren."
"Nein. Antworte mir."
Sie kniff die Augen zusammen. "Du wiederholst dich."
Er legte die Hand auf ihre Schulter, und sie spürte jeden Finger.
"Ich komme mit nach oben", sagte er.
"Ich habe Besuch."
"Wer?"
"Besuch."
Sie standen sich gegenüber, Auge in Auge, wie zwei Feinde.
Dann wandte Gabriel sich fluchend ab.
Es ging ihn nichts an, wer dort oben auf sie wartete. Es sei denn, es war Peter Smithfield.
Er sah ihr nach, als sie ins Haus ging. Nein, Rae ging nicht nur, sie bewegte sich mit einer sinnlichen Anmut, die ihm unter die Haut ging.
Wer war dort oben?
"Hör auf", knurrte er.
Er war Polizist. Polizisten waren objektiv.
Wie von selbst wanderte sein Blick wieder zu dem
erleuchteten Fenster hinauf. Ja, richtig. Objektiv.
Es würde eine sehr lange Nacht werden.
7. KAPITEL
Verschlafen taumelte Rae am nächsten Morgen in die Küche.
Die kleine Sarah saß am Tisch und aß Fruit Loops.
"He, ich liebe Fruit Loops", sagte Rae.
"Mama hat sie gestern gekauft", erwiderte Sarah. Ihr langes blondes Haar glä nzte in der Morgensonne wie Gold.
"Stimmt", sagte Barbara Smithfield von der Tür her.
Rae lächelte ihr zu. "Sie haben ja alles sauber gemacht.
Danke."
Barbara kam herein. Sie lächelte scheu. "Das war das Mindeste, was ich tun konnte, nachdem Sie uns aufgenommen haben. Aber wir wollen Ihnen nicht länger zur Last fallen. Ich werde heute nach einer Wohnung suchen."
"Heute?" fragte sie erstaunt. "Wie viel Geld haben Sie, Barbara?"
"Nun..."
"Fünfundzwanzig Dollar und einundsechzig Cents", antwortete Sarah.
Barbara errötete. "Ich ..."
"Es macht mir nichts aus, dass Sie hier sind", versicherte Rae.
"Ich tue das nicht nur aus Mitleid. Ich meine ..."
"Ich glaube, ich weiß, was Sie meinen." Barbara umarmte sie.
Diesmal war es Rae, die errötete. "Ich brauche einen Kaffee", murmelte sie.
"Ich habe meinen Daddy gestern gesehen", verkündete Sarah.
Rae und Barbara drehten sich nach ihr um. "Wo?"
"Als wir in dem Geschäft waren. Ich habe durch das Schaufenster auf die Straße gesehen. Daddy stieg gerade in einen Bus."
"Wohin fuhr der Bus?" fragte Rae.
Das Mädchen zuckte mit den Schultern.
"Wir waren in Morton's Supermarkt", sagte Barbara.
Rae hockte sich zu Sarah, nahm zwei Löffel und schob sie im rechten Winkel aneinander. "Okay, Sarah. Das sind die Straßen, an denen Morton's liegt. Und hier..." Sie stellte den Salzstreuer an die Kreuzung. ".... ist der Laden. Kannst du mir zeigen, auf welcher
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