Ein Erzfeind zum Verlieben
sicher, was sie tun wollte. Sie wollte einfach nur wissen, welche Möglichkeiten ihr offenstanden. »Jetzt noch nicht.«
»Aber wenn du dich wieder wohlfühlst«, vermutete er.
Verwirrt und ein wenig verärgert über seinen anklagenden Tonfall richtete sie sich in den Kissen auf. »Ich fühle mich nicht besonders unwohl.«
Er zeigte mit dem Finger auf sie. »Wenn du versuchst, aus diesem Bett zu steigen, werde ich dich verdammt noch mal daran festbinden.«
»Ich stehe nicht auf.« Sie hatte es versucht und wäre beinahe der Länge nach hingeschlagen. »Und ich verstehe nicht, warum du dich so aufregst.«
»Du verstehst nicht, warum ich mich aufrege?« Er ließ den Arm sinken und blickte sie zornig an. »Du sagst mir, dass du fortgehen willst, und verstehst nicht, warum ich mich aufrege? Was spricht denn dagegen, dass du in Haldon bleibst?«
»Nichts!« Sie warf verdrossen die Hände in die Luft. »Und alles. Du erwartest doch sicher nicht, dass ich für immer als Anhängsel auf Haldon bleibe?«
Eine Pause entstand. »Früher habe ich es erwartet«, gab er schließlich zu. »Und die Idee hat mir recht gut gefallen.«
»Wirklich?«
Er lehnte sich zurück. »Ich habe mir uns beide vorgestellt, alt und grau, wie wir immer noch miteinander streiten, als wäre keine Zeit vergangen.«
»Ach ja. Das wäre wohl nicht so schlecht gewesen.«
»Vielleicht.« Er fing ihren Blick auf und hielt ihn fest. »Aber jetzt möchte ich etwas anderes.«
»Dass ich auf Haldon bleibe, bis wir alt und grau sind, nur ohne den Streit?«, vermutete sie.
»Ja, aber nicht als Gast.«
Sie suchte nach etwas anderem, woran sie zupfen konnte. »So freundlich du es auch ausdrückst, ich gehöre nicht zur Familie.«
Er beugte sich vor und nahm ihre Hand. »Du würdest zu ihr gehören, wenn du einwilligen würdest, meine Frau zu werden.«
Sie starrte ihn mit offenem Mund an. »Deine … deine Frau? Du meinst, du willst mich heiraten?«
»Das ist die übliche Art, eine Ehefrau zu werden, wurde mir gesagt«, antwortete er mit halbem Lächeln.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Und so war es in der Tat. Dies ging über ihren Verstand. Sie hatte gedacht, ihre Chance sei dahin. Wie konnte er die Nichte eines Verbrechers heiraten? »Ich … du bittest mich, dich zu heiraten?«
»Nicht so, wie ich es geplant hatte, aber ja …«
»Du hattest geplant, mich zu fragen?«
Er zuckte lächelnd die Achseln. »Nun, so etwas sollte man wirklich nicht aus einer Laune heraus tun.«
»Nein … nein, das ist richtig.« Immer noch starrte sie ihn an und fühlte sich ein wenig schwindelig und einigermaßen dumm. »Ich weiß wirklich nicht, was ich sagen soll, Whit, ich …«
»›Ja‹ wäre ein schöner Anfang.« Sein Lächeln schwand. »Du sagst nicht Ja, oder?«
»Ich weiß es nicht«, sagte sie aufrichtig. »Ich … wie kannst du so etwas fragen? Ich bin die Nichte eines Verbrechers.«
Er sah sie stirnrunzelnd an. »Ich habe es dir schon einmal gesagt … du bist nicht für seine Taten verantwortlich.«
»Ja, aber mich hier aufzunehmen ist etwas ganz anderes, als … als …«
»Dich zur Frau zu nehmen?«
»Als mich zur Gräfin von Thurston zu machen«, korrigierte sie ihn und warf ihm einen gereizten Blick zu. »Es ist nicht auszuschließen, dass die Taten meines Onkels eines Tages allgemein bekannt werden. Die Leute werden reden …«
»Zum Teufel mit dem Gerede«, schnitt er ihr das Wort ab.
»Wie kannst du das sagen? Du hast so hart daran gearbeitet, die Beliebtheit deiner Familie zu sichern …«
Sie verstummte, als er lachte. »Mirabelle, Beliebtheit war für die Familie Cole nie ein Problem. Die vornehme Welt hatte meinen Vater ausgesprochen gern.«
»Aber … ich verstehe nicht.«
»Er war geistreich und charmant. Er gab verschwenderische Gesellschaften, nahm jede Wette an, trank mit den jungen Burschen, schäkerte mit den alten Damen …«
»Du hast gesagt, er sei ein Dandy und Lebemann gewesen«, erklärte sie vorwurfsvoll.
»Das war er auch. Die Gesellschaft hat ihn dafür geliebt.« Als sie Einwände erheben wollte, schüttelte er den Kopf. »Aber man hat ihn nicht respektiert. Man konnte ihm nicht vertrauen – weder bei Geld noch bei Frauen, und man konnte sich auch nicht darauf verlassen, dass er sein Wort hielt. Er war für die Leute eine Zerstreuung, mehr nicht.«
»Oh.« Nachdenklich kräuselte sie die Stirn. »Wenn es nicht die Gunst der Gesellschaft ist, um die du bemüht warst, was hast du dann die ganze Zeit
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