Ein Fall für Kay Scarpetta
Examiners zu sein, auf mich."
Er sagte nichts dazu.
Ich fügte leise hinzu: "Vielleicht rege ich mich über etwas auf, was gar nichts ist."
"Vielleicht auch nicht."
Das war nicht das, was ich hören wollte.
"Theoretisch", erklärte er, "könnte es genau so ablaufen, wie du es gerade ausgeführt hast. Wenn bestimmte Parteien wollen, daß es so geschieht, weil sie ihre eigene Haut retten wollen. Der Medical Examiner ist ein einfacher Sündenbock. Die Öffentlichkeit versteht zum größten Teil sowieso nicht, was er macht. Die Leute wollen sich nicht gern vorstellen, wie jemand den Körper ihrer Lieben zerschnippelt. Sie werten es als Verstümmelung, die letzte Demütigung -"
"Bitte", brach es aus mir heraus.
Er fuhr sanft fort: "Du verstehst, was ich meine."
"Nur zu gut."
"Es ist eine Schande mit diesem Computereinbruch."
"O Gott! Ich wünschte, wir hätten noch die alten Schreibmaschinen."
Er starrte nachdenklich auf das Fenster. "Wenn du meinen Rat hören willst, Kay." Seine Augen wandten sich zu mir, sein Gesicht war hart. "Ich rate dir, sehr vorsichtig zu sein. Aber ich bitte dich inständig, beschäftige dich nicht so sehr mit dieser Sache, daß du dadurch von deiner Untersuchung abgelenkt wirst. Schmutzige Politik oder die Angst davor kann dich so aus dem Gleichgewicht bringen, daß du Fehler machst und deinen Gegenspielern die Mühe ersparst, sie zu konstruieren."
Die falsch gekennzeichneten Präparate fielen mir ein. Mein Magen krampfte sich zusammen.
Er fügte hinzu: "Es ist wi e bei Menschen auf einem sin kenden Schiff. Sie können grausam werden. Jeder denkt nur an sich selbst. Man darf ihnen nicht in den Weg kommen. Man darf sich nicht in eine angreifbare Position bringen, wenn Menschen in Panik geraten. Und die Menschen in Richmond sind in Panik."
"Zumindest ein paar von ihnen", stimmte ich zu.
"Verständlicherweise. Lori Petersens Tod hätte verhindert werden können. Die Polizei hat einen unverzeihlichen Fehler gemacht, als sie diesem 911-Ruf nicht oberste Priorität gab. Der Mörder ist noch nicht gefaßt worden. Es sterben weiterhin Frauen. Die Öffentlichkeit macht die Stadtregierung dafür verantwortlich, die wiederum einen anderen Schuldigen sucht. So laufen die Dinge. Wenn die Polizei und die Politiker den Schwarzen Peter weiterschieben können, dann werden sie es tun."
"Direkt an mich", sagte ich bitter und dachte automatisch an Cagney.
Wäre ihm dasselbe passiert? Ich kannte die Antwort und sprach sie laut aus. "Ich werde das Gefühl nicht los, daß ich eine leichte Zielscheibe bin, weil ich eine Frau bin."
"Du bist eine Frau in einer Männerwelt", erwiderte Fortosis. "Du wirst immer eine Zielscheibe sein, bis die Kerle mitgekriegt haben, daß du Zähne hast. Und du hast Zähne." Er lächelte. "Zeig sie ihnen."
"Wie?"
Er fragte: "Gibt es jemanden in deinem Büro, dem du absolut vertrauen kannst?"
"Meine Leute sind sehr loyal..."
Er winkte ab. "Vertrauen, Kay. Ich meine blindes Vertrauen ... Deine Computeranalytikerin zum Beispiel?"
"Margarete ist immer sehr vertrauenswürdig gewesen", antwortete ich zögernd. "Aber blindes Vertrauen? Ich kenne sie kaum, zumindest nicht persönlich."
"Was ich sagen will, das sicherste - deine beste Verteidigung, wenn du es als solche betrachten willst - wäre, wenn du irgendwie herausfinden könntest, wer in deinen Computer eingebrochen ist. Es ist vielleicht unmöglich. Aber wenn es eine Chance gibt, dann kann es wahrscheinlich nur einer schaffen, der sich sehr gut mit Computern auskennt. Ein technologischer Detektiv<, jemand, dem du vertraust. Ich denke, es wäre nicht klug, jemanden einzuweihen, den du kaum kennst und der dann reden könnte."
"Da fällt mir niemand ein", erwiderte ich. "Und selbst wenn ich es herausfinden würde, die Nachricht könnte schlecht sein. Wenn es ein Reporter ist, der da hineinkommt, dann weiß ich nicht, wie das meine Probleme lösen würde."
"Vielleicht würde es das nicht. Aber wenn ich du wäre, dann würde ich es versuchen."
Ich fragte mich, worauf er hinauswollte. Ich bekam langsam das Gefühl, daß er einen Verdacht hatte.
"Ich werde an all das denken", versprach er, "wenn ich Anrufe wegen dieser Fälle bekomme, Kay. Wenn irgend jemand mich zum Beispiel mit dieser Sache unter Druck setzt, daß die Zeitungsberichte den Mörder anregen oder etwas in der Richtung." Eine Pause. "Ich habe nicht die Absicht, ausgenutzt zu werden. Aber ich kann auch nicht lügen. Tatsache ist, daß die Reaktion dieses
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