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Ein Fall für Kay Scarpetta

Ein Fall für Kay Scarpetta

Titel: Ein Fall für Kay Scarpetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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unwahrscheinlich war, jemandem zu begegnen, der einen erkennen könnte. Ich hatte mir immer größere Sorgen gemacht, daß man uns in der Öffentlichkeit zusammen sehen könnte, als er es zu tun schien.
    Oder wollte er etwas anderes andeuten, etwas, was tiefer ging? Wir hatten kein richtiges Verhältnis miteinander und diese Tatsache erzeugte eine feine, aber unangenehme Spannung zwischen uns. Ich glaube, wir hatten beide die starke Anziehung zwischen uns gespürt, aber wir hatten es vermieden, irgend etwas in der Richtung zu tun, bis vor einigen Wochen. Nach einer Verhandlung, die bis spät in den Abend dauerte, lud er mich beiläufig zu einem Drink ein. Wir gingen zu einem Restaurant in der Nähe des Gerichts, und nach zwei Scotchs fuhren wir zu mir. Es kam so plötzlich. Es war intensiv wie in der Pubertät, unsere Lust spürbar wie ein Hitzeschwall. Das Verbotene daran machte es nur noch wilder, und dann plötzlich, als wir in der Dunkelheit auf meiner Wohnzimmercouch lagen, packte mich die Panik. Sein Hunger war zu groß. Es brach aus ihm heraus, er überfiel mich, anstatt zärtlich zu sein, und drückte mich hart auf die Couch hinunter.
    In diesem Moment hatte ich das Bild seiner Frau vor Augen, versunken in den hellblauen Satinkissen im Bett wie eine hübsche lebensgroße Puppe, die Vorderseite ihres weißen Nachthemdes dunkelrot verfärbt, die Neun-Millimeter-Automatic ein paar Zentimeter neben ihrer schlaffen rechten Hand. Ich war zu dem Tatort des Selbstmordes gekommen und wußte nur, daß die Frau des Mannes, der für die Oberste Staatsanwaltschaft kandidierte, sich anscheinend umgebracht hatte. Ich kannte Bill damals noch nicht. Ich untersuchte seine Frau. Ich hielt buchstäblich ihr Herz in meinen Händen. Diese Bilder, jedes einzelne, tauchten plötzlich in meinem dunklen Wohnzimmer vor meinen Augen auf, so viele Monate später.
    Mit Gewalt löste ich mich von ihm. Ich hatte ihm nie gesagt, was der wirkliche Grund dafür war, obwohl er mich in den darauffolgenden Tagen sogar noch vehementer umwarb. Unsere gegenseitige Anziehung blieb bestehen, aber eine Wand hatte sich dazwischengeschoben. Ich konnte sie nicht mehr abreißen oder darüber steigen, sosehr ich es wollte. Ich hörte kaum ein Wort von dem, was er sagte.
    "... und ich sehe nicht, wie du DNS-Ergebnisse manipulieren könntest, wenn du nicht mit dem Privatlabor und der Hälfte des forensischen Instituts unter einer Decke steckst, außerdem -"
    "Was?" fragte ich erschrocken. "DNS-Ergebnisse manipulieren?"
    "Du hast nicht zugehört", platzte er ungeduldig heraus.
    "Nun, ich habe nicht alles mitgekriegt, das ist sicher."
    "Ich sagte gerade, niemand könnte dich beschuldigen, etwas zu manipulieren - das ist meine Meinung. Unsere Beziehung hat nichts mit dem zu tun, was ich denke."
    "Okay."
    "Es ist nur ..." Er zögerte.
    "Nur was?" fragte ich. Dann, als er sein Glas wieder geleert hatte, "Bill, du mußt noch fahren ..."
    Er winkte ab.
    "Was ist es dann?" fragte ich wieder. "Was?"
    Er preßte die Lippen zusammen und wollte mich nicht ansehen. Langsam kam es heraus. "Ich weiß nicht, welchen Ruf du bis dahin bei den Geschworenen hast."
    Ich hätte nicht erstaunter sein können, wenn er mich mit der flachen Hand geschlagen hätte. "Mein Gott... Du weißt irgend etwas. Was? Was! Was führt dieser Mistkerl im Schilde? Feuert er mich wegen dieser gottverdammten Computergeschichte, ist es das, was du damit sagen willst?"
    "Amburgey? Er führt gar nichts im Schilde. Zum Teufel, er braucht es nicht. Wenn dein Institut für die durchgesickerten Informationen verantwortlich gemacht wird und wenn die Öffentlichkeit glaubt, daß diese Zeitungsartikel der Grund dafür sind, daß der Mörder mit zunehmender Häufigkeit zuschlägt, dann ist dein Kopf in Gefahr. Die Leute brauchen einen Schul digen. Ich kann es mir nicht leisten, daß mein Kronzeuge ein Problem mit der Glaubwürdigkeit oder dem Ansehen in der Öffentlichkeit hat."
    "Ist es das, was du und Tanner nach dem Essen so intensiv diskutiert habt?" Ich war den Tränen nahe. "Ich habe dich auf dem Gehweg gesehen, als ihr aus dem Lokal herausgekommen seid ... "
    Eine lange Pause. Er hatte mich auch gesehen, hatte dann aber so getan, als hätte er mich doch nicht gesehen. Warum? Weil er und Tanner wahrscheinlich über mich gesprochen hatten!
    "Wir haben über die Fälle geredet", antwortete er ausweichend. "Wir haben über sehr viele Dinge geredet."
    Ich war so in Wut, so verletzt, daß ich lieber nichts mehr

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