Ein Fall für Nummer 28
wollte nach Hause.«
»Vielleicht hast du dich ja vorgestern einfach nur verhört«, sagte Nadeshda.
Fiede schüttelte energisch den Kopf. Doch Nadeshda redete einfach weiter: »Wahrscheinlich hat der lange Radomski sich in dem
Telefongespräch, das du belauscht hast, nur mit jemandem über einen Fernsehkrimi unterhalten. Bestimmt ist er vollkommen harmlos.«
Während sie das sagte, starrte sie düster vor sich hin und wünschte inständig, die Geschichte mit Otto würde sich ebenfalls
als vollkommen harmlos herausstellen.
Oben in der Wohnung versuchte sie erneut, Otto über die Handynummer zu erreichen. Doch immer kam nur diese blöde Ansage, die
ihr mitteilte, sie solle es später noch einmal probieren. Nadeshda schnappte sich die Zeitung, in der ihre Mutter am Morgen
gelesen hatte. Sie erstarrte, als sie die Überschrift las:
Einbrüche in Villenhaushalte an der Elbchaussee noch immer nicht geklärt. Hohe Belohnung! Millionär beauftragt Detektivbüro
Das durfte doch nicht wahr sein! Von diversen Einbrüchen innerhalb der letzten fünf Tage war in dem Artikel die Rede. Der
Einbruch in die Grünberg-Villa war also nicht der einzige gewesen! Nadeshda wollte es nicht glauben.
Wütend warf sie die Zeitung auf den Stapel mit dem Altpapier. Dabei fiel ihr Blick auf eine Seite mit Stellenanzeigen, die
seitlich aus dem Stapel herausgerutscht war. Normalerweise wäre ihr das nicht weiter aufgefallen. Aber auf dieser hier war
merkwürdig viel herumgekritzelt worden.
Mehrere Stellenanzeigen waren mit Rotstift eingekringelt. Telefonnummern waren unterstrichen. Daneben standen Notizen: »Alter:
Nicht über dreißig. Nur mit Abitur. Größe mindestens 1,80 m.« Alle gekennzeichneten Anzeigen waren durchgestrichen, einewar sogar ausgeschnitten worden! Nadeshda schaute auf das Datum: Die Zeitung war von letzter Woche!
Otto hatte also, nachdem er bei den Grünbergs herausgeflogen war, angestrengt nach einer neuen Arbeit gesucht! Und Nadeshda
und ihre Mutter hatten absolut nichts davon mitbekommen. Doch so wie es aussah, waren alle seine Versuche vergebens gewesen.
War Otto etwa aus Verzweiflung darüber, dass er keine Arbeit fand, zum Einbrecher geworden?!
Nadeshda hielt es nicht länger allein in der Wohnung aus. Sie beschloss, hinunter zu Opa Bahrenfeld zu gehen und ihm alles
zu erzählen. Aber Opa Bahrenfeld öffnete seine Wohnungstür nur einen winzigen Spalt.
»Kannst du in einer Stunde wiederkommen, Nadeshda? Ich hab so Schädelbrummen. Ich musste unbedingt auf der Stelle ein Nickerchen
machen«, sagte er mit leidender Stimme.
Widerwillig stiefelte Nadeshda die Treppen hinunter. Sie wollte jetzt auf keinen Fall allein sein.
Fiede hockte noch immer im Hauseingang.
»Da bin ich wieder«, sagte Nadeshda, als seien sie verabredet, und setzte sich neben ihn.
»Oh«, sagte Fiede, als könne er es nicht glauben, dass Nadeshda sich tatsächlich zu ihm gesetzt hatte.
Nadeshda schlang die Arme um ihre Knie und starrte hinunter auf ihre Gummistiefel. Eine Weile sagte niemand etwas.
»Was hast du denn heute Vormittag gemacht?«, fragte Fiede schließlich. »Gogo und du, ihr wolltet doch irgendetwas Spannendes
zusammen unternehmen?« Weil Nadeshda nicht antwortete, fuhr Fiede fort: »Aber Poli-Kala hat erzählt, dass Gogo heute gar keine
Zeit hat, weil er den ganzen Tag seinen Eltern helfen muss.«
»Was fragst du denn, wenn du schon alles weißt?«, antwortete Nadeshda ruppig. Fiede sollte sie in Ruhe lassen. Ach, hätte
sie sich doch nur nicht zu ihm gesetzt. Aber statt abzuhauen, starrte sie weiter angestrengt auf ihre Gummistiefel. Sie dachte
an Otto und versuchte, nicht zu weinen.
Plötzlich merkte sie, wie eine Hand sie zaghaft am Arm berührte. »Was hast du denn? Bist du traurig?«, fragte Fiede.
Nadeshda schluckte. »Traurig? Ich doch nicht! Wie kommst du denn darauf?!« Und dann, obwohl sie es gar nicht wollte, sagte
sie mit rauer Stimme: »Ich glaube, Otto ist ein Einbrecher.«
Fiede runzelte ungläubig die Stirn. »Euer Nachbar Otto? Red doch keinen Quatsch!«, sagte er.
»Das ist kein Quatsch«, sagte Nadeshda. Und dann erzählte sie, dass Otto spurlos verschwunden war, und berichtete alles, was
sie vorhin bei ihrem Besuch in der Grünberg-Villa erfahren hatte. Und sie erzählte von dem Zeitungsartikel über die anderen
Einbrüche und dass für die Auffindung des Diebesgutes sogar eine Belohnung ausgesetzt worden war.
»Wow«, rief Fiede
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