Ein Fall für Perry Clifton
er vor:
„Und
wenn wir alles genau wissen, holen wir Scotland Yard. Wie damals bei den
Kandarsky-Diamanten,“
„Genauso
machen wir es“, stimmt Perry zu.
„Endlich
ist wieder was los“, seufzt Dicki geräuschvoll und altklug. Dazu zieht er ein
Gesicht, als müßte er den schwierigsten aller Schlachtpläne entwerfen.
„Wir
müssen herausfinden, wo der Zirkus... wie hieß er doch?“
„Paddlestone.“
„Ja,
wo der Zirkus Paddlestone sein Winterquartier aufgeschlagen hat.“
„Und
dann, Mister Clifton?“
„Dann
werde ich Madame Porelli einen liebenswürdigen Besuch abstatten.“
„Sie?“
„ Wir, Dicki.“
„Und
wann wird das sein?“
„Vielleicht
schon morgen.“
Der
neue Tag bringt zum erstenmal in diesem Winter trockene Kälte. Kein Nieselregen
— kein Nebel. Und als gegen Mittag auch noch die Sonne ein wenig zum Vorschein
kommt, atmen die Londoner auf. Viele fassen die Gelegenheit beim Schopfe, um
weite oder weniger weite Spaziergänge zu unternehmen.
Den
Heimweg zwischen Schule und Wohnung legt Dicki ausschließlich im Laufschritt
zurück. Er hat Angst, sein Freund Perry könne den Besuch im Zirkus Paddlestone
ohne ihn machen. Als er kurz nach zwölf Uhr vor Anstrengung schnaufend zu Hause
ankommt, hat Perry Clifton bereits eine Reihe von Telefongesprächen hinter
sich.
Schlag
ein Uhr steht Dicki kauend vor Perry.
„Ich
bin fertig, Mister Clifton“, meldet er und würgt den anscheinend umfangreichen
Rest seines Mittagessens mit einem gewaltigen Schlucker hinunter.
„Du
wirst noch ein Magengeschwür bekommen, wenn du weiterhin so schnell und hastig
ißt!“
„Großvater
ißt noch viel schneller und ist schon vierundsiebzig Jahre“, erwidert Dicki und
ergänzt: „Und dabei hat er keinen einzigen Zahn mehr im Mund!“
Gegen
diese Logik weiß auch Perry Clifton nichts einzuwenden, und lächelnd verkündet
er:
„Dann
wollen wir uns mal auf die Strümpfe machen.“
„Wissen
Sie schon, wo der Zirkus sein Winterquartier hat?“
„Ja,
in Greenwich. Aber zuerst gehen wir in die Hakman-Street“, erklärt Perry
verschmitzt.
„In
die Hakman-Street?“ Dickis Gesicht ist ein einziges Fragezeichen.
„Ja.
Dort holen wir uns aus den Hills-Garagen ein Auto.“
„Ein
Auto?“ Dickis Augen sind mit einem Male groß wie Mantelknöpfe.
„Ich
habe mir einen Wagen gemietet“, sagt Perry leichthin. „Schließlich sind es bis
Greenwich eine erkleckliche Anzahl von Kurven und Ecken.“
„Hurra!“
brüllt Dicki und macht einen Luftsprung.
„Darf
ich vorn sitzen?“ will er wissen.
„
Selbstverständlich! “
Stolz
rekelt sich Dicki wenig später neben Perry Clifton in dem fast neuen Morris.
Wenn
ein anderer Wagen überholt, wird sein Gesicht finster, und der Fahrer des
vorbeifahrenden Wagens erntet einen wütenden Blick. Dazu murmelt er zwischen
den Zähnen: „Alter Angeber.“
Perry
selbst muß seine Aufmerksamkeit dem starken Verkehr widmen. Um diese Zeit
scheint halb London unterwegs zu sein. Vor den Stoppstellen bilden sich
mitunter unübersehbare Schlangen.
Erst
nachdem sie die Lodgen-Street hinter sich haben, geht es flüssiger.
Perry
wirft Dicki einen schnellen Seitenblick zu.
„Na,
wie gefällt dir die Fahrerei, Dicki?“
„Gut.
Schade, daß wir nicht schneller fahren können.“
„Oh,
ich habe keine Lust, mir ein Strafmandat einzuhandeln...“
„Haben
Sie eigentlich eine Pistole eingesteckt, Mister Clifton?“ will Dicki plötzlich
wissen.
„Eine
Pistole?“ Perry ist überrascht. „Wozu soll ich denn eine Pistole brauchen?“
„Zum
Verhaften. Oder glauben Sie, daß Madame Porelli so einfach mit zur Polizei
geht?“
„Sie
wird so von unserem Besuch überrascht sein, daß sie kaum an Gegenwehr denken
wird.“
„Ob
man den Dackel auch ins Gefängnis sperrt?“
„Das
glaube ich kaum“, lacht Perry. „Mir ist jedenfalls kein Paragraph bekannt, nach
dem Dackel wegen Diebstahls bestraft werden können.“
„Aber
was wird dann aus Jocky?“
„Wenn
sich niemand findet, der ihn in Pflege nimmt, wird man ihn sicher in einem
Tierheim unterbringen. Bist du nun zufrieden?“
„Hm...
ich werde eben noch einmal mit Dad reden...“ nimmt sich Dicki laut vor und
macht dazu eine energische Miene. „Ich nehme Jocky einfach zu mir.“
Um
sechzehn Uhr dreißig erreichen Perry Clifton und Dicki Greenwich.
Um
sechzehn Uhr vierzig sehen sie das alte Woarson-Stadion vor sich liegen, auf
dessen verwahrlosten Rasenflächen dicht gedrängt sechsundzwanzig
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