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Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Titel: Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Birkhoff
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seine Arme, begleitet von dem wohlwollend mütterlichen Lächeln von Ursula.
    »Ich habʼs selbst auch drauf! Hier am Hals. Riech mal.« Jürgen zerrte sich den Rollkragen ein Stück herunter, und Julias Nase kroch ihm an den Hals.
    Die Worte der Anwesenden rauschten in meinen Ohren, und die gewohnte Übelkeit stieg in mir auf.
    In einem kleinen Päckchen, das für mich bestimmt war, fanden sich ätzend bunte Diamant-Ohrringe vom Nobeljuwelier der Stadt. Meine Ohrlöcher waren seit drei Jahren zugewachsen, und für bunten Schmuck habe ich NICHTS, aber auch wirklich GAR NICHTS übrig. Für einen kurzen Moment überlegte ich, ob ich Freude heucheln und die Dinger in Ruhrstadt zum Pfandleiher bringen sollte. Ich hatte keine Lust mehr auf dieses Theater. Ich hatte es satt bis oben hin, und die ganze Stimmung widerte mich an. Ich würde jetzt hier und heute am Heiligen Abend auf Ursulas Teppich kotzen, wenn ich nicht unverzüglich abhaute. Völlig erschüttert nahm die illustre Gesellschaft meine Missachtung von Jürgens wertvollem und mit »Liebe« ausgesuchtem Geschenk zur Kenntnis. Die anschließenden Beschimpfungen hörte ich gar nicht mehr. Wie in Trance schnappte ich mir meine Jacke und verließ fluchtartig die Wohnung. Als ich draußen in der Kälte stand, atmete ich tief durch. Da war es wieder. Da war mein Gefühl der Freiheit. Freiheit am Heiligen Abend in einer menschenleeren Stadt ohne Familie. Das war MEINE Freiheit.
     
    Die nächsten Tage hörte und sah ich nichts von der Waldstädter Mischpoke. An Silvester plötzlich, ich war bei Freunden eingeladen, klingelte am Spätnachmittag das Telefon.
    Meine Mutter. Sie heulte. »Er will mich rausschmeißen. Wenn er gleich wiederkommt, soll ich meine Sachen gepackt haben.«
    »Ich hole dich sofort ab, Mutter«, rief ich in den Hörer. »Hörst du? Ich setze mich jetzt ins Auto und hole dich ab.« Es hatte Blitzeis gegeben, und nur ein völliger Idiot hätte sich ins Auto gesetzt, um zig Kilometer in Richtung Sauerland zu fahren. Mir war das gleichgültig. Ich wollte meine Mutter da rausholen und würde mit ihr Silvester feiern. Wenn es sein musste, dann auch mitten auf der Sauerlandlinie.
    »Nein!«, entfuhr es meiner Mutter panisch. »Ich kann nicht! Ich kann einfach nicht! Da geht die Tür!«
    »Klack.« Aufgelegt.
    Unzählige weitere Anrufe folgten. Ein ständiges Hin und Her. Um einundzwanzig Uhr war mir alles egal geworden. Ich würde ohnehin nicht heil in Waldstadt ankommen. Meine Freunde hatten in dem ganzen Telefontheater angerufen und mir empfohlen, dicke Socken über die Schuhe zu ziehen. Draußen ging gar nichts mehr. In meinem Inneren auch nicht. Der liebe Gott hatte aus allen Straßen und Gehwegen Eisbahnen gemacht und mich auf diese Art und Weise gerettet. Vielleicht hätte ich Jürgen doch noch umgebracht. Vielleicht hätte mich meine Mutter in ihren Sumpf gezogen. Meine Mutter war genauso krank wie Jürgen. Die beiden hatten sich verdient. Sie passten wie Deckel auf Topf mit ihren kranken Weltvorstellungen.
    Heute glaube ich, dass meine Mutter eine Borderlinerin ist. Ich glaube auch nicht, dass sie therapierbar wäre, selbst wenn sie es jetzt noch wollte. Sie hatte sich selbst geopfert. Ihr Leben. Ihre Seele. Ihre Psyche. Ihre Tochter. Ihre Freundinnen. Die Töchter ihrer Freundinnen. Vielleicht war sie ja selbst Opfer. Ich weiß es bis heute nicht. Ich will es auch gar nicht mehr wissen. Sie ist Lehrerin. Sie hätte sich vor langer, langer Zeit helfen lassen können. Die Beihilfe zahlte schon Ende der siebziger Jahre so etwas Abenteuerliches wie eine Psychotherapie. Selbst meine Großmutter hatte für ihre Enkelin therapeutische Hilfe im Kopf. Aber meine Mutter, die nur achtzehn Jahre älter ist als ich, zog so etwas nie in Betracht.
    Im Januar meldete sich dann Jürgen telefonisch bei mir und fragte nach meiner Kontoverbindung. Es war mir mehr als egal, dass ich monatlich tausend Mark als Schweigegeld von seinem Konto überwiesen bekam. MEIN Leben sollte weitergehen. Ich wollte Capriola behalten, und ich wollte meine eigenen vier Wände behalten. Ich verdrängte das elendige Gefühl, bezahlt zu werden.
     
    Anfang Februar, ich hatte mich auch nicht zum Geburtstag meiner Mutter gemeldet, rief sie plötzlich an. »Ich habe ein Knöllchen hier liegen«, zischte sie durch den Hörer.
    Siedend heiß fiel mir ein, dass die alte Fiat-Kiste immer noch auf den Namen meiner Mutter angemeldet war. Ich beschloss, diesen Umstand unverzüglich zu

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