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Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Titel: Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Birkhoff
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Erwin mit verächtlicher Stimme. Es war nicht zu überhören, dass ihn die Ehe mit seiner Maria anwiderte.
    Ich fand diesen Kerl einfach nur ekelhaft. Als Erwin weg war, stöhnte ich laut auf und sagte lachend zu Jürgen: »Bin ich froh, dass der weg ist! Mit diesem Mann fühle ich mich absolut nicht wohl.«
    »Ich hoffe, dass das bei mir nicht so ist.« Jürgen lachte mich an und streichelte meine Schulter. »Ich habe übrigens noch nie jemanden hier sitzen gehabt, der so schnell begriffen hat, wie die Spulen zu wickeln sind. Diese hier haben nämlich vier verschiedene Kupferdrahtstärken, und die meisten anderen haben nur zwei, maximal drei unterschiedliche Lagen. Ich bin beeindruckt, Christine.«
    Stolz saß ich an diesem Monstrum von Maschine und wickelte eine Spule nach der anderen. Zum Schutz der Finger hatte mir Jürgen gezeigt, wie man mit Isolierband das jeweils mittlere Gelenk an den Zeige- und Mittelfingern umwickelte, damit man sich nicht an den Drähten schnitt. Für meinen Geschmack saß er zu eng neben mir, aber weil Jürgen so vertieft in seine Aufgabe war, akzeptierte ich die Nähe und verwarf jeden weiteren Gedanken.
    Am Ende meines ersten Arbeitstages hatte ich von siebzehn bis zwanzig Uhr gearbeitet und eine akzeptable Anzahl von Spulen gewickelt.
    »Die Frauen werden aber sparsam aus der Wäsche schauen, wenn ich Ihnen morgen die Zeitvorgaben mache«, scherzte Jürgen. Er strahlte mich an und sagte: »Weißt du eigentlich, WIE wichtig das ist? Die sollen sich ja schließlich nicht ausruhen, sondern arbeiten, oder?«
    Ich nickte beifällig. Das Gefühl, etwas so Wichtiges hier in Jürgens Firma zu machen, war ein tolles Gefühl! Es war eine angenehme Arbeit, weil man sich konzentrieren musste und die verschiedenen Arbeitsabläufe immer schneller beherrschte, je mehr Spulen man wickelte. Die Zeit war verflogen, und ich fühlte mich nicht so, als ob ich drei Stunden gearbeitet hätte.
    »Ich bringe dich schnell nach Hause«, sagte Jürgen.
    Ich protestierte. »Ich brauch doch nur über das Gelände hinter dem Versand zu gehen, und schon bin ich am Gartenzaun!«
    Jürgen hob den Telefonhörer ab und wählte, ohne zu antworten, eine Nummer. »Gundis«, begann er eine Spur zu freundlich, »Gundis, das klappt super mit Christine. Wir haben noch kurz zu tun und sind in einer halben Stunde zu Hause. Ich mache dann auch Feierabend. Bis gleich.«
    »So!« Jürgen grinste. »Wir beide fahren jetzt nach Hagen in die Eisdiele, da gibt es das weltbeste Eis!«
    Nach Hagen? Nie im Leben würden wir in einer halben Stunde zu Hause sein, wenn wir jetzt nach Hagen führen, schoss es mir durch den Kopf.
    »Möchtest du ein Spaghettieis oder Vanilleeis mit heißen Himbeeren?«, fragte Jürgen euphorisch.
    Ich aß beides furchtbar gern und musste tatsächlich überlegen.
    »Jetzt pass auf, Christine! Der Jaguar fährt über zweihundert Sachen, aber mit der Mami kann ich nicht so schnell fahren, die macht sich vor Angst immer in die Hosen. Sag mir jetzt nicht, dass du auch so ein Schisser bist!«
    Entrüstet verneinte ich. Ich fuhr tatsächlich gern schnell, und sehr viel rasanter als die Fahrten im Peugeot mit meinem alkoholisierten Vater konnte diese Fahrt auch nicht werden. »Boah, ist das stark!«, rief ich begeistert, als Jürgen mit dem Jaguar über die Autobahn schoss. »Man merkt ja gar nicht, dass man so schnell fährt.«
    »Hier! Schau selber nach«, erwiderte Jürgen. »Wir sind schon über zweihundert!«
    Ich beugte mich zu ihm hinüber, um einen Blick auf den Tacho zu werfen. Es stimmte tatsächlich. Zweihundertzehn und noch kein Ende in Sicht. Was für ein tolles Auto!
    Als Jürgen auf dem kurzen Fußweg zur Eisdiele seine Hände um meine schmalen Hüften legte, tuschelte er mir ins Ohr: »Guck mal, wie die alle glotzen. Die denken wahrscheinlich ›Was will der alte Bock mit so einem Kind?‹!«
    Ich protestierte. Erstens, so argumentierte ich, sei ich nun wahrlich kein Kind mehr, sondern würde in wenigen Wochen schon vierzehn, und zweitens, so fände ich, wäre er doch nun wirklich kein »alter Bock«!
    Jürgen war in ausgelassener Stimmung, und selten hatte ich ihn so unbeschwert erlebt. Ich verschlang mein Spaghettieis in den weichen Lederpolstern des Jaguars, der bereits in Richtung Heimat schnurrte. Ich war für wenige Momente ein glückliches Mädchen, denn Jürgen unternahm etwas Aufregendes mit mir, und meine Mutter konnte diese Freude endlich einmal nicht schmälern. Im Gegensatz zu ihr genoss

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