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Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Titel: Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Birkhoff
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über meine Psyche, und das Weihnachtsfest 1979 war für mich gelaufen!

 
     
    ________________KAPITEL 7________________
 
    Bulimie und Todeswunsch
     

    N
ach den Weihnachtsfeiertagen ging alles seinen gewohnten Gang, und praktisch nichts schien sich verändert zu haben. Meine Mutter und ich waren wieder in der Wohnung, die Hausarbeit beanspruchte mich wie immer, und bis zum Ende der Weihnachtsferien arbeitete ich bei Jürgen in der Firma. Jürgen war geschäftlich viel unterwegs, und ich sah ihn, wenn überhaupt, nur nachmittags, wenn die Arbeiterinnen noch da waren. Er war bei unseren Begegnungen stets freundlich und vielleicht ein wenig wortkarger als sonst. Noch immer rätselte ich über die Geschehnisse vom zweiten Weihnachtsfeiertag und hoffte auf ein Gespräch mit Jürgen, das mir Klarheit verschaffen würde.
     
    Als die Schule wieder begann, traute ich mich nicht, meinen Freundinnen von Jürgen zu erzählen. Ich wusste ja selbst nicht, wie ich meine Erinnerungen einzuschätzen hatte, und geriet regelrecht in Panik, dass ich schizophren werden könnte. Jürgens Bruder war hochgradig schizophren, und oft genug hatte ich aus den Gesprächen zwischen Jürgen und meiner Mutter entnehmen können, dass schizophrene Menschen davon überzeugt seien, dass bestimmte Dinge reell geschahen, die tatsächlich aber nur einer krankhaften Fantasie entstammten. Ich war zutiefst verunsichert, und die gehässigen Sprüche meiner Mutter, ich hätte »eine Macke« oder tickte »nicht ganz sauber«, nährten meine Sorgen und meine Unsicherheit. Wochenlang harrte ich aus, und erst im Februar warf ich mein Herz über Bord und ging am Abend mit Bobby zu Jürgen in die Firma. Erwin war gerade vom Betriebshof gefahren, und so wusste ich, dass Jürgen allein war.
    Bevor ich ins Büro ging, hörte ich noch, wie Jürgen mit meiner Mutter telefonierte und ihr sagte, dass er nicht mehr lange zu tun hätte und bald Feierabend machen würde. Es war eine merkwürdige Situation: Die Tochter seiner Gesprächspartnerin am anderen Ende der Leitung stand vor der Bürotür und fragte sich gerade, ob der Freund ihrer Mutter tatsächlich mit ihr geschlafen hatte. Es war verrückt. Als ich hörte, wie Jürgen das Gespräch beendete und den Hörer auflegte, trat ich ein. Mit freudigem Gesicht erhob sich Jürgen von seinem großen Ledersessel, ging um den Schreibtisch herum und nahm mich wortlos in die Arme.
    Ich schob ihn von mir weg, schaute ihn ernst an und fragte: »Jürgen, was ist da Weihnachten passiert?«
    Wieder wollte mich Jürgen in den Arm nehmen, und ich wich zurück.
    »Was ist passiert?«, rief ich mit lauter und zittriger Stimme.
    Jürgen lächelte mich an. »Etwas Wunderschönes ist passiert, und ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich dir bin, dass du mir dieses Geschenk gewährt hast! Warum bist du nicht schon viel früher zu mir gekommen? Ich habe auf dich gewartet!«
    »Ich wusste nicht mehr, was Wirklichkeit und was Fantasie ist«, sagte ich, »und ich hatte Angst!«
    »Komm, wir fahren ein Stück, dann können wir in Ruhe reden.« Jürgen nahm seine Schlüssel, seine Jacke und seine braune, lederne Handgelenkstasche und schob mich zur Tür hinaus.
    Der Jaguar flog über die Straßen, und die Sitzheizung der Ledersitze arbeitete auf Hochtouren. Ich entspannte mich ein wenig. Jürgen legte seine Hand auf meinen Oberschenkel und lächelte mich an.
    »Ich habe dich so unglaublich lieb, Christine, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Hast du mich denn gar nicht lieb? Nicht wenigstens ein klitzekleines bisschen?«
    »Natürlich habe ich dich lieb, Jürgen, aber was ist mit Mama? Du bist ihr Freund! Das geht doch alles gar nicht.«
    Jürgen schaute mich an. »Mach dir doch darüber keine Sorgen, Christine. Ich freue mich soo sehr, dass du mich auch lieb hast, da spielt doch alles andere keine Rolle, oder?«
    Ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte. Sicher, klar hatte ich Jürgen lieb, aber eben anders. Ich hatte ihn lieb, weil er mir Bobby geschenkt hatte. Ich hatte ihn lieb, weil er ab und zu Partei für mich ergriff. Und ich hatte ihn lieb, weil er mir das Gefühl vermittelte, gern mit mir zusammen zu sein. »Ich hab dich lieb, Jürgen, weil du viel lieber mit mir zusammen bist als Mama«, sagte ich und war überzeugt, dass ich nun hinreichend erklärt hatte, was genau ICH meinte, wenn ich von »lieb haben« sprach.
    Jürgen hielt auf einem Parkplatz an und zog mich in seine Arme. »Christine«, flüsterte er »alles,

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