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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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wirklich. Ich hab drüber nachgedacht. Aber wenn ich mit ihr rede, dann nur allein. Ohne dich.«
    »Aber Sie haben doch gesagt ...«
    »Was ich gesagt hab, weiß ich nicht mehr, aber ich werd mich hüten und einen kleinen weißen Jungen in das Haus einer Hure schleppen und mit ihr über ihre tote Tochter quatschen. Was glaubst du wohl, was dein Daddy dazu sagen würde? Glaubst du vielleicht, dass ich dann meinen Job noch lang behalten würd?«
    Ich war enttäuscht. Ich hatte mir vorgestellt, dass wir das Ganze gemeinsam durchzogen. Nicht nur die Ermittlung, sondern auch den Besuch bei Margrets Mutter, einer echten Hure. Eine Weile saß ich nur da und hörte zu, wie die Rolle im Projektor ratterte. Aber ich wusste, dass Schmollen bei Buster nichts half. Schließlich sagte ich: »Und, wann gehen Sie zu ihr?«
    Buster schürzte die Lippen. »Heut Abend, wenn ich fertig bin.«
    »Ist das nicht zu spät?«
    »Nicht für sie. Ich erstatte dir dann Bericht, morgen Vormittag, wenn du in die Straße mit dem Lebensmittelgeschäft an der Ecke kommst. Da können wir uns zum Plaudern auf den Bordstein setzen. So gegen neun.«
    »Wenn ich nicht da bin, sind Daddy oder Mom mir in die Quere gekommen, okay?«
    »Verstehe.«
     
    Am nächsten Morgen stand ich früh auf. Ich schrieb einen Zettel, dass ich mir von meinem Taschengeld Comics im Drugstore kaufen wolle.
    Rosy erwischte mich auf dem Weg nach draußen. »Wo willst du denn hin, so früh am Morgen, und ohne Hund?« Sie richtete sich vom Sofa auf und kratzte sich am Kopf.
    »Ich geh mir Comics kaufen. Wahrscheinlich bin ich eine ganze Weile in der Stadt, deswegen soll Nub in meinem Zimmer bleiben. Kannst du ihn nachher rauslassen?«
    »Und die Comics sind nach ’m Frühstück nich mehr da?«
    »Ich will kein Frühstück.«
    »Ohne dein Frühstück tu ich dich nich gehn lassen. Ich mach dir schnell ’n Toast mit Ei.«
    Ich hätte sie gerne abgewimmelt, aber ich wollte auch nicht übereilig erscheinen.
    Rosy bereitete Eier und Toast zu, auch eine Portion für sich selbst, und Kaffee dazu. Inzwischen bewegte sie sich sehr selbstsicher im ganzen Haus, und sie hatte sogar angefangen, Daddy Anweisungen zu geben. Die er auch befolgte.
    Während ich aß, sagte Rosy: »Ich kann schon viel besser lesen als wie früher. Als Nächstes muss ich nur noch lernen, wie ich besser reden tu. Will mich ja nich mein Lebtag wie ’n Bauerntrampel anhören. Vielleicht kannst du mir ja dabei helfen.«
    »Ich drücke mich auch nicht immer so besonders gut aus.«
    »Du hörst dich aber wenigstens einigermaßen intel’gent an.«
    »Na ja, du kannst vielleicht das ›als‹ nach dem ›wie‹ weglassen. ›Als wie‹ sagt man eigentlich nicht.«
    »Ach was! Das sag ich schon mein ganzes Leben lang.«
    »Doch, Ma’am.«
    »Schätzchen, ich weiß ja nich, ob du wirklich draußen rumlaufen sollst, wo sich Bubba Joe vielleicht noch irgendwo rumtreibt. Bin nich so sicher wie dein Daddy, dass er ’nem weißen Jungen nix tun würde.«
    »Ich komme schon zurecht, Rosy. Ganz bestimmt.«
    »Tja, na gut, verbieten kann ich’s dir ja nich. Aber pass auf dich auf, ja?«
     
    Ich fuhr mit dem Fahrrad zu der Stelle, wo ich Buster treffen sollte. Es war Samstag, und in der Stadt wimmelte es nur so von Menschen. Buster entdeckte ich ganz hinten in der Straße. Er hatte eine Limoflasche in der Hand und trank daraus.
    Als ich näher kam, fiel mir auf, wie alt er eigentlich war. Inzwischen schmierte er sich keine Schuhcreme mehr ins Haar, und sein Haaransatz schimmerte weiß. Er war groß, aber er hielt sich krumm, als läge die Last der ganzen Welt auf seinen Schultern und würde ihm allmählich zu schwer.
    Ich lehnte mein Fahrrad gegen die Bordsteinkante und setzte mich neben ihn. Eine weiße Dame, die eine Einkaufstüte voller Lebensmittel trug, ging an uns vorbei und sah uns dort sitzen. Sie schenkte uns ein eigenartiges Grinsen und ging weiter.
    »Was gibt’s denn da zu grinsen«, sagte Buster. »Wenn die noch ’n bisschen hässlicher wär, müsst sie jemand an der Hand führen, mit ’ner Papiertüte überm Kopf.«
    Ich lachte. Buster schmunzelte, griff sich in die Brusttasche und holte einen PayDay-Riegel hervor. »Dachte, du magst so was vielleicht. Für mich hab ich nur ’ne Hershey’s geholt. Meine Zähne vertragen die Erdnüsse in der Schokolade nicht.«
    »Waren Sie bei Margrets Mutter?«
    »Ja, war ich. Das war ziemlich interessant, Stan. Und wir müssen ein paar Sachen neu überdenken.«
    Ich packte

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