Ein feuriger Verehrer
beobachtete er seine Frau, dann jedoch riss er sich zusammen und erklärte: »Erst nachdem Sie mein Büro verlassen hatten, Lieutenant, fiel mir ein, dass Sie Roarkes Gattin sind.«
»Ist das ein Problem?«
»Nicht das geringste.« Er bedachte Roarke mit einem schmalen Lächeln. »Wir sind zwar Konkurrenten, aber ich nehme an, dass wir deshalb keine Gegner sind.«
»Ich habe J.C. wirklich gemocht«, erklärte Roarke ihm kurz. »Er wird uns allen fehlen.«
»Ja, das wird er. Wenn ich Sie jetzt den Anwälten vorstellen dürfte, können wir gleich anfangen.« Mit leicht grimmiger Miene drehte er sich um. »Mit Suzanna Day haben Sie ja bereits gesprochen.«
Suzanna kam auf sie zu, reichte ihnen beiden die Hand und baute sich schützend neben Branson auf, als sich der letzte Mensch im Raum von seinem Platz erhob.
Eve hatte ihn bereits erkannt. Lucas Mantz war einer der besten und teuersten Strafverteidiger der Stadt. Er war schlank und mit seinem dicht gewellten, schwarz-weiß gestreiften Haar auf eine, wenn auch etwas ölige Weise durchaus attraktiv. Sein Lächeln war kühl und höflich, und der Blick seiner rauchgrauen Augen wach und intelligent.
»Lieutenant. Roarke.« Er nickte beiden zu und nippte an dem Glas mit goldenem Wein, das er in der Hand hielt. »Ich vertrete die Interessen von Ms Cooke.«
»Sie lässt sich die Vertretung etwas kosten«, erklärte Eve ihm trocken. »Geht Ihre Mandantin davon aus, dass sie zu Geld kommt, Mantz?«
»Falls die Finanzen meiner Mandantin für Sie von Interesse sind, Lieutenant, geben wir Ihnen gerne eine Aufstellung ihres Vermögens. Sobald Sie eine diesbezügliche Verfügung vorzuweisen haben. Die Anklage gegen Ms Cooke wurde bereits formuliert und akzeptiert.«
»Vorübergehend«, antwortete Eve.
»Warum fangen wir nicht mit der Sache an, deretwegen wir hier zusammengekommen sind?« Wieder blickte Branson zu seiner Frau, die dem Mädchen mit dem Kaffeewagen Anweisungen gab. »Bitte, nehmen Sie doch Platz.« Er winkte in Richtung der Sofas.
Sobald der Kaffee serviert war, setzte sich Clarissa neben ihren Mann und griff nach seiner Hand. Lucas Mantz bedachte Eve mit einem neuerlichen kühlen Lächeln und wählte einen Platz möglichst weit von ihr entfernt gegenüber von Suzanna, die erklärte: »Für den Fall seines Todes hat der Verstorbene Disketten für seinen Bruder, seine Schwägerin, Ms Lisbeth Cooke und seinen Assistenten Chris Tipple bei mir hinterlegt. Diese Disketten werden den betreffenden Parteien innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach Verlesen seines Testamentes übergeben. Mr Tipple wurde über die heute Abend stattfindende Testamentseröffnung informiert, verzichtet jedoch auf die Teilnahme, da er sich … nicht gut fühlt.«
Sie zog ein Dokument aus ihrer Aktentasche und begann zu lesen.
Eve hegte ernste Zweifel, dass sich die blumige Eröffnungsformel in den vergangenen zweihundert Jahren groß verändert hatte. Schließlich hatte das Anerkennen des eigenen Todes eine lange Tradition.
Menschen, dachte sie, hatten die Neigung, ihr Ableben möglichst weit im Voraus und möglicht genau zu planen, und schlossen in Form von Lebensversicherungen quasi Wetten auf das eigene Ende ab. Ich setze jeden Monat so und so viel darauf, bis ich vom Leben zum Tod befördert werde , überlegte sie zynisch.
Dann war da noch die Wahl der Grabstätte oder der Urne, die abhing vom Einkommen des Menschen und von seinem persönlichen Geschmack. Die meisten Menschen kauften sie im Voraus oder bekamen sie geschenkt – entweder ein sonnenbeschienenes Fleckchen draußen auf dem Land oder eine hübsche Verpackung, die, bis man sie eines Tages brauchte, auf dem Speicher stand.
Kaufen Sie jetzt, sterben Sie später.
Diese Details folgten natürlich der Mode oder den Empfindlichkeiten der jeweiligen Gesellschaft, die Formulierung eines letzten Willens jedoch hatte im Geschäft mit dem Tod über die Zeit hinweg Bestand. Anscheinend war es von Bedeutung, wer zu welcher Zeit und zu welchen Bedingungen welchen Teil von all dem Zeug bekam, das von dem Verstorbenen während der Zeit, die das Schicksal ihm gewährt hatte, angesammelt worden war.
Das war eine Frage der Kontrolle, hatte sie oft gedacht.
Es lag in der Natur des Menschen, dass er selbst über sein Ableben hinaus noch einmal irgendwelche Knöpfe drücken wollte und somit die Kontrolle über irgendwas behielt. Für manche war es sicher die Gelegenheit, die Menschen, die die Dreistigkeit besessen hatten, sie zu
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