Ein Frauenheld entdeckt die Liebe
gleich darauf hatte sie es vergessen. Denn jetzt wurde Nicholas’ Kuss drängender.
Ein warmer Schauer überlief ihre Haut. Heiß schien das Blut ihr durch die Adern zu fließen. Gleichzeitig zitterte sie wie im kältesten Winter. Gänsehaut bedeckte ihre Arme, ihren Nacken und all jene Stellen ihres Körpers, die Nicholas mit seinen Händen liebkoste.
Es war seltsam. Es war anders als alles, was sie bisher erlebt hatte. Es war beunruhigend. Es war wundervoll.
Sein Atem war wie ein leichter Windhauch auf ihrer Wange. Sie sehnte sich danach, Nicholas überall zu spüren. Sie wollte ihn schmecken, ihn in sich aufnehmen. Instinktiv erwiderte sie seinen Kuss erst vorsichtig, dann immer hemmungsloser. Wie herrlich waren diese unbekannten Gefühle, die sie erfüllten. Mit allen Sinnen wollte sie sie genießen. Sie wollte nicht mehr vernünftig sein. Sie wollte nicht mehr denken. Sie konnte nicht mehr denken.
Fest zog er sie an sich. Der Kuss wurde immer wilder, immer leidenschaftlicher. Kleine Laute des Verlangens entrangen sich ihrer Kehle. Deutlich spürte sie, wie erregt Nicholas war. Es machte ihr ein wenig Angst, aber es gab ihr auch ein Gefühl der Macht. Sie schmiegte sich an ihn.
Nie hätte sie gedacht, dass sein Kuss noch drängender, noch fordernder, noch erregender werden könnte! Ihr ganzer Körper schien jetzt zu glühen. Ihre Knie wurden weich. Wenn Nicholas’ kräftige Hände sie nicht sicher und fest umfangen hätten, wäre sie wohl kaum in der Lage gewesen, sich auf den Beinen zu halten.
„Nicholas“, hauchte sie.
Abrupt ließ er sie los. Sein Atem kam in kurzen Stößen, seine Augen waren dunkel vor Verlangen. Serena fiel unsanft auf die Bank zurück. Ihr schwindelte.
„Wenn ich Ihre Reaktion vorausgesehen hätte, wäre ich mit Ihnen im Haus geblieben“, meinte Nicholas in dem Versuch, das beunruhigend heftige Verlangen zu verbergen, das ihn überwältigt hatte.
„Sie sagten, Sie würden mich gern küssen. Davon, dass Sie mich entehren wollen, war nicht die Rede.“ Innerlich zitterte Serena noch immer, doch sie gab sich große Mühe, ihre Erregung nicht zu zeigen. Es war doch nur ein Kuss! Aber tatsächlich war es viel mehr gewesen.
Nicholas wandte sich ab, starrte auf den Fluss hinaus und richtete sein zerknittertes Krawattentuch. Damit gewann er Zeit, die es ihm und Serena ermöglichte, die Fassung zurückzuerlangen. Er hatte sie küssen wollen, um festzustellen, ob die Anziehungskraft zwischen ihnen noch genauso stark war wie am ersten Tag. Nun, sie schien enorm gewachsen zu sein.
Serena saß noch immer auf der Bank und fingerte nervös an den Bändchen ihres Hütchens herum. Sie war hin und her gerissen zwischen Leidenschaft und Begehren einerseits und Scham sowie heftigen Schuldgefühlen andererseits.
Was muss er jetzt von mir denken!
Sie war völlig verwirrt. Obwohl sie genau wusste, dass sie etwas getan hatte, das allen Regeln des Anstands und vor allem ihrer Erziehung widersprach, konnte sie sich doch nicht gegen das Verlangen wehren, das noch immer in ihr brannte. Sie kannte sich selbst nicht wieder! Hatte sie sich womöglich von Nicholas’ Leichtfertigkeit anstecken lassen?
Erstaunlicherweise bereute sie das, was geschehen war, nicht im Geringsten. Sie hatte eine neue Erfahrung gemacht und würde es dabei bewenden lassen. Das hoffte sie jedenfalls. Irgendwann, wenn sie nicht mehr dem verstörenden Einfluss dieses Mannes ausgeliefert war, würde sie an seine Küsse zurückdenken können, ohne das Verlangen nach mehr zu verspüren. Bis dahin wollte sie zumindest versuchen, ihre Selbstachtung zu wahren, indem sie ihm nicht zeigte, wie überwältigt sie von seinen Zärtlichkeiten war.
„Wir sollten zurückgehen“, sagte sie.
Unsicher, wie er sich verhalten sollte, fuhr Nicholas sich mit der Hand durchs Haar. Sollte er sich entschuldigen? Nein, denn er hatte Serena die Möglichkeit gegeben, Nein zu sagen. Er hatte nichts Falsches getan und verspürte dennoch Gewissensbisse. Verflixt!
Er reichte ihr die Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen.
„Danke“, murmelte sie.
Um sie aus ihrer seltsamen Stimmung zu reißen, tat er so, als habe er sie missverstanden. „Im Allgemeinen ist es der Herr, der der Dame dankt. Daher möchte ich nicht versäumen, Ihnen zu versichern, dass das Vergnügen ganz meinerseits war.“
Sie errötete und wechselte das Thema. „Können wir die Suche nach den Papieren jetzt fortsetzen?“
„Natürlich. Aber Sie sollten sich darüber klar sein,
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