Ein Frauenheld entdeckt die Liebe
finden. Die Heftigkeit seines Verlangens würde vermutlich mit der Zeit nachlassen. Doch das war es ja nicht allein, was ihn an ihr anzog. Er mochte ihren Humor, schätzte ihren guten Geschmack, bewunderte ihren Mut und war fasziniert von ihrer Lebensfreude.
Ja, er würde sie heiraten. Auch deshalb, weil er die Vorstellung, sie könne einen anderen Gatten wählen, nicht ertragen konnte.
Unter diesen Umständen nahm er die Nachricht, die Frances Eldon ihm schickte, gelassen auf. Seinem Anwalt war es nicht gelungen, einen Weg zu finden, die Klausel im Testament des verstorbenen Nick Lytton zu umgehen.
Nicholas war bester Laune, als er die Bond Street hinunterschlenderte. So lange, bis er auf Mathew Stamppe, Earl of Vespian, stieß.
„Mr. Lytton“, begrüßte dieser ihn, „ich habe mich noch gar nicht bei Ihnen dafür bedankt, dass Sie so lange die Papiere meines verstorbenen Bruders aufbewahrt haben.“
„Der Dank gebührt eigentlich meinem Vater“, gab Nicholas zurück. „Aber wollen wir uns nicht in Ruhe ein wenig unterhalten? Ich würde Sie gern auf ein Glas Wein in meinen Club einladen.“
Mathew sah ein wenig erschrocken drein. „Sehr freundlich“, sagte er dann, „aber ich bin unterwegs zu einer Verabredung.“
„Es wird nicht lange dauern.“ Nicholas legte fest die Hand auf Vespians Arm. „Kommen Sie!“
Ihm blieb keine Wahl. Und so fand er sich wenig später in einem der Hinterzimmer von White’s wieder, das um diese Tageszeit verlassen dalag. „Ich weiß wirklich nicht, was es so Wichtiges zu besprechen geben könnte“, erklärte er verunsichert und vorwurfsvoll zugleich. „Auch möchte ich Ihnen deutlich sagen, dass Ihr Benehmen mir nicht gefällt.“
„Ja, ja, mein Benehmen lässt zu wünschen übrig“, spottete Nicholas und bestellte trotz der frühen Stunde nicht Wein, sondern Brandy. Auch wenn Serenas Onkel jetzt abwehrend den Kopf schüttelte, würde er wohl bald einen kräftigen Schluck brauchen.
„Ich will es kurz machen und offen zu Ihnen sein, Lord Vespian. Ihre Nichte ist eine reiche junge Dame. Und wenn ich richtig informiert bin, müssen Sie, um Lady Serena diesen Wohlstand zu ermöglichen, Geld aus Ihrem Landbesitz ziehen.“
Abwehrend verschränkte Mathew die Arme vor der Brust.
„Weiterhin gehe ich davon aus“, fuhr Nicholas ungerührt fort, „dass Sie Lady Serena beerben würden, wenn ihr etwas zustoßen sollte.“
„Nun, ich bin ihr nächster Verwandter. Aber was geht Sie das an?“
„Es hat zwei Anschläge auf das Leben der jungen Dame gegeben. Um herauszufinden, wer dahintersteckt, muss man natürlich wissen, wer von ihrem Tod den größten Vorteil hat.“
„ Zwei Anschläge?“, rief Vespian unbedacht aus.
Nicholas runzelte die Stirn. War es denkbar, dass die erste Kugel tatsächlich aus dem Gewehr eines Wilderers abgefeuert worden war? „Sie hielt sich noch nicht lange in England auf, als jemand auf sie schoss und sie nur um Haaresbreite verfehlte. Einige Zeit später wurde die Kutsche, in der sie nach London unterwegs war, von zwei Straßenräubern überfallen. Auch dabei kam Lady Serena zum Glück nicht zu Schaden. Doch ich möchte sicher sein, dass sie nicht mit einem dritten Anschlag rechnen muss.“
Mit zitternder Hand füllte der Earl sein Glas. „Auf dem Weg nach London kommt es immer wieder zu Überfällen durch Straßenräuber“, stellte er fest. „Meine Nichte wird wohl einfach Pech gehabt haben.“
„Durchaus nicht. Diesen Straßenräubern ging es nämlich nicht in erster Linie um Geld oder Schmuck. Sie wollten Lady Serena ermorden.“
„Woher wollen Sie das wissen, Mr. Lytton?“
„Ich war dabei.“
„Heißt das, dass Sie zusammen mit meiner Nichte gereist sind? Allein mit meiner Nichte?“ Plötzlich sah er sehr entrüstet drein.
Nicholas’ Augen blitzten zornig auf. „Von meiner Seite drohte der jungen Dame zu keiner Zeit irgendeine Gefahr. Sie hingegen haben zweimal versucht, sie umbringen zu lassen.“
Mathews Schultern sanken nach vorn. „Das stimmt nicht“, sagte er leise. „Ich war dumm genug, einem Schurken etwas Geld gegeben …“ Er unterbrach sich und schüttelte fassungslos den Kopf. Damals hatte er gar nicht in Erwägung gezogen, dass man ihm vorwerfen könne, einen Mordauftrag erteilt zu haben. „Aber“, fuhr er mit festerer Stimme fort, „es war nur das eine Mal. Und ich bedaure mein Tun zutiefst.“
Ungeduldig wartete Nicholas darauf, dass Serenas Onkel fortfahren würde. Doch der wischte sich
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