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Ein Freund der Erde

Ein Freund der Erde

Titel: Ein Freund der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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dazu verurteilt, Schadenersatz in Höhe von achthundertfünfundsiebzigtausend Dollar zu leisten, für die Zerstörung von Fahrzeugen und Maschinen, ganz zu schweigen von dem angeknacksten Strommast, der vollständig ersetzt werden mußte. Noch nannte ihn die Presse nicht eine »Hyäne« – das würde später folgen –, aber kein Reporter erhob die Stimme zu seinen Gunsten, nicht einmal Chris Mattingly, der in einem Artikel Sabotageakte jeder Art schlichtweg als Anarchie brandmarkte. Newsweek brachte ein Feature über ÖkoSabotage, mit den üblichen Diagrammen, einer faszinierenden Übersicht der verwendeten Techniken, vom Spicken der Bäume mit Stahlnägeln bis zu Brandsätzen auf Bürogebäude, und Tierwaters Foto, mit Strickmütze und geschwärztem Gesicht, prangte in einem kleinen Kasten auf dem Titelblatt. Und die braven, ehrlichen, gesetzestreuen, imagebewußten Heuchler von Earth Forever! überschlugen sich geradezu dabei, jede Beteiligung abzustreiten. Deshalb mußte sich auch Fred verabschieden. »Es würde einfach nicht richtig aussehen«, sagte er. »Das verstehst du hoffentlich.«
    Na schön, also war Fred ein Feigling, genau wie die anderen. Immerhin war er am ersten Tag da, um Tierwater auf Kaution herauszuholen und, zusammen mit Andrea, eine kreative Umstrukturierung des Tierwaterschen Besitzes vorzunehmen, sowohl der Immobilienwerte wie der Investmentfonds, in die die Einnahmen aus dem Verkauf des Einkaufszentrums geflossen waren. Die Sache war die: Fred hatte das Urteil vorausgesehen und Vorkehrungen getroffen, daß Tierwaters gesamtes Vermögen dem E.F.!-Treuhandfonds überschrieben wurde, wobei seine Frau zeichnungs- und verfügungsberechtigt war. »Bevor das Gericht alles bekommt«, argumentierte er, während er in dem gemieteten Haus in Tarzana auf dem Wohnzimmerteppich auf und ab ging. Draußen quakten die Frösche, und die Vögel sangen selbstvergessen in den Bäumen, die Tierwater nun längere Zeit nicht mehr sehen würde. »Oder General Electric. Du wirst doch nicht wollen, daß die alles kriegen, was du hast, oder?«
    Tierwater stand unter Schock. Er klemmte in seiner angeschmuddelten Halskrause und beugte sich beim Unterschreiben ungelenk vor. Und Andrea reichte, wie besprochen, die Scheidung ein. »Ja, ich bin echt sauer«, sagte sie, »klar bin ich das, du hast mich enttäuscht und verletzt – und ich kann dir kaum sagen, welchen Schaden du angerichtet hast, Ty, nicht nur für mich und Sierra, für die gesamte Organisation. Du hast so verflucht gedankenlos und dumm gehandelt, daß ich es gar nicht glauben kann« – ein Schatten huschte auf schnellen Schwingen am Fenster vorbei, Sierra saß bleich auf der Couch, die Knie bis ans Kinn gezogen, Fred stand neben ihr –, »aber ich lasse dich nicht im Stich, obwohl mir das niemand vorwerfen würde. Es ist nur ein Manöver, verstehst du? Wir schaffen dein Vermögen beiseite und hoffen, daß die andere Seite nicht herausfindet, daß du mehr als einen Schrank voll altem Campingzeug, einen zerbeulten Jeep und ein gemietetes Haus besitzt. Wenn du nichts hast, was können sie dir wegnehmen?«
    (Ansprachen. Ich hatte eine nach der anderen gehört, jede so praktisch und so vernünftig, aber insgesamt lief es darauf hinaus, daß Ty Tierwater ausgenommen wurde, ein für allemal, die schwer verdienten Dollars meines Vaters landeten im Trichter und verschwanden im geldgierigen Schlund von Earth Forever!, den Rettern des Planeten mit Eintrag im Handelsregister: Demos de luxe, da-da-da! Andrea und ich haben nie wieder geheiratet, obwohl sie für mich da war, als ich rauskam, zumindest nominell. Klinge ich verbittert? Bin ich auch. Oder ich war es. Aber das ist jetzt alles eigentlich nicht mehr wichtig.)
    Also stieg Tierwater, offiziell besitzlos, die Fußknöchel in Ketten, die Arme in Handschellen, in den Bus zum Staatsgefängnis in Vacaville, ein großes, abstoßendes Fabrikgebäude in den gelben Hügeln im Norden Kaliforniens. Was ließ sich darüber sagen? Es war kein Ferienlager, das stand fest. Keine Tennisplätze, keine Spaziergänge auf dem Hof, keine Zimmer. Hier dominierte der Zellenblock. Ein Knast für den anspruchsvollen Verbrecher, Amateure bitte draußen bleiben. Die Zelle enthielt ein Metallrohrbett, ein stählernes, deckelloses Klo, zwei Metalltheken mit ausklappbaren Hockern, ein Waschbecken, eine einsame Glühbirne an der Decke und, an die Wand geschraubt, ein poliertes Stahlblech als Spiegel. Die Wärter ließen sich nicht gerne

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