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Ein Freund der Erde

Ein Freund der Erde

Titel: Ein Freund der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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über die Burmesen – »Kriegen sie nicht sechsunddreißig Cents pro Tag, zumindest die, die Glück haben?« –, aber die sind ihm ebenso fremd wie die Kopfjäger im Tal von Rajang, und so bringt er nicht mehr zustande als ein »Na, dann viel Spaß«, das er in den Ärmel seines schwarzen Sweatshirts knurrt. Schon bückt er sich nach dem nächsten Sack, preßt ihn gegen die Brust und steht aus der Hocke auf wie ein Gewichtheber. Hie und da dringt ein Keuchen aus der Dunkelheit und das dünne Sirren der ersten neugierigen Moskitos.
    Neben dem Beton liegen noch zwei Schaufeln und eine Spitzhacke im Gebüsch versteckt. Wortlos packt er die Hacke, und als er die Hände um den glatten Eichenholzschaft schließt, das Werkzeug über den Kopf hebt und dann in die nachgiebige Haut der Straße treibt, fühlt er sich sofort besser. Allein daß der Beton und die Geräte überhaupt hier sind, ist Grund zur Freude – sie haben Verbündete, Mitstreiter, Wasserträger, Fußsoldaten –, und er läßt sich von diesem Wissen besänftigen, seine Schultern arbeiten, der Atem kommt in gepreßten Stößen. Die Nacht ballt sich zusammen. Die Spitzhacke hebt und senkt sich. Er könnte irgendwo sein, ein Petunienbeet, einen Kartoffelkeller oder ein Grab ausheben, und gerade als er sich fragt, ob es sich um ein Entkörperungserlebnis handeln kann, ergreift Andrea seinen ausholenden Arm. »Das ist genug, Ty«, flüstert sie.
    Als nächstes das Schaufeln. Er und Teo wechseln sich dabei ab, die aufgelockerte Erde aus dem Graben in die Büsche zu schaufeln, und bald haben sie eine Furche geschaffen, die knapp einen halben Meter tief, sechzig Zentimeter breit und fast vier Meter lang ist, eine saubere schwarze Linie, die sich im rosigen Schein von Andreas Taschenlampe quer über die schmalste Stelle der Straße zieht. Nach gängigen Maßstäben ist es keine besonders großartige Straße, aber immerhin wurde sie vermessen, gerodet, geschottert und planiert, und sie bringt die Schwermaschinen zu den Bäumen. Keine Frage – das Holzfällen muß gestoppt, eine Grenze gezogen werden. Und zwar hier. Genau hier. Den Platz haben unsere Freunde aus der Gegend gut gewählt , denkt er, auf seine Schaufel gestützt, und starrt in die Nacht empor, wo sich rechts und links zwei dunkle Festungen aus Fels, jetzt nur als Ausblendungen des Sternenhimmels sichtbar, über der Straße auftürmen: wenn man hier eine Blockade schuf, gab es keine Ausweichmöglichkeit.
    Sie sind müde, alle vier. Erschöpft, zerschlagen, zombifiziert. Obwohl sie den Nachmittag hindurch im Rest Ye May Motel verdöst und aus gezuckerten Doughnuts und wieder aufgewärmtem Kaffee vom Schnellimbiß Energie getankt haben, fordern der Marsch, die ungewohnte Schwerarbeit und die späte Stunde allmählich ihren Tribut. Andrea und Teo sind irgendwo im Gebüsch und streiten wegen irgend etwas in knappen, explosiven Atemstößen, die die Luft treffen, als wäre sie ein Körper. Sierra, die sonst zu allem eine Meinung hat, ist ungewohnt still, ein Schatten, der auf einem Stein am Wegesrand hockt – sicher will sie die Welt retten, aber nicht um diese Uhrzeit. Er kann es ihr kaum verdenken. Auch er ist ausgelaugt, spürt es in den Beinen, in den Schultern und dem heiklen Knie, und wenn er etwas anderes als den Sternenhimmel ansieht, wuseln chaotische Pünktchen und Flecken durch sein Gesichtsfeld wie zuckende Pantoffeltierchen unter dem Mikroskop. Aber sie sind noch nicht fertig. Jetzt noch das Wasser. Auch hier haben ihre Kampfgefährten eine gute Wahl getroffen: Augen zu und Ohren auf! Richtig. Das Geräusch, das er seit längerem hört, ist nicht das Brausen einer Fernstraße oder das Knistern einer verstaubten Plattenspielernadel – es ist Wasser, das gedämpfte Gurgeln eines Baches, der keine zwanzig Meter die Straße hinauf in einem Rohr verschwindet. Dazu sind die Eimer da – um das Wasser zum Graben zu schleppen und den Beton anzumischen. Sie sind beinahe am Ziel.
    Aber noch nicht ganz. Es scheinen Unklarheiten wegen des Betons zu bestehen, über den Anteil des beizufügenden Wassers, und hat eigentlich irgendwer von ihnen – einschließlich ihm selbst, dem Sohn eines Baumeisters und seit neununddreißig Jahren auf der Welt – schon mit Beton gearbeitet? Hat einer von ihnen je eine Mauer gebaut, einen Plattenweg gelegt, Ziegel geschichtet? Teo hat mal zwei mexikanischen Arbeitern dabei zugesehen, wie sie die Liegefläche rings um den Pool eines Eigenheims anlegten, aber da war er noch

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