Ein frivoler Plan
auf einen Ellenbogen, damit er sie ansehen konnte, während er sprach. „Ich glaube, man könnte sagen, das mit den Schiffen war ein notwendiger Traum. Ich bin der dritte von drei Söhnen. Du kennst diese Geschichte bestimmt: Der Älteste bekommt den Titel, der zweite das militärische Kommando, der dritte wird Priester oder was er sonst tun mag. Nun, schon in jungen Jahren war es offensichtlich, dass ich für den Klerus nicht geeignet war – was etwas damit zu tun hatte, dass man mich mit der Tochter des Dorfschmieds erwischte – da war ich zwölf.“
„Nein!“, rief Julia in gespielter Entrüstung.
„Zu meiner Verteidigung muss ich erwähnen, dass immerhin die Hoffnung bestand, ich könnte Missionar werden. Ich reiste gern. Die meisten meiner Schultage verbrachte ich damit, Atlanten und Geografie zu studieren.“ Paine zog das Laken zurück, mit dem Julia zugedeckt war, und zeichnete mit einem Finger einen Kreis um ihre Brust. Ich glaube, wenn meine Lehrer mir erzählt hätten, dass die meisten Menschen auf der Welt mit nacktem Oberkörper herumlaufen, dann hätte ich diesen Weg sogar gewählt“, sagte er mit verführerischer Stimme.
„Du wärst ein schrecklicher Missionar geworden“, erwiderte Julia lachend.
„Oder ein sehr überzeugender“, flüsterte Paine und strich mit dem Finger bis hinunter zu ihrem Bauch, sodass es kitzelte. „Hast du jemals das Hohelied des Salomon gelesen?“
Julia schlug ihm leicht auf die Hand. „Hör auf damit! Du kommst schon wieder vom Thema ab. Du bist also nach Indien gegangen und ein Schiffer geworden?“
„Hmm.“ Er verlor das Interesse an der Geschichte. Julias Körper war weitaus fesselnder. Er konnte sich nicht erinnern, wann ihn das letzte Mal etwas so fasziniert hatte. „In aller Kürze – ich habe zehn Jahre lang ein Exportgeschäft geleitet. Ich habe Indien kreuz und quer bereist auf der Suche nach Seltenheiten. Einmal ging ich sogar nach China. Ich wäre auch nach Burma gegangen, wenn wegen des Krieges 1824 nicht die Grenze geschlossen worden wäre. Aber als ich zurückkam, verkaufte ich das Geschäft und brachte den Gewinn zur Bank.“
„Was brachte dich dazu, zurückzukommen?“
„Ich weiß es nicht. Es schien einfach an der Zeit zu sein. Mir wurde Folgendes klar: Wenn ich in der Lage war, ein Geschäft aufzubauen und mich allein durchzuschlagen, dann könnte ich auch mit allem fertig werden, was sich aus dem Duell mit Oswalt an Schwierigkeiten ergab – falls es überhaupt welche geben würde. Gewöhnlich ist die Polizei zu sehr mit richtigen Verbrechen beschäftigt, um sich mit Streitfällen abzugeben, bei denen es nur um die Ehre geht.“
Julia öffnete den Mund, um noch eine weitere Frage zu stellen, doch Paine legte ihr einen Finger auf den Mund. „Das sind genug Fragen über mich, meine Liebe. Je weniger du über mich weißt, desto besser.“ Ein Teil von ihm fürchtete, Julia würde herausfinden, welche Art von Leben er geführt hatte, um das Wissen zu erwerben, über das er verfügte, und dann wäre sie abgestoßen von dem Mann, mit dem sie sich zusammengetan hatte. „Ich habe eine bessere Idee. Wir spielen um Pfänder. Jeder kann eine Frage stellen, und der andere kann entscheiden, ob er die Frage beantworten will oder stattdessen ein Pfand zahlt“, schlug Paine vor. „Da du deine Fragen schon gestellt hast, fange ich an. Wie kommt es, dass du bei deiner Tante und deinem Onkel lebst?“ Das war zugegebenermaßen eine sehr persönliche Frage, aber Paine stellte fest, dass er alles über sie wissen wollte, und zwar nicht, weil er so viel für jemanden riskierte, über den er so wenig wusste. Er wollte einfach alles wissen über die köstliche Julia Prentiss.
„Das ist eine einfache Frage, daher werde ich sie beantworten“, sagte Julia und rollte sich auf den Rücken. „Als ich klein war, kamen meine Eltern bei einem Bootsunglück ums Leben. Seit ich fünf war, lebte ich bei der Familie meines Vaters.“ Sie sah ihn an, und ihr Blick war ernst. „Du kennst sie nicht, es sind einfache, liebenswerte Menschen. Was immer sie getan haben, wie immer diese Sache mit Oswalt sich entwickeln wird – ich möchte, dass du das weißt. Was mein Onkel mit Oswalt zu tun versuchte, ist abscheulich, aber er ist nicht sehr praktisch veranlagt. Die Welt geht nicht immer sehr rücksichtsvoll um mit Männern wie ihm, Philosophen, die ihre Theorien und Ideologien mehr lieben als die Realitäten des Lebens.
„Du musst sie nicht verteidigen, Julia.
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