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Ein froehliches Begraebnis

Ein froehliches Begraebnis

Titel: Ein froehliches Begraebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ljudmila Ulitzkaja
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günstigen Preisen und der frischen Ware.
    »Hör mal, das ist ja wie im Märchen!« Valentina war begeistert, und Alik freute sich, daß er jemanden gefunden hatte, den das alles genauso berauschte wie ihn.
    »Hab ich dir doch gesagt.« Er zog sie in ein Lokal, einen Whiskey trinken, denn bei solchem Frost mußte man einfach etwas trinken. Auch hier wurde er natürlich vom Wirt begrüßt.
    »Mein Freund. Hier, guck mal.« Alik tippte mit dem Finger an die Wand, wo zwischen Kupferstichen mit Jachten und Schiffen und Fotografien von Menschen, die Valentina nicht kannte, ein kleines Bild hing, das zwei unscheinbare Fische zeigte, einen rötlichen mit einer stachligen, abstehenden Schwimmflosse und einen grauen, heringsartigen.
    »Für dieses Bild, hat Robert mir versprochen, krieg ich bei ihm mein ganzes Leben umsonst was zu trinken.«
    Tatsächlich brachte der glatzköpfige, rotgesichtige Wirt ihnen schon zwei Whiskey. Das Lokal war voll – Seeleute, Hafenarbeiter und Händler.
    Es war ein Ort für Männer, weit und breit keine einzige Frau; die Männer tranken konzentriert und aßen Fischsuppe oder irgendeine Kleinigkeit. Sie kamen nicht zum Essen her, sondern zum Trinken und Ausruhen. Und bei solchem Wetter natürlich auch zum Aufwärmen. Die Menschen hier waren ja Frost nicht gewöhnt, und sie verstanden auch nicht, was jeder weiß, der aus nördlicheren Breiten stammt: daß es nichts nützte, wenn sie eine Pelzjacke über ein dünnes Hemd zogen, sich mit zwei Paar synthetischen Socken in ihre Gummistiefel zwängten und sich ein Basecap auf den Kopf stülpten.
    »Na los, beeil dich, sonst versäumst du noch das Interessanteste«, trieb Alik Valentina plötzlich an.
    Sie gingen hinaus. In der halben Stunde, während sie in dem Lokal saßen, hatte sich alles verändert und veränderte sich vor ihren Augen im Trickfilmtempo weiter. Die Verkaufstische wurden saubergemacht und verschwanden spurlos, die Tore der Lagerhallen schlossen sich und wurden wieder zu undurchdringlichen Mauern, es verschwanden die Tonnen mit dem fröhlichen Feuer; vom Kai her näherte sich eine Garde mit Schläuchen bewaffneter kräftiger junger Männer, die alle Fischabfälle von der Erde spülte, und nach einer weiteren Viertelstunde waren Alik und Valentina beinah allein auf der ganzen Landzunge, dem südlichsten Punkt von Manhattan, und das ganze nächtliche Spektakel schien nur ein Traum oder ein Trugbild gewesen zu sein.
    »So, und nun gehen wir noch was trinken.« Alik führte sie in ein Lokal, in dem auch niemand mehr war; die Tische glänzten sauber, der Fußboden wurde gerade von einem jungen Burschen blankgewischt. Auch er nickte Alik zu – es war der Sohn des Wirts.
    »Das ist noch immer nicht alles. Gleich erlebst du den letzten Akt. In einer Viertelstunde.«
    Nach einer Viertelstunde spuckte die Subway-Station eine bunte Menge eleganter Männer und gutfrisierter Frauen aus, angetan mit den besten Schuhen, den schicksten Anzügen und Kostümen und den Parfüms der Saison.
    »Heiliger Strohsack, wo wollen die denn hin, auf einen Empfang?« staunte Valentina.
    »Das sind Angestellte der Wall Street. Viele von denen wohnen in Hoboken, das ist auch ein amüsanter Ort, zeig ich dir irgendwann mal. Diese Leute sind nicht die reichsten, zwischen sechzig – und hunderttausend im Jahr. Clerks. Weißkragen. Die schlimmsten Sklavenseelen. . .«
    Sie gingen zur Subway, denn Valentina mußte zur Arbeit. Sie drehte sich noch einmal um. Wo der Fischmarkt gewesen war, hing nur noch leichter Fischgeruch in der Luft, und auch der war kaum wahrzunehmen.
    Außer dem Fischmarkt gab es noch den Fleischmarkt und den Blumenmarkt, auf dem man sich zwischen Pflanztöpfen mit Bäumen verirren konnte. Der Blumenmarkt begann schon in der Nacht, war aber auch tagsüber geöffnet.
    Vor dem Fleischmarkt trafen sie einmal einen Mann mit rötlichem Haar, der Valentina irgendwie bekannt vorkam. Alik wechselte mit ihm ein paar Worte, dann gingen sie weiter.
    »Wer war das?«
    »Hast du ihn nicht erkannt? Brodsky. Er wohnt hier in der Nähe.«
    »Der lebendige Brodsky?« staunte Valentina.
    Er war in der Tat durchaus lebendig.
    Dann gab es noch den Nachttanzclub, in den ein besonderes Publikum ging, ältere reiche Damen und greise Herren, nach Naphthalin riechende Liebhaber von Tango, Foxtrott, Boston-Walzer. . .
    Manchmal gingen Alik und Valentina nur spazieren, aber eines Tages küßten sie sich zufällig, und fortan gingen sie kaum noch spazieren. Alik pfiff auf

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