Ein ganz schoen starker Plan
ich noch wartete, ließ ich meine Gedanken treiben. In den letzten Tagen hatte ich nicht sehr viel Zeit für ruhige, nachdenkliche Augenblicke gehabt. Am liebsten hätte ich mir etwas Schönes vorgestellt, einen Tag im Vergnügungspark mit Papa und Ida, oder einen Besuch im Kino oder im technischen Museum. Aber nichts da, mein Kopf wollte an den Drachen denken. An meine Großmutter, die bald ihren Geburtstag feiern wollte und feststellen würde, dass man in einer Wohnung voller Darmviren nicht so leicht ein Fest abhalten kann. Einen Jungen mit schwerer Magengrippe darf man zudem nicht vor die Tür setzen.
Es war wirklich ein ganz schön starker Plan.
Trotzdem kam mir noch immer irgendetwas falsch vor.
Sogar Hexen hatten ein Geburtstagsfest verdient. Und wenn Oma je herausfand, dass der Superdurchfall eine Fälschung gewesen war, würde sie mich für den Rest ihres Lebens ganz bestimmt hassen.
Ich hatte viel Zeit damit zugebracht, alles zu besorgen. Hatte fast alles Geld ausgegeben. Ich saß mit einer stinkendenHundetüte auf dem Klo. Mein eines Auge war geschwollen. Ich hatte einen breiten braunen Streifen in der Hose. Meine Haut war bleicher als weiß. Die Kotzemischung lag in meinem Zimmer. Ich brauchte sie nur über dem Bett auszugießen. Die Schokoladensoße ließ sich zu heißer Durchfallreserve aufkochen.
Auf dem Gang hörte ich jetzt, wie der Drache die Tür aufschloss. Sie stellte etwas auf den Boden, zog die Tür hinter sich zu und atmete schwer. Würde ich Papa noch einen Tag oder zwei weglügen können? Was, wenn ich stattdessen verlangte, dass sie aufhören sollte, Ida und mich herumzukommandieren? Ihr klarmachte, dass ich kein kleiner Rotzbengel mehr war?
Schwer zu sagen, wie viele Geburtstage sie in ihrem Alter noch vor sich hatte. Mein Gewissen versteckte sich zwar manchmal sehr gut, aber ich hatte eben doch eines. Vielleicht wollte der Drache auch nicht immer Drache sein?
Ich verließ das Badezimmer. In der Hand hatte ich die Tüte mit der Durchfallmischung. Die musste ich sofort wegwerfen. Ich hatte einen Entschluss gefällt. Der Drache sollte seinen Geburtstag haben. Ich war zu weit gegangen.
»Wie gut, dass du schon wach bist«, sagte der Drache zuckersüß. »Bin ich nicht fein?« Sie strich über ihr weißes Kleid, in dem sie gar nicht aussah wie sie selbst.
»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag«, sagte ich.
»Danke, danke. Jetzt zieh dich an. Wir müssen mit dem Kochen anfangen.«
Ich lief eilig zum Mülleimer, bevor der Drache fragte, was ich in der Hand hatte. Meine Forderungen würde ich später stellen. Aber als ich in die Küche rennen wollte, stand dader Staubsauger. Den Ida nicht mehr weggeräumt hatte. Um den ich mich hatte kümmern wollen. Und ich stolperte über den Staubsaugerschlauch. Ich verlor das Gleichgewicht und musste mich mit beiden Händen abstützen. Das Pech dabei war, dass ich die Durchfallmischung loslassen musste. Ich sah nicht, wie sie durch die Luft schwebte. Ich hatte mehr als genug damit zu tun, Knochenbrüche zu vermeiden. Aber ich hörte, was passierte.
Zuerst gab es ein gewaltiges »Splosch«. Es hörte sich an, als würde ein Wasserballon sein Ziel treffen. Dann folgte ein Schrei, der Gläser vibrieren, Nachbarn aufwachen und Gehörgänge brennen ließ.
Ich lag auf dem Boden. Unverletzt. Ich hätte gern für den Rest des Tages den Boden angestarrt. Die Angst vor dem Anblick, der sich mir bieten würde, wenn ich den Blick hob, fühlte sich in meinem Magen wie Zement an.
»Håkon!«, fauchte der Drache.
Ich schaute hoch. Wenn ich gezielt und Superglück gehabt hätte, hätte ich nicht besser treffen können. Sie war im Gesicht braun wie ein Bär und das einstmals weiße Kleid war gefleckt wie ein Dalmatiner. Mitten in dem verdreckten Gesicht klaffte ein offener Mund. Tausend Entschuldigungen waren keine Hilfe und es gab keine Erklärung auf der ganzen Welt, die die kommende Katastrophe würde verhindern können.
»Äh …« Das war das Einzige, was aus meinem Mund kam. Ein blödes kurzes »Äh«, das nichts helfen konnte. Natürlich waren die Wörter noch nicht erfunden, die den Drachen glauben machen würden, dass ich die Tüte in den Müll hatte schmeißen wollen. Aber ich hatte mich doch anders entschieden. Und auf jeden Fall sollte Großmutter nicht damit gedüngt werden, bis sie aussah wie ein Schlammringer. Ich hatte auch nicht mehr den Kranken spielen wollen. Meine Großmutter sollte ihren Geburtstag feiern dürfen.
»Äh …«
Ich
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