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Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Titel: Ein Garten mit Elbblick (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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gehörte eine Frau von etwa fünfundvierzig Jahren, ihr nussbraunes Haar war zu einem schmucklosen Dutt zusammengedreht und begann grau zu werden. Ihre Bluse leuchtete in einem verwegenen Violett. Obwohl sie klein und dünn war, gehörte sie zu den Menschen, die man nicht übersieht.
    «Sie sind hier der Chef? Ich komm wegen dem Toten am Meßbergbrunnen.»
    «Das hat der Wachtmeister schon gesagt.» Ekhoff stand auf und reichte ihr die Hand. «Woher wissen Sie, dass auf dem Meßbergmarkt ein Toter gefunden worden ist?»
    «Das weiß längst jeder in der Stadt. Die Straßenbahn konnte stundenlang nicht durch, gerade zu der Zeit, wo alle zur Arbeit müssen. Das spricht sich rum bis zur Endstation, und man weiß doch, was vor der Tür passiert.»
    «Sie wohnen also in der Nähe vom Meßberg, Frau …?»
    «Margret Kampe. Ich wohn am Hüxter, das ist das Stück Straße zwischen der Alten Gröninger und der Brauerstraße, ’ne Gasse, wenn man’s genau nimmt, das wissen Sie sicher.»
    «Ja, das weiß ich.» Ekhoff spürte ein leichtes Jucken im Nacken direkt unter dem Haaransatz, ein Zeichen für beginnende Ungeduld. «Was wollen Sie fragen? Und – vielleicht – aussagen?»
    «Ich will wissen, wer der Tote ist, wenigstens wie er aussieht, mir fehlt nämlich einer. Kein Toter natürlich, damit hab ich nichts zu tun. Mir fehlt ein Gast. In meiner Pension», rief sie, als Ekhoff nur fragend eine Braue hob, obwohl sein Herz schon rascher schlug, «mir gehört die Pension Chicago im Hüxter 8.»
    Ekhoff kannte die inneren Bezirke wie seine Hosentasche – soweit das bei einer so großen Stadt möglich war. In den Altstadtbezirken, die immer noch nach den Hauptkirchen bezeichnet wurden, gab es Quartiere aus alten verwinkelten Gassen und Gängen. Wer sich dort nicht auskannte, musste sie als unheimliches Labyrinth empfinden. Hüxter war keine reiche, aber eine ordentliche Gasse. In seinen ersten Jahren als Polizist war Ekhoff auch dort patrouilliert, er kannte jede Ecke. An eine Pension Chicago erinnerte er sich nur vage. Es gab viele Hotels und Pensionen in der Stadt, etliche bestanden nur kurze Zeit, andere wurden umbenannt – es war ein unsicheres Geschäft.
    Mr. Haggelow sei gestern noch spätabends ausgegangen, erklärte Frau Kampe, die Nacht sei so schön, habe er gesagt, er wolle nur ein paar Schritte gehen. Das habe sie gewundert, kein Mensch, der halbwegs bei Sinnen sei, gehe spätnachts ohne dringenden Grund vor die Tür, nicht in so einer großen Stadt, so nah am Hafen und schon gar nicht allein. Sie habe noch daran gedacht, ihn zu warnen, aber der Mann sah nicht nach einem Dummkopf vom Land aus, da mische man sich nicht ein.
    «Er ging also weg – wie spät war es da?»
    «Viertel vor elf. Ich hab noch gesagt: Um diese Zeit, Mr. Haggelow, um diese Zeit. Unter uns: Ich hab gedacht, der sucht ein Mädchen.»
    «So heißt Ihr Gast also, Mr. Haggelow. Und seitdem ist er nicht mehr zurückgekommen?»
    «Das weiß ich nicht genau. Ich arbeite von Sonnenaufgang an, abends bin ich hundemüde. Darum hab ich dem Herrn gezeigt, wo der Schlüssel für die Nacht liegt, damit er wieder reinkann, ohne zu klopfen. Das mach ich nur bei absolut zuverlässigen Herren.»
    «Womöglich hat er bei Freunden übernachtet», gab Henningsen zu bedenken, «und heute am Tag noch Geschäfte zu erledigen. Dann kommt er am Nachmittag zurück.»
    «Genau», übernahm Ekhoff wieder. «Ich wundere mich, Frau Kampe, dass Sie einen Gast, dessen Gewohnheiten Sie nicht kennen, schon vermisst melden. Fehlt sein Gepäck, und Sie fürchten, Sie sind auf einen Zechpreller hereingefallen? Oder gibt es einen anderen Grund zur Sorge? Immerhin könnte es Ihrem Gast unangenehm sein, wenn seine Wirtin gleich zur Polizei läuft und die sich dann für seine Wege und Unternehmungen interessieren muss.»
    Margret Kampes Miene wurde trotzig. «Ich weiß, wie ich meine Pension zu führen hab, das müssen Sie mir nicht sagen. Ich komm hierher, weil ich mich um einen Gast sorge, der ist Ausländer und kennt sich sicher nicht gut aus, und Mr. Haggelow ist ein feiner Herr, dem muss gar nichts peinlich sein.»
    «Natürlich nicht. Ist er Brite?»
    «Glaub schon. Da muss ich ins Fremdenbuch gucken, Sie können auch auf dem Meldezettel nachsehen, der ist ganz nach Vorschrift bei der Polizei. Jedenfalls, als Mr. Haggelow heute nicht zum Tee aus seinem Zimmer kam, war ich in Sorge. Ich habe ihm nämlich morgens extra Tee gekocht, schwarzen indischen Tee, den hat er

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