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Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Titel: Ein Garten mit Elbblick (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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gerecht. Manche Leute fanden, Dräger gehöre schon zu lange zu den Vigilanz-Männern. Noch sagte es niemand laut.
    «Natürlich. Keiner wusste, wer gemeint sein konnte. Aber Sie kennen ihn und wussten, wo er zu finden war.»
    Dräger schüttelte den Kopf. «Der ist noch nicht lange da in der Gegend. Ich hab gehört, er hat vorher auf St. Pauli gewohnt. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Wenn es von Nutzen ist, finde ich das schnell raus.»
    «Später vielleicht», sagte Ekhoff. «Was hat er gestern Abend erzählt? In welcher Kneipe war das?»
    «Im Dicken Butt . In der Deichtorstraße. Scheint, er wohnt da jetzt auch. In der Straße, nicht in der Kneipe.»
    «Im Dicken Butt . Gut. Warum halten Sie ihn für den Mann, den wir suchen?»
    Ein Zucken in Drägers Schnauzbartenden ließ vermuten, darunter verberge sich womöglich ein triumphierendes Lächeln.
    «Immer das Gleiche», sagte er. «Angeberei. Zuerst hatte ich zwei anderen Gästen zugehört. Die sprachen über dies und das, nichts, was sich zu notieren lohnte. Und dann», er tastete nach der Uhrtasche seiner Weste, sie war leer, und er ließ die Hand sinken, «dann hat der am Tresen, der Weibert, einen Taschenchronometer aus der Jacke geholt, aus Gold, und er hat geprahlt, das ist seine Uhr aus besseren Zeiten, und nicht lange, dann wär’s wieder so, dann wär er wieder alle Tage in Schümanns Austernkeller und solches unsinnige Zeug mehr. Er wollte den Chronometer dem Wirt verkaufen oder für alte Schulden in Zahlung geben, das konnte ich nicht genau verstehen. Der Wirt wollte mit solchen Geschäften nichts zu tun haben, keiner hat geglaubt, dass dem Kerl so ein teures Stück je selbst gehört hat. Das sah ganz nach heißer Ware aus. Um es kurz zu machen, Herr Kommissar, ich muss ja wieder an meine Arbeit, ich habe vorgegeben, mich für die Uhr zu interessieren. Das war gegen unsere Vorschriften, wir dürfen nur zuhören und nicht auffallen. Aber ich hatte da so eine Vermutung und wollte sie mir nur mal ansehen. Der Wirt stand daneben und hat aufgepasst. Als könnt ich blitzschnell mit dem kostbaren Ding verschwinden. Dumme Idee. Ich hab fünf Enkel, ich bin nicht mehr schnell. Das sieht man doch. Schnelle Beine sind nicht alles, schneller Kopf, darauf kommt’s an. Pardon, ich wollte nicht belehren. Ja. Also: In die Uhr war ein Namenszug eingraviert, innen in den Deckel. Th. J. Winfield und Bristol .»
    Thomas Winfields Uhr. In der Tasche eines Trunkenboldes, der mit Messern umzugehen verstand. Der sich in den Kneipen und Kaschemmen beim Deichtor herumtrieb, keine fünf Minuten vom Meßberg. Konnte etwas besser passen?
    Knut Weibert, Trunkenbold und verlorene Seele, stank erbärmlich, als er aus der Arrestzelle in den Aufenthaltsraum der Wachtmeister geführt wurde, der den Kriminalpolizisten aus der oberen Etage zum Verhör überlassen worden war. Das einzig Erstaunliche an ihm war sein vollständiges Gebiss. Ansonsten entsprach er dem, was Ekhoff und Henningsen erwarteten. Er schien seit Tagen weder aus seinen Kleidern noch mit Waschwasser in Berührung gekommen zu sein, und es musste mit dem Teufel zugehen, wenn er nicht Heerscharen von Läusen und Flöhen spazieren trug. Weibert war dünn, umso teigiger und aufgeschwemmter wirkte sein Gesicht. Er schwitzte, in seinen Augen stand diese Mischung aus Trotz, Unterwürfigkeit und Verschlagenheit, die in Henningsen noch Mitleid, in Ekhoff längst Härte auslöste. Trotzdem bat er den jungen Polizisten aus der Wachstube um einen Krug Wasser für den Delinquenten, der Mann müsse durstig sein. Eine unerwartete Geste, Weibert guckte misstrauisch.
    Der Wachpolizist hatte eine Tüte auf den Tisch gelegt, darin befand sich, was in Weiberts Taschen gesteckt hatte. Ekhoff zog sie heran, warf einen flüchtigen Blick hinein und ließ sie vor sich auf dem Tisch liegen. Henningsens neugierigen Blick und die sich schon nach der Tüte streckende Hand ignorierte er. Also griff Henningsen nach seinem Bleistift und schlug eine neue Seite in seinem Notizheft auf.
    Die Geschichte, die Weibert nach einigem Hin und Her erzählte und beharrlich wiederholte, war so einfach wie unglaubwürdig. Man konnte auch sagen, sie war so dumm, dass sie nur wahr sein konnte. Weibert hatte die Uhr gefunden. Das war alles, und weil er gleich erkannt hatte, was für ein gutes Stück das war, hätte er sie gerne dem Besitzer zurückgebracht, aber leider, wo sollte er den finden?
    «Moment. Noch einmal von vorne. Sie haben die Uhr gefunden, das

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