Ein gefährlicher Gentleman
Geräusch von sich. Offenbar belustigte sie die Vorstellung, er könne über eine gewisse Ritterlichkeit verfügen. Er ignorierte sie.
»Macht es Euch etwas aus, wenn ich mich anschließe?«
»Wenn ich jetzt sage, es macht mir was aus, würde dich das daran hindern?«, fragte Elizabeth. Ihr Tonfall war hochmütig, aber in ihren Augen blitzte ein leises Lächeln.
Wenigstens freut sie sich, mich zu sehen. Das ist schon mal was, wenn ich auch nicht mehr haben kann. Wir sind uns stets des anderen bewusst. Wird sie das irgendwann bemerken?
» Mich daran hindern? Vermutlich nicht«, erwiderte er und grinste respektlos.
»Das ist genau das, was ich mir schon gedacht habe. Ich glaube, uns bleibt keine andere Wahl. Wollen wir?«
Lady Amelia hatte ihr Geplänkel amüsiert beobachtet. »Ich für meinen Teil bin froh über Eure Ankunft, Mr Hawthorne. Ich glaube nämlich, ich sehe meinen Gatten in unsere Richtung kommen. Er entwickelt langsam ein etwas gluckenhaftes Verhalten, aber ich vermute, das wird sich wieder legen, sobald er sich an die Situation gewöhnt hat. Ich möchte meinen Spaziergang lieber abkürzen. Elizabeth kann mit Euch weitergehen.«
Es stimmte, Alex St. James kam mit langen Schritten in ihre Richtung. »Lady Elizabeth, guten Tag. Hawthorne.«
Er trug keine Kopfbedeckung. Sein dunkles Haar und die ebenso dunklen Augen bildeten einen Kontrast zu der zarten, hellen Lady Amelia. Er nahm ihre Hand, berührte sie mit seinem Mund und verkündete: »Ich habe beschlossen, wir reisen nach Berkeley Hall. Die Landluft wird dir guttun.«
»Jetzt?« Die Lady wirkte verwirrt.
»Deine Zofe packt schon deine Sachen.« Er lächelte Miles und Elizabeth entschuldigend an. »Ich fürchte, ich werde sie Euch jetzt entführen müssen. Wenn Ihr uns bitte entschuldigt?«
Sie blickten ihm nach, wie er Amelia ohne Umschweife zu einem offenen Zweispänner führte.
Verblüfft drehte Miles sich zu Elizabeth um. »Welche Situation meint sie denn?«
»Ach bitte, Miles! Denk doch mal einen Moment nach.« Seine Cousine nahm nicht seinen dargebotenen Arm, aber sie ging wenigstens neben ihm her. »Warum sollte er sie denn Hals über Kopf aufs Land bringen, damit sie die frische Landluft genießen kann?«
Er ließ seinen Arm resigniert sinken und runzelte die Stirn. »Sie sind natürlich noch jung verheiratet.«
»Ganz genau.« Elizabeth blickte zu ihm auf. Ein Mundwinkel ging leicht nach oben.
Er war natürlich ein Mann, und der erste Gedanke, der ihm bei einer Vermählung in den Sinn kam, war nicht die Fortpflanzung, obwohl der Akt, der schließlich dazu führte, dass zwei Menschen sich fortpflanzten, seine Aufmerksamkeit durchaus fesseln konnte. Endlich begriff er, was sie meinte. »Ah, ich verstehe. Das ist gut für St. James.«
»Gut für ihn?« Sie gab einen Laut von sich, den er selbst beim besten Willen nur als entrüstetes Schnauben bezeichnen konnte. »Ich verstehe einfach nicht, warum er jetzt für die Empfängnis alle Lorbeeren einheimst.«
»Ich hoffe doch sehr, dass er diese Lorbeeren auch verdient. Sie ist schließlich seine Frau.«
»Du tust absichtlich so, als verstündest du mich nicht.«
»Weil ich mich sonst deiner spitzen Zunge aussetzen müsste. Und an der habe ich mich schon oft genug geschnitten, vielen Dank.«
»Miles.« Sie atmete aus. Es klang wie eine Mischung aus wütendem Schnauben und einem Lachen.
War es verkehrt, dass er es liebte, wie sie seinen Namen sagte? Besonders, wenn er so lange gestichelt hatte, bis sie in diesen ganz bestimmten Tonfall verfiel? Elizabeth war einfach nur begehrenswert, wenn sie wütend wurde. Eigentlich war sie immer begehrenswert.
Er hob seine Augenbrauen. »Ich bezweifle, dass wir dieses ungehörige Thema besprechen sollten.«
»Ich habe nie verstanden, wieso es so ungehörig sein soll, ein Baby zu bekommen.« Sie ließ ihren Schirm wirbeln, und sie runzelte die Stirn. Sie spazierten schweigend weiter. Dann bemerkte sie mit einer unbeirrbaren Logik: »Schließlich sind wir alle so in diese Welt gekommen.«
»Ach, so funktioniert das also«, murmelte er ironisch.
»Als ob du das nicht ganz genau wüsstest.« Ihr Blick ruhte anklagend auf ihm. »Man erzählt sich neuerdings, du seist auf diesem Gebiet ein Experte geworden.«
Sie klang bitter. Und da schwang noch etwas in ihrer Stimme mit, das ihm nicht vertraut war. Dabei hätte er schwören können, jede Nuance ihres Seins zu kennen. »Was soll das nun wieder heißen?«
»Dein«, sie suchte offenbar nach dem
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