Ein gefährlicher Gentleman
Tagebuch geschickt habt.«
»Gern geschehen.« Er verneigte sich leicht spöttisch, weil Spott seine einzige Möglichkeit war, mit ihren Worten – oder mit ihr – umzugehen. »Also, nachdem wir das erledigt haben, bin ich sicher, dass Morrow sich da drin über die Maßen nach Eurer Gesellschaft verzehrt. Ihr lasst ihn lieber nicht warten.«
»Seid Ihr eifersüchtig?« Eine geschwungene Augenbraue hob sich um eine Winzigkeit.
War er das? Vielleicht , gestand er sich im Stillen ein. Er hatte sicher kein Recht dazu, aber das Leben folgte ja nicht immer logischen Pfaden. »Ich glaube nicht an diese fruchtlose Emotion.«
»Aber Ihr klingt eifersüchtig.«
In ihm sträubte sich alles dagegen, dieses Gespräch zu führen. »Auch wenn ich unhöflich erscheinen mag, ich wollte gerade gehen, Lady Brewer.«
»Ihr wollt mich also nicht mehr Madge nennen?«
Ihr Lächeln war absichtlich so provozierend. Ein sanftes Heben dieser weichen, vollen Lippen. Ihre Augen wurden von langen, dichten Wimpern beschattet, und ihr üppiger Busen hob und senkte sich etwas atemlos, weil sie die Treppe hinabgeeilt war.
»Ihr verabscheut den Namen schließlich.« Er wusste, er sollte sich jetzt abwenden und so viele Meter wie möglich zwischen sich und sie bringen.
Jetzt geh schon, du verdammter Narr!
»Ich glaube, ich mag ihn. Wenn Ihr ihn verwendet.«
Der leise erotische Unterton, der in ihren Worten mitschwang, war vielleicht nicht beabsichtigt. Aber als er seinen Blick auf ihr Gesicht heftete, fragte er sich unwillkürlich, ob sie nicht mit Bedacht so sprach.
Sie machte einen entschiedenen Schritt auf ihn zu. »Ihr habt auch gesagt, Ihr würdet nicht glauben, dass ich die Art Frau bin, die einwilligen würde, Eure Mätresse zu werden.«
Sie war ihm jetzt zu nah. Sie war verführerisch, und ihr betörender Duft nach exotischen Gärten und verbotener Leidenschaft hüllte ihn ein. Er war abgelenkt, weshalb es einen Augenblick dauerte, ehe er ihre Worte verstand.
Das hatte er tatsächlich behauptet.
»Nun ja …« Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern, und sie blickte ihm direkt in die Augen. »Ich habe darüber nachgedacht, und ich denke, Ihr liegt damit falsch.«
Spiel mit dem Feuer war in diesem Fall eine zu lahme Bezeichnung.
Madeline blickte zu dem groß gewachsenen Mann auf, der starr neben ihr stand. Der mit Sternen gespickte, samtige Nachthimmel warf Schatten auf die feinen Züge seines Gesichts. Sein rätselhafter Blick ruhte auf ihr. Das dunkelblonde Haar kräuselte sich über seinem Hemdkragen. Es passte zu ihm, passte zu der Aura kaum gebändigter Wildheit, die unter seiner gelehrten Zivilisiertheit schlummerte. Beim Dinner war er grüblerisch gewesen, und es hatte ihm sichtbar an der Fähigkeit gemangelt, die gewohnt charmanten Nettigkeiten von sich zu geben. Sein Essen hatte er mit geradezu ungeduldiger Verärgerung verzehrt, und dem Wein hatte er ohne Zurückhaltung zugesprochen. Er schien aber eine Menge zu vertragen, denn im Moment wirkte er nicht im Geringsten angetrunken.
Er hatte sie während des Essens die ganze Zeit beobachtet. Sie hatte mit dem attraktiven, jungen Charles Morrow geflirtet, weil sie wissen wollte, wie Luke darauf reagierte, und sie bereute es keineswegs.
Einmal, als sich der Mann neben ihr etwas weiter zu ihr herüberbeugte als schicklich war, hatte sie sich unwillkürlich gefragt, ob Luke sich mit einer einzigen, fließenden Bewegung über den Tisch auf ihn stürzen würde. Diese Erkenntnis hatte sie zuerst überrascht. Aber dann fand sie sie recht faszinierend. Sein funkelnder Blick war bemerkenswert gewesen. Ihrem anständigen Leben fehlte es an Abenteuern, und jetzt suchte sie dieses Abenteuer. Wer wäre besser geeignet, sie auf so eine Reise mitzunehmen als Altea?
Als Morrow sie anzüglich angrinste, während Luke aus der Ferne stumm und mit einem mörderischen Blick in die Richtung ihres Tischnachbarn starrte, wusste sie, was sie zu tun hatte. Luke war ein Spieler – ganz London redete über seinen unglaublich leichtsinnigen Wetteinsatz. Vielleicht war sie für ihn nicht mehr als ein Spiel.
Er musste einfach eifersüchtig gewesen sein. Sie hatte es vorhin gespürt, und jetzt war sie sich absolut sicher. Er konnte kühl berechnend eine Partie gewinnen, bei der zwanzigtausend auf dem Spiel standen. Trotzdem konnte er sie nicht davon überzeugen, dass er nicht eifersüchtig war.
Wie … befriedigend. Ein Wissen, das ihr Macht verlieh.
»Madeline«, knurrte er. Seine Stimme klang
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