Ein gefährlicher Gentleman
Viscount Altea. Man kannte ihn vor allem wegen seiner flüchtigen, romantischen Verbindungen. Aber ihre Sorgen waren nicht so groß, dass sie sich diesen Schritt verkniff.
»Lady Brewer.« Die Duchess of Debonne, Gastgeberin dieses Balls, kam ihnen entgegen. Sie lächelte. Das dunkle Haar hatte sie zu einer komplizierten Frisur hochgesteckt, sie trug funkelnde Diamanten an den Handgelenken und um den Hals. Ein Diamantanhänger hatte die Größe eines Wachteleis und schmiegte sich in ihr üppiges Dekolleté. »Und Lord Altea. Wie schön, dass Ihr auch kommen konntet.«
»Euer Gnaden.« Luke beugte sich über die Hand der Duchess. Seine Bewegung war perfekt, und seine Vornehmheit wurde durch sein dezentes Lächeln unterstrichen. »Wir sind hoch erfreut, hier sein zu dürfen.«
Jetzt spricht er schon für mich, dachte Madeline. Es versetzte ihr einen Stich, aber zu ihrer Überraschung stellte sie fest, dass ihr Ärger sich mit Freude mischte. »Der Viscount war so freundlich, mich heute herzubegleiten.«
»Wenn es pure Freundlichkeit ist, was ich im Übrigen bezweifle, wäre sie sehr eigennützig.« Luke hob seine Brauen um eine Winzigkeit, wie um der Bemerkung die Schärfe zu nehmen. »Ihr seht heute Abend einfach bezaubernd aus, Bess. Die Debonne-Diamanten stehen Euch gut.«
Madeline entging die persönliche Anrede nicht. Sie musste dem Drang widerstehen, ihm einen anklagenden Blick zuzuwerfen. Die Duchess war älter als er, vermutlich in den frühen Vierzigern. Aber sie strahlte eine majestätische Schönheit aus, selbst nach vier Kindern hatte sie eine Figur, um die jede Frau sie beneidete.
Offensichtlich kannten sich die beiden ziemlich gut. Die Frage war, wie gut.
Das Kompliment entlockte der Duchess ein nachsichtiges Lächeln. »Ihr seid wie immer außergewöhnlich schick, Mylord.«
»Wie geht es George?«
Die Duchess winkte ab. »Es geht ihm gut. Er ist im Klub, nehme ich an. Ihr wisst ja, wie sehr er gesellschaftliche Ereignisse wie dieses verabscheut.«
»Sieht aus, als wäre es trotzdem ein überwältigender Erfolg. Die Einladungen waren vermutlich begehrt? Ich frage mich, ob ganz London gekommen ist«. Luke blickte über die Menge.
»Es sieht ganz danach aus, nicht wahr?« Ihr Lächeln war strahlend. »Wenn man schon einen Ball dieser Größenordnung auf die Beine stellt, freut man sich natürlich, wenn viele kommen. Für später müsst Ihr mir einen Tanz versprechen, wenn es Lady Brewer nichts ausmacht, Euch für ein paar Minuten zu entbehren.«
Es ist so einfach. Madeline war nicht sicher, wie sie sich fühlen sollte. Sie musste also nur an Lukes Seite einen Ballsaal betreten, und schon glaubte jeder, sie hatten eine Affäre? Was ja auch stimmte. Trotzdem war es irgendwie befremdlich. Bis zu diesem Abend hatte nicht ein Makel ihren Ruf befleckt.
»Als ob ich ihn daran hindern könnte, zu tun, was er will«, sagte Madeline und hoffte, ihr Lächeln strahle Gelassenheit aus. »Da Ihr ja gut mit ihm bekannt seid, bin ich sicher, Ihr werdet mir zustimmen, dass er durchaus eigensinnig sein kann.«
»Wie wahr.« Die Duchess lachte und klapste Luke spielerisch mit dem Fächer auf die Schulter. »Wenigstens versteht sie Euch, mein Lieber. Ich habe Georges besten Brandy bereitstellen lassen, nur für den Fall, dass Ihr und Longhaven beschließt, Euch heute die Ehre zu geben.«
»Ihr seid wie immer zu großzügig, Bess.«
»Ihr seid ein wunderbarer Charmeur, Altea.«
Es stimmte, er konnte sehr charmant sein. Aber er war auch unglaublich sinnlich und verführerisch.
Die Duchess ging, um die nächsten Gäste zu begrüßen, und Madeline warf ihrem großen Begleiter einen scharfen Blick zu. »Flirten denn alle Frauen mit dir?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich habe noch nie darauf geachtet.«
»Ich frage nur, falls Euer Gnaden die Duchess nicht die einzige Frau ist, die weiß, welchen Brandy du am liebsten trinkst.«
»Sie kennt auch Michaels Vorlieben, wie du mitbekommen haben wirst. Ihr Mann George ist ein Freund.« Seine Größe ermöglichte es ihm, die wogende Menge zu überblicken. Er nickte in Richtung einer Ecke des ausgedehnten Raums. »Himmel, es ist ziemlich heiß hier. Wollen wir uns da vorne zu dem Tisch mit den Erfrischungen durchkämpfen? Vielleicht hilft ein Glas kalter Champagner.«
Der Schaumwein war vermutlich für sie, und für ihn gäbe es den Brandy des Dukes. Sie erlaubte ihm, sie durch die Menge zu geleiten. Seine Hand ruhte dabei auf ihrer Taille. Bisher hatte sie nie an
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