Ein gefährlicher Gentleman
sollte er das nicht. Wenn sie es erlaubte, würde er bestimmt sein Abendessen verschmähen.
»Aber nur eins«, sagte sie mit einem Lächeln. Sie wollte ihr Glück teilen, das sie in diesem Moment völlig grundlos und geradezu albern überkam.
Der rachsüchtige Lord Fitch möge verdammt sein!
Kapitel 17
»Ich hoffe, er weiß, was er tut.« Alex St. James saß auf der Terrasse des stattlichen Anwesens, das ein Duke of Berkeley vor sechs Jahrhunderten hatte errichten lassen. Sein Blick ruhte auf dem sanften, grünen Schwung des Parks, der sich vor ihnen erstreckte. In der Ferne glitzerte das Sonnenlicht auf einem Teich. Zwei Schwäne glitten über die glatte Wasseroberfläche dahin und wirkten mit sich und dem strahlend schönen Tag zufrieden.
Michael dachte über diese Frage ausgiebig nach. Dann seufzte er und wandte sein Gesicht der sanften Sommerbrise zu. Nachdem er Wochen in der Stadt verbracht hatte, genoss er die klare Luft und den Duft nach Gras und Wasser. »Luke will sie beschützen. Und ich glaube, er hat nicht die schlechteste Taktik, wenn man von zwei Punkten absieht.«
»Und welche sind das?« In Alex’ Blick lag eine gewisse Sorge. Er war der Inbegriff eines Gentlemans, der das Leben auf dem Land zu schätzen wusste. Das weiße, langärmelige Hemd und die dunkle Reithose kombiniert mit abgetragenen Stiefeln verliehen ihm ein entspanntes Aussehen.
Es gab Zeiten, da hatte Michael sich gefragt, ob auch nur einer von ihnen sich je von den Folgen des Kriegs erholen würde. Für ihn selbst war Zufriedenheit nach wie vor nur eine launenhafte Illusion. Wurde er in Gefühle verwickelt, war das für ihn, als hielte man ein Streichholz an eine Lunte.
Sogar Alex, der sich jüngst glücklich verheiratet hatte und dem in nicht allzu ferner Zukunft ein Leben als Vater dräute, war, was Gefühle anging, weiterhin auf der Hut.
»Einem aufmerksamen Beobachter entgeht es nicht – und du kannst mir glauben, die ganze Gesellschaft richtet ihren Blick momentan auf ihn – wie viel Zeit er mit der schönen Lady Brewer verbringt. Er zeigt sich nicht nur in der Öffentlichkeit mit ihr, nein. Er teilt auch ihr Bett. Ich bin sicher, er rechtfertigt dieses Vorgehen damit, dass er Fitch so davon abbringen kann, die Lady zu belästigen. Aber soweit ich das sehe, hat er das ursprüngliche Problem längst aus den Augen verloren.«
»Und was ist das ursprüngliche Problem?«
»Wie zum Teufel ist der Schuft in den Besitz eines Tagebuchs gelangt, das einem adeligen Gentleman gehört, der seit fast fünf Jahren tot ist? Einer meiner Freunde hat Fitch das Tagebuch wieder weggenommen und es Lady Brewer zurückgegeben, aber seither habe ich mich immer wieder gefragt, wie Fitch eigentlich daran gekommen ist? Er ist eine unmoralische Ratte, darin sind wir uns einig, aber er taugt wohl kaum als schlauer Dieb.«
Alex richtete seinen Blick auf ihn. »Ich kenne dich gut genug, Michael. Du stellst nie bloß Spekulationen an. Bist du den ganzen Weg hierher aufs Land gekommen, weil du mir von Luke erzählen wolltest, der eine Lady begleitet, die vielleicht endlich seine erstarrte Meinung zum Thema Ehe ändern kann? Es ist für ihn ungewöhnlich, das stimmt. Aber andererseits frage ich mich, warum du hergeeilt bist und mir davon erzählst. Es ist eigentlich deine Art, Geheimnisse zu bewahren, nicht sie auszuplaudern.«
»Tatsächlich glaube ich nicht, dass sich seine Einstellung zur Ehe schon gewandelt hat. Aber ich bin nicht hergekommen, um diesen Teil der Angelegenheit zu diskutieren.«
»Du mischst dich sonst nie ein, es sei denn, du wirst darum gebeten. Oder wenn es einen Grund zur Besorgnis gibt. Es wäre mir also lieb, wenn du mir deine Gründe erklärst.«
Freunde, die einen so gut kannten, konnten nicht nur gute Verbündete sein, sondern durchschauten einen auch gelegentlich zu genau. Michael lächelte, doch das Lächeln erreichte seine Augen nicht. »Was würdest du sagen, wenn ich dir erzähle, dass Lady Brewers Mann mit jemandem verwandt ist, den die Krone verdächtigt, mit den Franzosen während des Kriegs gemeinsame Sache gemacht zu haben?«
Daraufhin schwieg Alex einen Moment. Er blickte ihn über das Tischchen mit unverhohlener Fassungslosigkeit an. »Ich würde sagen«, erwiderte Alex schließlich, »dass du wie immer mehr Tricks auf Lager hast als ein gewöhnlicher Taschenspieler. Wer ist es?«
»Lord Brewers Cousin.«
»Ich … verstehe. Wann hast du davon erfahren?«
»Vor zwei Jahren. Zu dem Zeitpunkt waren wir
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