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Ein gefaehrlicher Liebhaber

Titel: Ein gefaehrlicher Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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denken.
    Sie blieben kurz stehen und starrten ihn an. »Denk dran«, sagte Ben. »Halte dich immer dicht an der Wand.«
    »Wir werden bald eine Taschenlampe brauchen«, sagte sie. »Jeder, der hinter uns kommt, wird das Licht sehen können.«
    »Das müssen wir wohl oder übel riskieren. Ich habe mich im Stockdunkeln durch diesen verdammten Tunnel getastet, aber hier kommen wir nicht ohne Licht rüber.« In dem Rucksack, den er in weiser Voraussicht versteckt gehabt hatte, befand sich natürlich auch eine Taschenlampe samt einer Ersatzbatterie. Alle Taschenlampen hatten besonders langlebige Batterien, dennoch ließ sich nicht abschätzen, wie lange sie halten würden.
    Sie liefen bereits seit dem Morgengrauen, und jetzt ging die Sonne unter. Dunkelheit brach herein, aber sie ließ sich davon nicht entmutigen. Sie schaltete die Taschenlampe an und hoffte nur, dass bereits genug Kurven hinter ihnen lagen, um den Lichtstrahl vor eventuellen Verfolgern zu verbergen.
    Ihre Beine zitterten vor Müdigkeit. Das bisschen Dosenobst hatte nicht viel Kraft gespendet. »Hast du vielleicht einen Schokoriegel oder so was?«, fragte sie über ihre Schulter gewandt.
    »Nein, aber ich hab etwas gekochten Reis aufgehoben.«
    »Kommst du ran?«
    Er kam ran und reichte ihr das Säckchen. Sie fuhr mit den Fingern hinein, nahm sich eine Handvoll und formte sie zu einer Kugel. Dann reichte sie ihm den Beutel wieder nach hinten. »Danke.« Sie begann an dem Reisball zu nagen. Besonders schmackhaft war es nicht, aber es war etwas zu essen, und ihr Körper brauchte dringend die Kohlenhydrate.
    Hinter ihr folgte Ben ihrem Beispiel. Sie kam nicht gerade ins Schwärmen, was kalten, klebrigen Reis betraf, aber er ließ sich immerhin gut formen und war dadurch leichter zu verspeisen.
    Im Strahl ihrer Taschenlampe tauchte unversehens ein Paar funkelnder gelber Augen auf, und sie erstarrte. Ihre Kopfhaut kribbelte.
    »Keine Angst«, murmelte Ben, zog die Pistole und entsicherte sie mit einem Klicken. »Ist bloß ein Koati. Die sind nicht besonders gefährlich, haben aber hübsch lange Krallen. Wir wollen ihn nicht in die Enge treiben.«
    Sie ließ den Strahl der Taschenlampe über das Tierchen mit der langen Schnauze und dem buschigen Schwanz gleiten, der Ähnlichkeit mit dem eines Waschbären hatte. »Ich dachte, die leben in Bäumen.«
    »Normalerweise schon. Weiß auch nicht, was das Kerlchen hier ganz allein verloren hat. Kusch!« Er hob einen Stein auf und warf damit nach dem Koati. Der zuckte zwar, rührte sich aber nicht vom Fleck.
    Er warf noch einen Stein, der das Tier diesmal an der Pfote traf. »Husch!«
    Aber der Koati blieb mitten auf dem Weg hocken, offenbar verwirrt von dem Lichtstrahl. Ben seufzte und nahm einen größeren Stein zur Hand. »Ich will dir ja nicht wehtun, kleiner Kerl, aber weichen musst du, so oder so.«
    Der dritte Stein traf den Koati an der Flanke. Er stieß einen quietschenden Protestlaut aus und verschwand blitzschnell über den Rand des Bergpfads. Es raschelte im Gebüsch. Anscheinend fiel die Felswand hier nicht ganz senkrecht ab.
    Erleichtert eilten sie weiter. Sie fragte sich bloß, was sie täten, wenn ihnen ein Jaguar über den Weg lief, oder ein Ozelot. Wer würde dann weichen?
    Der Felssims schien nicht enden zu wollen. Der Tag war voller Ereignisse gewesen, an die sie gar nicht denken wollte, und das hier war noch so eins. Sie versuchte nicht daran zu denken, wie lange es noch dauern mochte, bis sie das Ende erreichten, oder wie lange sie schon so dahingingen. Alles, was sie tun musste, war laufen, laufen, und irgendwann würden auch dieser Pfad und dieser endlose Tag zu Ende gehen.
    Ben hinter ihr war verlässlich und solide wie ein Fels. Sie ging. Sie wusste, dass sie auf dem Hinweg viele Stunden auf diesem Felsvorsprung verbracht hatten, aber da waren sie auch von einem Gewitter überrascht worden, dann die Sache mit Martim und schließlich Ricks Beinahe-Absturz und ihre Schulterverletzung. Sie tat mittlerweile kaum mehr weh, war in der vergangenen Woche gut ausgeheilt. Sie war stärker, und ihr Tempo war höher. Es würde nicht mehr lange dauern.
    Ihre Gedanken waren derart nach innen fokussiert, dass sie es gar nicht merkte, als sie das Ende des Felspfads erreichten und wieder in den dichten Regenwald eintauchten.
    Ben gebot ihren automatischen Schritten Einhalt, indem er seine große Hand unter ihr Haar schob und sanft ihren Nacken massierte. »Wir haben’s geschafft«, sagte er sanft.

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