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Ein gefaehrlicher Liebhaber

Titel: Ein gefaehrlicher Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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eine Kugel einzufangen. »Jetzt können wir ein bisschen langsamer machen«, murmelte er, die Stimme senkend, obwohl sie keinerlei Anzeichen einer Verfolgung bemerkt hatten. »Unsere Kräfte einteilen. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.«
    Und was für ein langer Weg, dachte sie. Etwa tausend Meilen, hundert, zweihundert hin oder her. Allein der Gedanke war entmutigend; sie waren so weit gereist, um bis hierher zu kommen, aber der Rückweg würde unter ganz anderen Bedingungen stattfinden, ohne die Unterstützung durch eine schützende Gruppe. Ben hatte es irgendwie geschafft, einen Rucksack zu retten, aber die Vorräte konnten unmöglich für den ganzen Rückweg reichen. Sie würden auf die Jagd gehen müssen, und jeder Schuss konnte Kates und Dutra auf ihre Spur locken. Dann kam ihr ein ermutigender Gedanke: Jorge und die anderen waren Kates und Dutra zahlenmäßig überlegen; vielleicht gelang es ihnen ja, sie zu überwältigen. Vielleicht wurden sie und Ben ja gar nicht verfolgt. Aber das wussten sie nicht, und sie konnten es sich nicht leisten, das zu glauben.
    Gestern war sie mit dem Gedanken zu Bett gegangen, noch nie in ihrem Leben so glücklich gewesen zu sein. Und jetzt saß ihr der Schock in allen Gliedern. Ihr Bruder war direkt vor ihren Augen erschossen worden, und sie und Ben rannten um ihr Leben. Sie hätte schreien können, wenn sie sich die Ironie des Ganzen vor Augen führte. Aber das wagte sie ebenfalls nicht. Sie konnte nichts tun als laufen, laufen, denn nur indem sie überlebte, konnte sie hoffen, Dutra zur Rechenschaft ziehen zu können.
    »Wir müssen es heute noch über den Felspfad schaffen«, sagte Ben.
    Sie erinnerte sich nur zu gut an den schmalen Pfad, und ihr Verstand scheute davor zurück. »Aber so weit schaffen wir es doch nie! Das ist mehr als ein Tagesmarsch! Es war fast Mittag des zweiten Tages, als wir endlich von dem Pfad runterkamen, bevor wir den Tunnel fanden.«
    »Aber wir sind auch ziemlich langsam gegangen und haben viele Pausen gemacht wegen deiner Schulter. Es dürfte ein Tagesmarsch sein, bei normalem Tempo, und wir werden schneller sein. Wenn sie uns einholen, bevor wir da drüber sind, sind wir verloren. Aber wenn wir’s mal über den Pfad geschafft haben, gibt es keinen Engpass mehr, an dem sie uns auflauern könnten.«
    »Es dauert Stunden, bis man rüberkommt«, meinte sie. »Wir werden im Dunkeln über diesen höllischen Pfad gehen müssen!«
    »Ich weiß«, antwortete er grimmig.
    Sie hatte ihm mit ihrem Protest nicht widersprechen, sondern nur auf die schiere Unmöglichkeit ihrer Aufgabe hinweisen wollen. Aber nun, da sie es gesagt hatte, verdrängte sie jeden weiteren Gedanken daran und konzentrierte sich ganz darauf, es zu tun. Sie mussten den Felspfad noch heute schaffen. Also würden sie ihn auch heute schaffen. Egal, welches Tempo er anschlug, sie würde mithalten.
    Er legte nach etwa einer Stunde eine kurze Pause ein, um etwas zu trinken. Natürlich hatte keiner von beiden gefrühstückt, aber das Essen musste warten. Ben musterte sie scharf; sie war blass, aber in ihren Augen stand eine wilde Entschlossenheit. Sie würde es schaffen.
    Der Morgen war eine Serie von Albträumen gewesen, und ihre wilde Flucht durch den Dschungel zum Felspfad war nur ein weiterer. Sie staunte, wie unterschiedlich Horrorszenarien sein konnten, aber Horrorszenarien blieben sie. Rick. Ihre panische Angst um Ben. Der Tunnel. Die entsetzliche Dunkelheit.
    Und jetzt dieser Gewaltmarsch, dieser Marathon, mit leerem Magen, müde und wie betäubt von den Ereignissen. Form und Textur der Albträume waren unterschiedlich, doch schlimme Träume waren es allesamt.
    Nach einigen Stunden hielten sie abermals kurz an, um etwas zu trinken und ein paar Dosenfrüchte zu essen. »Morgen haben wir Zeit, richtig zu essen«, versprach Ben.
    »Ich weiß«, sagte sie und stemmte sich auf die Füße, bereit zum Weitermarsch. »Es geht schon.«
    Seine große Hand strich kurz über ihr Haar, dann machten sie sich wieder auf den Weg.
    Sie marschierten sogar während des täglichen Gewitters, obwohl ihnen die Nässe und die Kälte in den feuchten Sachen aufs Gemüt schlugen. Sie hatten jede Menge Zeit gutzumachen, dennoch war es beinahe Sonnenuntergang, als sie schließlich den schmalen Bergpfad erreichten, der Martim das Leben gekostet hatte und Rick beinahe auch noch. Sie hatte ihrem Bruder das Leben gerettet, nur um ihn eine Woche später doch noch zu verlieren. Sie wollte nicht daran

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