Ein gefährliches Geschenk
gehen nach draußen an die frische Luft. Die Polizei ist auf dem Weg.«
»Okay. Zittere ich, oder bist du das?«
»Ein bisschen von beidem. Du hast bestimmt einen kleinen Schock, Laine. Wir gehen jetzt nach draußen, und da setzt du dich hin. Meinetwegen kannst du dich auch hinlegen, wenn das besser ist. Ich rufe den Krankenwagen.«
»Ich brauche keinen Krankenwagen.«
»Darüber können wir sicher diskutieren, aber Crew braucht garantiert einen. Na komm.«
Er führte sie hinaus. Jack sprang hinter der Hausecke hervor, das Messer in der einen und einen Stein in der anderen Hand. Laine dachte benommen, dass er irgendwie albern aussah.
Als er sie sah, ließ er beides fallen und stürzte auf sie zu, um sie in die Arme zu schließen.
»Lainie. Lainie.« Er drückte sein Gesicht an ihre Schulter und brach in Tränen aus.
»Ist ja schon gut. Mir ist nichts passiert. Schscht.« Sie umfasste sein Gesicht und küsste ihn auf die Wangen. »Es ist alles in Ordnung, Dad.«
»Ich hätte es nicht überlebt. Ich hätte...«
»Du bist gekommen. Du bist gekommen, als ich dich brauchte. Was habe ich für ein Glück, zwei Männer zu lieben, die da sind, wenn ich sie brauche.«
»Ich weiß nicht, ob ich zurückgekommen wäre«, setzte er an.
Zärtlich wischte sie ihm die Tränen von den Wangen. »Aber du bist zurückgekommen, oder? Und jetzt musst du gehen.«
»Lainie.«
»Die Polizei wird jede Minute hier sein. Ich habe das nicht alles durchgemacht, nur damit du jetzt eingesperrt wirst. Geh, bevor sie hier sind.«
»Ich muss dir noch so vieles sagen.«
»Später. Du kannst es mir später sagen. Du weißt doch, wo ich wohne. Bitte, Daddy, geh jetzt.«
Max trat zu ihnen mit dem Handy am Ohr. »Wir haben Crew. Laine ist völlig zerschlagen, aber es fehlt ihr nichts. Crew allerdings wird einen Arzt brauchen. Wie ist eure Notrufnummer? Gut. Wir warten.« Er schaltete das Gerät aus. »Vince und die anderen rollen an. Du hast noch ungefähr fünf Minuten«, sagte er zu Jack. »Du solltest dich besser in Bewegung setzen.«
»Danke.« Jack reichte ihm die Hand. »Vielleicht bist du - fast - doch gut genug für sie.
Wir sehen uns. Bald«, fügte er an Laine gewandt hinzu. »Bald, meine Kleine.«
»Sie kommen.« Sie konnte die Sirenen schon hören. »Beeil dich.«
»Um Jack O’Hara zu fangen, braucht es mehr als Dorfpolizisten.« Er zwinkerte ihr zu.
»Stell eine Kerze für mich ins Fenster.« Dann lief er auf die Bäume zu, winkte noch einmal - und wurde vom Wald verschluckt.
»Nun.« Laine holte tief Luft. »Weg ist er. Danke.«
»Für was?«, fragte Max, als sie ihn küsste.
»Dafür, dass du meinen Vater hast gehen lassen.«
»Ich weiß nicht, wovon du redest. Ich kenne deinen Vater ja gar nicht.«
Lachend rieb sie sich die Augen. »Ich glaube, ich muss mich jetzt erst mal wieder hinsetzen.«
Es war nicht schwer, Max davon abzubringen, mit ihr ins Krankenhaus zu fahren. Er war so erleichtert, dass sie am Leben war, dass er ihr alles zugestanden hätte. Das und Vinces Freundschaft nutzte Laine aus, um direkt nach Hause zu fahren.
Sie würde am nächsten Morgen bei dem Polizeichef eine ausführliche Aussage machen, aber vorläufig akzeptierte er ihren kurzen Bericht der Ereignisse.
Sie hatte mit einer Decke um den Schultern auf der Erde gesessen und Vince rasch das Notwendigste erzählt. Aber obwohl sie von ihrem Zusammenstoß mit Crew nicht mehr als blaue Flecken davongetragen hatte, war sie froh, als Max der Befragung ein Ende machte und sie kurzerhand zu seinem Auto trug.
Befriedigt sah sie zu, wie Crew auf einer Trage abtransportiert wurde.
Zu Hause blieb sie volle zwanzig Minuten unter der Dusche stehen. Sie empfand nur noch Dankbarkeit. Dankbarkeit für Max, Vince, das Schicksal, ja sogar für die digitale Kommunikation. Bevor ihr Handy kaputtging, würde sie es pensionieren und ihm einen Ehrenplatz geben.
Und solange sie lebte, würde sie nie wieder Cabernet trinken.
Sie trat aus der Dusche und trocknete sich sorgfältig ab. Das taube Gefühl war verschwunden, aber dafür schmerzten jetzt jeder Kratzer und jeder blaue Fleck höllisch. Sie schluckte vier Aspirin, dann nahm sie all ihren Mut zusammen und betrachtete sich im Spiegel.
»Oh. Autsch.« Sie gab einen Schmerzenslaut von sich, als sie sich umdrehte, um ihre Rückseite anzuschauen. Ihr ganzer Körper war voller blauer Flecken. Hüften, Schienbeine, Knie, Arme. Und ihre rechte Wange war völlig verquollen.
Aber das würde vergehen, dachte sie.
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