Ein gefährliches Geschenk
Tür und lehnte sich mit der Stirn dagegen. Ihr tat alles weh - ihr Kopf, ihr Körper, ihr Herz. Er hatte noch Tränen in den Augen gehabt, als er gegangen war.
Tränen um Willy. Er würde um ihn trauern, das wusste sie. Und er würde sich selber die Schuld geben. Möglicherweise war er in diesem Zustand dazu fähig, etwas Dummes zu tun.
Nein, nichts Dummes, korrigierte sie sich, während sie in der Küche ziellos hin und her lief. Etwas Unvorsichtiges, Unbedachtes, aber nichts Dummes.
Sie hätte ihn nicht aufhalten können. Selbst dann nicht, wenn sie gebettelt und gefleht hätte und ebenfalls in Tränen ausgebrochen wäre. Es hätte ihn zwar belastet, aber er wäre trotzdem gegangen.
Ja, für einen so großen Mann hatte er immer schon einen anmutigen Gang gehabt.
Als sie Max die Treppe herunterkommen hörte, holte sie rasch Becher aus dem Schrank.
»Genau rechtzeitig«, sagte sie fröhlich. »Der Kaffee ist gerade durchgelaufen.«
»Morgenkaffee duftet stets am besten.«
Sie drehte sich zu ihm um und starrte ihn fassungslos an. Ihr Vater hatte gerade etwas Ähnliches gesagt. Max’ Haare waren noch feucht vom Duschen, und er roch nach ihrer Seife. Er hatte in ihrem Bett geschlafen. Und er war in ihr gewesen.
Sie hatte ihm das alles gewährt. Und jetzt war ihr Vater zehn Minuten lang da gewesen, und schon wieder verweigerte sie ihm ihr Vertrauen und die Wahrheit.
»Mein Vater war hier«, sprudelte sie hervor.
Er setzte die Tasse ab, die er gerade ergriffen hatte. »Was?«
»Er ist gerade gegangen, vor ein paar Minuten. Und ich habe auf einmal gemerkt, dass ich es dir nicht sagen wollte. Ich wollte ihn schon wieder einmal decken. Es steckt mir wohl in den Genen, oder teilweise zumindest. Ich liebe ihn. Es tut mir Leid.«
»Jack O’Hara war hier? Er war hier im Haus, und du hast mir nichts gesagt?«
»Ich sage es dir doch gerade. Ich erwarte nicht, dass du begreifst, was für ein Schritt das für mich ist, aber ich sage es dir.« Sie versuchte, Kaffee einzuschenken, aber ihre Hände zitterten zu sehr. »Tu ihm nicht weh, Max. Ich könnte es nicht ertragen, wenn du ihm wehtätest.«
»Lass uns das jetzt mal klarstellen. Dein Vater war hier in diesem Haus, und du hast für mich gekocht, bist mit mir ins Bett gegangen. Ich mache oben im Schlafzimmer Liebe mit dir - und er versteckt sich …«
»Nein! Nein! Ich habe erst heute Morgen erfahren, dass er hier war. Ich weiß nicht, wann er sich heute Nacht hereingeschlichen hat. Er hat auf der Couch geschlafen. Ich habe Henry herausgelassen, und als ich wieder in die Küche kam, war er da.«
»Wegen was entschuldigst du dich denn dann?«
»Ich wollte es dir gar nicht erzählen.«
»Wie lange? Drei Minuten lang nicht! Herrgott, Laine, häng diesen Ehrlichkeitsbalken nicht so weit raus. Ich stoße mir ständig den Kopf daran. Lass mich ein bisschen zu Atem kommen.«
»Ich bin so verwirrt.«
»Er ist seit achtundzwanzig Jahren dein Vater, und ich bin seit ungefähr zwei Tagen der Mann, der dich liebt. Ich kann das ganz locker sehen. Okay?«
Sie stieß zitternd die Luft aus. »Okay.«
»So, und jetzt ist es vorbei mit dem Lockersein. Was hat er gesagt, was wollte er, wohin ist er gegangen?«
»Er wusste noch nichts von Willy.« Ihre Lippen zitterten, und sie presste sie entschlossen aufeinander. »Er hat geweint.«
»Setz dich, Laine. Ich hole den Kaffee. Setz dich und beruhige dich.«
Gehorsam setzte sie sich hin. Sie zitterte mittlerweile am ganzen Leib. »Ich glaube, ich liebe dich auch. Aber das ist wahrscheinlich ein blöder Zeitpunkt, um das zu erwähnen.«
»Ich höre es trotzdem gern.« Er stellte eine Kaffeetasse vor sie auf den Tisch und setzte sich ebenfalls. »Der Zeitpunkt ist ganz egal.«
»Ich spiele nicht mit dir, Max, und ich möchte, dass du das weißt.«
»Baby, ich wette, dass du das unheimlich gut könntest, aber so gut bist du nun auch wieder nicht.«
Sein spöttischer Tonfall ließ die drohenden Tränen sofort versiegen. Sie warf ihm einen amüsierten Blick zu. »O ja. Ich könnte dir alles abschwindeln, deine Ersparnisse, dein Herz, deinen Stolz, und am Ende würdest du noch glauben, es sei deine Idee gewesen, mir alles zu geben - als Geschenk verpackt. Aber da ich offensichtlich nur an deinem Herz interessiert bin, wäre es mir lieber, es wäre wirklich deine Idee. Jack war mit meiner Mutter nie aufrichtig. Er liebte sie - und tut das eigentlich immer noch, aber selbst bei ihr konnte er nie aufrichtig sein. Deshalb haben sie
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