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Ein Gentleman wagt - und gewinnt

Ein Gentleman wagt - und gewinnt

Titel: Ein Gentleman wagt - und gewinnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Ashley
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ordentlich tief in die Tasche greifen muss, um deine komplette Garderobe zu bezahlen. Nicht nur die paar Kleider, die er in seinem Brief erwähnt hat … Geschieht ihm recht, dem alten Knauser!”
    Amüsiert über die Bosheit ihrer Patentante, vermochte Abigail ihren Lachreiz nicht zu bezähmen.
    Wenig später betraten sie die Trinkhalle. Sogleich richtete sich die Aufmerksamkeit etlicher Herrschaften auf Abigail. Manch bewundernder, manch neidischer Blick traf die junge Dame. Auch einer aus wachsamen braunen Augen, die, wie Lady Penrose am Abend zuvor festgestellt hatte, während der Soiree mehrmals in die Richtung ihrer Patentochter geschweift waren.
    Abbie dagegen nahm Bartons Anwesenheit ebenso wenig wahr wie sein Interesse ihr gegenüber – bis sie ihren ersten Schluck von dem berühmten Wasser nahm. Als sie schaudernd eine Grimasse schnitt, erklang eine tiefe Stimme an ihrer Seite.
    “Eigentlich dachte ich, Sie wären zu vernünftig, um dieses grässliche Zeug zu trinken, Miss Graham.”
    “Also wirklich, Mr. Cavanagh, Sie tauchen immer gerade da auf, wo man Sie am allerwenigsten erwartet”, erwiderte sie und hoffte, ihre Verwirrung zu überspielen. “Warum galoppieren Sie nicht über die Downs, statt diese Halle zu besuchen, in der sich angeblich alle Klatschmäuler der Stadt tummeln?”
    “Natürlich wäre ich lieber woanders. Hier in Bath treibe ich mich nur notgedrungen herum.”
    Unauffällig musterte sie ihn. An seiner äußeren Erscheinung gab es nichts auszusetzen. Offenbar bevorzugte er bequeme Kleidung, keine modischen Extravaganzen. Manche Gentlemen würden den Knoten seines Krawattentuchs zu schlicht und die Weste zu fantasielos finden. Und der Gehrock saß zu locker, um seine breiten Schultern vorteilhaft zu betonen. Aber mit der leicht gebräunten Haut und der kraftvollen Gestalt wirkte er auf sympathische Weise wie ein Mann, der sich lieber an der frischen Luft bewegte, als in vornehmen Salons Konversation zu machen.
    Was, um alles in der Welt, hatte ihn nach Bath geführt, wo die Leute ihre Zeit am liebsten mit geruhsamen Spaziergängen, höflichem Geplauder und beschaulichen Dinnerpartys verbrachten? Was amüsierte einen Gentleman, der halsbrecherische Ritte und andere Arten körperlicher Ertüchtigungen liebte, in dieser Stadt?
    “Sicher war es nicht die Sorge um Ihre Gesundheit, die Sie bewogen hat, nach Bath zu reisen.” Mit diesem Kommentar lenkte Abigail seine Aufmerksamkeit von dem blauen Band ab, das sie unter ihrem Kinn zu einer koketten Schleife gebunden hatte. “Welcher Not mussten Sie gehorchen?”
    Seine Miene, die bis zu diesem Augenblick diskrete Bewunderung bezeugt hatte, wechselte zu unverhohlenem Ärger über, als er kurz über seine rechte Schulter blickte. “Bedauerlicherweise entschied mein Vater, ich müsste die Verantwortung für meine ungebärdige junge Schwester mit Eugenie teilen, die ihre Tochter viel zu nachsichtig behandelt.”
    “Oh …” Abigail lächelte boshaft. “Also fällt sie Ihnen zur Last, Sir?”
    “Das würde ich ihr nicht raten.”
    “Armes Mädchen …” Durch halb gesenkte Wimpern, die ihm ungewöhnlich lang erschienen, schaute sie zu ihm auf. “Welch ein Glück, dass Sie nicht mein Bruder sind …”
    “Glauben Sie mir, Miss Graham, diese Tatsache gefällt mir noch viel besser als Ihnen.” Ein unvermitteltes Lächeln milderte seine prägnanten Züge und trieb Abigail die Hitze in die Wangen. Zu ihrer Erleichterung blieb ihr eine Antwort erspart, denn in diesem Moment trat Kitty Cavanagh zu ihnen und erklärte ihrem Bruder, Giles Fergusson sei mit seiner Mutter eingetroffen und wolle mit ihm reden. Barton schien das Gespräch, das Abigail immer peinlicher gefunden hatte, nur ungern zu beenden – im Gegensatz zu ihr. Mit einem strahlenden Lächeln wandte sie sich zu ihrer ahnungslosen Retterin.
    “Wie schön, Sie wiederzusehen, Miss Graham!”, freute sich Kitty. “Ich brauche nämlich dringend Unterstützung, und ich weiß nicht, wen ich sonst darum bitten soll. Den ganzen Morgen habe ich überlegt, wie ich Sie unter vier Augen sprechen könnte.”
    Für dieses Vorhaben erschien ihr die überfüllte Trinkhalle kaum der geeignete Ort. Aber Abigails Neugier war erwacht, und daher folgte sie der jungen Dame zur Fensterfront, wo sich weniger Leute aufhielten. “Was kann ich für Sie tun, Miss Cavanagh?”
    “Wollen wir Freundschaft schließen?”, schlug Kitty vor. “Oh, ich hasse überflüssige Formalitäten! Darf ich Sie mit dem

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