Ein Gentleman wagt - und gewinnt
mein Martyrium ein Ende finden. Dann muss er sich um seine Gattin kümmern und wird mich in Ruhe lassen.”
Blicklos starrte Abigail durch das Fenster.
Auch mein Problem wäre gelöst, wenn Barton diese Miss Whitham ehelicht …
3. KAPITEL
“E in hübsches kleines Ding, Whithams Schwester …”, bemerkte Giles Fergusson, als sein Freund zu ihm kam.
Zustimmend nickte Barton und beobachtete, wie der junge Offizier, der im Krieg in Spanien unter ihm gedient hatte, seine Schwester zu der Stelle führte, wo das berühmte Heilquellenwasser ausgeschenkt wurde. “Ja, er ist zu beneiden. Miss Whitham benimmt sich untadelig.” Seufzend schaute er zu den Fenstern hinüber. “Was ich von meiner Schwester nicht behaupten kann.”
Giles folgte dem Blick seines Gefährten und lächelte nachsichtig. “Kitty ist einfach nur lebhaft. In ein oder zwei Jahren hat sie sich beruhigt.”
“Vielleicht”, erwiderte Barton, nicht sonderlich getröstet. “Aber bis dahin wird sie für eine ganze Menge Aufregung sorgen. Allerdings – gegen diese Freundschaft, die sie gerade schließt, habe ich nichts einzuwenden.”
Giles musterte Kittys Gesprächspartnerin. “Ach ja, gestern Abend erwähntest du, dass du Miss Graham kennst. Ich habe mich sogar kurz mit ihr unterhalten. Eine sehr vernünftige junge Frau. Und eine ausgesprochen erfreuliche Erscheinung. Wenn sie in Bath ist, um eine gute Partie zu machen, müsste sie Erfolg haben.” Da er keine Antwort bekam, wandte er sich wieder zu seinem Freund und sah eine düster gerunzelte Stirn. “Offenbar bist du anderer Meinung.”
“Keineswegs. Ich frage mich nur, warum sie immer noch ledig ist.”
“Vielleicht schreckt sie vor einer Heirat zurück.”
“Meinen Antrag hat sie jedenfalls abgewiesen.”
“Großer Gott!” Giles bemühte sich nicht, seine Überraschung zu verhehlen. “Und ich dachte, ich wüsste alles über dich, alter Junge. Dass du beinahe unters Ehejoch geraten wärst – davon hatte ich keine Ahnung.”
“Diese Verbindung schlug mein Patenonkel vor, Miss Grahams Großvater. Zum Glück ging Abbie nicht darauf ein. Wir waren beide viel zu jung.”
“Und jetzt?”, fragte Giles, als Barton in nachdenklichem Schweigen versank.
“Jetzt? Sagen wir mal, ich habe mir die Hörner abgestoßen und wäre bereit, eine Familie zu gründen.”
Giles stieß einen leisen Pfiff aus. “Also daher weht der Wind.”
Dazu gab Barton keinen Kommentar ab. Stattdessen beobachtete er seine Schwester, die auf ihn zusteuerte. Angesichts ihres selbstzufriedenen Lächelns war er sofort auf der Hut. “Welchen Unfug brütest du nun schon wieder aus, du Göre?”, stöhnte er, sobald sie vor ihm stand. “Diese Miene kenne ich nur zu gut.”
Ärgerlich presste Kitty die Lippen zusammen, bevor sie sich bei seinem Freund beschwerte, den sie seit ihrer Kindheit vergötterte. “Ich begreife wirklich nicht, warum Barton ständig glaubt, ich würde alberne Streiche aushecken. Als wäre ich sieben Jahre alt!”
“Ich wünschte, das wärst du – dann wüsste ich, wie ich dich behandeln muss”, murmelte ihr Bruder, worauf sie ihm einen vernichtenden Blick zuwarf.
“Oh, ich wette, Giles geht mit seiner Schwester nie so garstig um wie du mit mir.”
Klugerweise verfolgte Barton das Thema nicht weiter. “Ich habe einige Briefe zu schreiben. Suchen wir deine Mutter, dann gehen wir nach Hause.”
Zu seiner Verblüffung protestierte Kitty nicht. Sie war sehr gesellig, und sie hasste es, allein daheim zu sitzen. Was hatte diese erstaunliche Fügsamkeit zu bedeuten? Führte sie irgendetwas im Schilde?
“Du bist heute ungewöhnlich gut gelaunt”, bemerkte er, als sie auf dem Weg zu der Residenz, die er für die Dauer des Aufenthalts in Bath gemietet hatte, eine populäre Melodie vor sich hin summte.
“Nun, ich fühle mich wohl hier. Eine Zeit lang war ich dir böse, weil ich eine Saison in London wollte und du mir den Wunsch auf deine übliche schroffe Art abgeschlagen hast. Aber Bath ist gar nicht so langweilig, wie ich dachte. Dauernd lerne ich interessante Leute kennen.”
“Ja, vorhin sah ich dich mit Miss Graham plaudern, Kitty”, warf ihre Mutter ein. “Eine charmante junge Dame … Meinst du, Barton, es ist zu spät, um Lady Penrose und ihrer Patentochter eine Einladung zu der Gesellschaft zu schicken, die wir nächste Woche geben? Oder hättest du etwas dagegen?”
“Warum sollte ich?”, erwiderte er und hoffte sogleich, dass er nicht allzu brüsk geklungen hatte.
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