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Ein Geschenk der Kultur

Ein Geschenk der Kultur

Titel: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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wäre, etwas phantasievoller… Aber er bleibt stets derselbe.
    Ich habe mir in letzter Zeit viele Gedanken über den Krieg gemacht, und ich glaube, ich bin zu dem Schluß gekommen, daß er falsch ist. Wir geben uns geschlagen, indem wir Kriege beginnen, wir zerstören uns, indem wir sie gewinnen. All unsere Statistiken und Annahmen bedeuten um so weniger, je mehr sie angeblich aussagen. Wir unterliegen, in unserer militanten Einstellung, nicht einem einzelnen Feind, sondern allem, gegen das wir je gekämpft haben, und zwar in uns selbst. Wir dürften eigentlich nichts damit zu tun haben, wir dürften nichts unternehmen; wir haben unsere feine Ironie für eine mechanistische Pietät aufs Spiel gesetzt, und der Glaube, um den wir kämpfen, ist unser eigener.
    Steig aus, halt dich raus, bleib sauber.
    Habe ich das gesagt?
    Ich dachte, der Anzug hätte etwas in dieser Art geäußert. Ich bin nicht sicher. Manchmal glaube ich, daß er die ganze Zeit auf mich einredet, während ich schlafe.
    Vielleicht redet er sogar die ganze Zeit auf mich ein, während ich wach bin, doch es passiert nur gelegentlich, daß ich es höre. Ich glaube, er ahmt mich nach, versucht, genauso zu klingen, wie ich klinge. Vielleicht will er mich zum Wahnsinn treiben, ich weiß es nicht.
    Manchmal weiß ich nicht, wer von uns beiden etwas gesagt hat.
    Ich zittere und versuche, mich in dem Anzug umzudrehen, aber es geht nicht. Ich wünschte, ich wäre nicht hier. Ich wünschte, all dieses wäre nicht geschehen. Ich wünschte, es wäre alles nur ein Traum, aber wie die Farben der Erde und der Luft ist es unwiderlegbar.
    Mir ist sehr kalt, und die Sterne bringen mich zum Weinen.
     
»Das Innere soll außen sein,
soll außen sein, soll außen sein.«
     
    »Halt den Mund!«
    »Oh, endlich sprichst du mit mir.«
    »Ich sagte: Halt den Mund!«
    »Aber ich habe doch gar nichts gesagt.«
    »Du hast gesungen!«
    »Ich singe nicht. Du hast gesungen!«
    »Lüg nicht! Wage es nicht, mich anzulügen! Du hast gesungen!«
    »Ich versichere dir…«
    »Du hast! Ich habe dich gehört!«
    »Du schreist. Beruhige dich. Wir haben noch einen langen Weg vor uns. Wir werden nie an unserem Ziel ankommen, wenn du…«
    »Ich laß mir nicht von dir den Mund verbieten!«
    »Das habe ich nicht. Du hast gesagt, ich soll den Mund halten.«
    »Was?«
    »Ich sagte…«
    »Was hast du gesagt?«
    »Ich…«
    »Was… was hast… wer bist…?«
    »Wenn du nur einen Augenbli…«
    »Wer bist du? Wer bist du? O nein, bitte…«
    »Hör mal, ka…«
    »Nein, bitte…«
    »Was?«
    »… bitte…«
    »Was?«
    »… bitte… bitte… bitte… bitte…«
     
    Ich weiß nicht, welcher Tag heute ist. Ich weiß nicht, wo ich bin oder wie weit ich gekommen bin oder wie weit der Weg ist, den ich noch vor mir habe.
    Ich bin wieder bei Verstand. Es gab nie eine Anzug-Stimme. Ich habe es mir alles nur eingebildet, es war die ganze Zeit über meine eigene Stimme. Ich muß mich in einem ganz schön schlimmen Zustand befunden haben, daß ich mir all das eingebildet habe, daß ich nicht in der Lage war, mit der Tatsache meines Hierseins fertigzuwerden, mit der Einsamkeit, daß ich mir jemanden geschaffen habe, mit dem ich mich unterhalten konnte, wie ein einsames Kind mit einem Freund, den außer ihm niemand sieht. Ich habe daran geglaubt, als ich die Stimme hörte, aber jetzt höre ich sie nicht mehr. Selbst in den Momenten äußerster Eindringlichkeit und Glaubwürdigkeit war es nichts anderes als die schale Stille des Wahnsinns. Zum Glück war das ein vorübergehender Zustand. Wie alles.
    Ich blicke nicht mehr zu den Sternen hinauf, für den Fall, daß die Sterne ebenfalls anfangen, mit mir zu sprechen.
    Vielleicht liegt die Basis im Kern. Vielleicht wandere ich immer darum herum und komme ihr niemals näher.
    Meine Gliedmaßen bewegen sich jetzt selbständig, automatisch, programmiert. Ich brauche kaum noch zu denken. Alles ist, wie es sein soll.
    Wir brauchen die Maschinen nicht dringender, als sie uns brauchen. Wir glauben nur, daß wir sie brauchen. Sie sind ohne Bedeutung. Sie brauchen nur sich selbst. Natürlich hätte mich ein abgefeimter Anzug in die Pfanne gehauen, um sich selbst zu retten; wir haben sie zwar nicht nach unserem Ebenbild konstruiert, aber letzten Endes funktionieren sie so.
    Wir haben etwas geschaffen, das der Vollkommenheit ein wenig näherkommt als wir selbst; vielleicht ist das der einzige Weg zum Fortschritt. Sollen sie doch versuchen, dasselbe zu tun! Ich bezweifle,

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