Ein Geschenk für den Boss Kommissar Morry
darauf eine befriedigende Antwort gefunden bat, ist alles andere nur noch eine Sache der geschickten und logischen Kombination. Nach meinem Dafürhalten liegen die Dinge so: Ihr Vater wurde, nachdem er in Crosleys Schuld stand, von dem Syndikat gezwungen, bestimmte Aufträge auszuführen. Er spannte dabei seinen Sohn, Ihren Bruder, für diese Aufgaben mit ein. Als Sie davon erfuhren, waren Sie schockiert. Entsetzt. Sie taten alles, um Ihren Vater und den Bruder von diesen ungesetzlichen Transaktionen abzuhalten, aber die beiden hatten sich bereits zu tief in das Geschehen verstrickt, und außerdem hatten sie vermutlich Geschmack an dem Geldverdienen gefunden. Daraufhin änderten Sie Ihre Taktik. Sie machten Front und richteten Ihre Angriffe gegen den Urheber des Verbrechens, gegen Dave Crosley. Der lachte zunächst nur über Sie."
„Er hat niemals über mich gelacht", unterbrach Angelique.
„Sondern?"
„Er hat mich ernst genommen. Sehr sogar. Mehr als mir lieb sein konnte."
„Soll das heißen, daß er sich für Sie zu interessieren begann?"
„Sie werden es nicht glauben. Er verliebte sich in mich. Er wollte mich sogar heiraten."
„Crosley?"
Um Angeliques Lippen zuckte es bitter. „Ja", erwiderte sie. „Dave Crosley!"
„Was taten Sie, um ihn abzuwehren?"
„Ich sagte ihm, was ich von ihm hielt. Ich drohte ihm mit einer Anzeige. Er lachte nur darüber. Schließlich war ihm klar, daß ich unter einem großen Handicap litt. Wenn ich ihn anzeigte, lieferte ich gleichzeitig Papa und Raoul der Polizei aus — und deshalb fürchtete er meine Drohungen nicht. Jedenfalls nicht am Anfang."
„Er änderte seine Haltung?"
„Ja", sagte Angelique, und wieder erschien der bittere Zug um ihre Lippen. „Aber sein Meinungsumschwung kam weniger durch meine Drohungen, als durch verletzte Eitelkeit zustande. Als er merkte, daß ich ihn haßte und verachtete, und daß er keine Chance hatte, mich zu gewinnen, schlug seine sogenannte Liebe rasch in Haß um. Erst da gab er Befehl, mich zu töten."
„Wer hat auf Sie geschossen?"
„Ich weiß es nicht, aber natürlich, war es einer von Crosleys Leuten."
„Und welche Rolle spielte Ihr Bruder in diesem Drama?" fragte Clive.
„Er ahnte, was sich zusammenbraute, und er war immer in meiner Nähe, um mich zu schützen. Aber er konnte das Schlimmste nicht verhüten, und durch sein Verhalten machte er sich nur verdächtig, so daß Sie ihn verhaften konnten."
„Ich habe ihn nie für schuldig gehalten."
Angelique seufzte. „Ich wünschte, ich könnte jetzt eine Zigarette rauchen, aber der Arzt hat es mir verboten." Sie blickte Clive an. „Nun haben Sie doch mehr erfahren, als ich Ihnen sagen wollte."
„Das meiste davon habe ich ja geahnt", meinte Clive. „Nur eine Frage bleibt noch offen. Welcher Art waren die Geschäfte, die Ihr Vater und Raoul für Crosley betrieben?"
Angelique zögerte, dann sagte sie leise: „Sie verkauften Rauschgift."
„Heroin oder Marihuana?"
„Ich weiß es nicht."
„Wer lieferte das Zeug?"
„Irgendeiner von Crosleys Leuten."
„Haben Sie den Mann einmal gesehen?"
„Ja."
„Sie kennen seinen Namen nicht?"
„Er hat sich nie vorgestellt; ich bezweifle, ob Papa oder Raoul darüber mehr wissen."
„Raoul hat gestern versucht, Crosley zu töten. Ein anderer ist ihm zuvorgekommen", sagte Clive plötzlich.
Angeliques Lippen zuckten. „Er hat Crosley von dem Augenblick an gehaßt, als auf mich geschossen wurde. Raoul wollte mich rächen. Dabei wurde er zwischen Pflicht und Liebe hin und her gerissen. Auf der einen Seite wollte er Papa nicht bloßstellen, und auf der anderen Seite fühlte er den Drang, Crosley heimzuzahlen, was mir angetan worden war."
„Es wäre besser gewesen, er hätte sich gleich mit mir in Verbindung gesetzt."
„Raoul schwieg aus dem gleichen Grund wie ich. Er wollte Papa nicht der Polizei ausliefern."
Clive erhob sich, nachdem er einen kurzen Blick auf die Uhr geworfen hatte.
„Sie wollen schon gehen?" fragte Angelique. Ihre Stimme verriet Enttäuschung.
Clive lächelte. „Sind Sie nicht froh, mich alten Quälgeist loszuwerden?"
Ernst blickte ihm Angelique in die Augen.
„Ich weiß nicht recht", murmelte sie. „Zuweilen habe ich das Gefühl, daß Sie es tatsächlich gut mit mir meinen."
Clive wurde plötzlich verlegen. Er fuhr sich mit den Fingern durch das Haar, obwohl dafür fein erkennbarer Grund vorlag. „Ich habe noch allerhand zu tun", sagte er.
„Wollen Sie Papa verhaften?"
„Das hat
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