Ein Geschenk zum Verlieben
herrlich falsch Little Donkey , das Lied vom kleinen Esel. Sie trugen Kittys herrlich unperfekte Weihnachtskostüme. Die Schäfer hatten Geschirrtücher auf den Köpfen, die wie bei einem Marmeladenglas mit einer Kordel um den Schädel herum befestigt waren. Der Esel hatte eine Rastamähne, die selbst Bob Marley vor Neid hätte erblassen lassen. Und die arme Maria und das Jesuskind wurden erbarmungslos in den Schatten gestellt von den hübschen kleinen Engeln, die in süÃen weiÃen Tüllröckchen und mit blinkenden LED-Zauberstäben neben der Krippe standen. Laura war es inzwischen gelungen, Lucie unter den Darstellern auszumachen, Kittys Zweitälteste. Sie spielte die Frau des Herbergsvaters. Und Tom, der einen der drei Könige mimte. Und Samuel, ein eher verheultes Schaf. Mit grimmiger Entschlossenheit hielt er sein Entlein umklammert. Es fiel Laura nicht schwer, sich vorzustellen, wie es hinter der Bühne einen Mini-Aufstand gegeben und er sich geweigert hatte, die Bühne ohne sein Lieblingsstofftier zu betreten.
Kitty und Joe hatten Plätze in der dritten Reihe ergattert. Sie hatten Laura aufgefordert, sich dazuzusetzen, aber Laura hatte freundlich bestimmt abgelehnt. Dieser Abend sei vor allem für die stolzen Eltern, und denen wolle sie keinen Platz wegnehmen. Sie könne ebenso gut hinten stehen, da sehe man auch alles.
Es war für sie ebenso interessant, die Eltern zu beobachten wie die kleinen Darsteller auf der Bühne. Vor ihr erstreckte sich ein Meer aus interessiert gereckten Köpfen, einige davon schon leicht ergraut oder schütter oder blondiert â viele blondiert. Einige verfolgten in angespannter Haltung, wie der Nachwuchs seinen Text aufsagte. In der dunklen Zone zwischen Sitzen und Bühne blinkten die roten Lichter zahlloser Handys und Kameras, um den Moment für die Nachwelt und für abwesende GroÃeltern festzuhalten. Fünf, acht, zehn Jahre zuvor hatten dieselben Leute in Konzerthallen Feuerzeuge geschwenkt. Doch dies hier war besser als alles, was sie je in den groÃen Stadien erlebt hatten, und markierte den neuen Lebensabschnitt ebenso unausweichlich wie Tränensäcke und Schwangerschaftsstreifen.
Sie lieà ihren Blick wie einen Scheinwerfer übers Publikum schweifen. Frauen im Profil, die sich zu ihren Männern beugten, um ihnen etwas zuzuflüstern, während der Nachwuchs oben falsch, aber enthusiastisch Weihnachtslieder krähte. Nervös flatternde Hände, die sich auf Münder pressten und erleichtert wieder sinken gelassen wurden, wenn der mühsam eingeübte Text aufgesagt worden war. Das hieà es also, Mutter zu sein, überlegte Laura â Stolz und Furcht zugleich, vermischt mit etwas Grimmigem und gleichzeitig Zärtlichem. Etwas Kompliziertes und Universelles und doch für jede Frau einzigartig. War es ein Fehler gewesen, sich so hastig und radikal davon abzuwenden? Und Jack? Hätte er sie wirklich verlassen, wenn sie tatsächlich schwanger gewesen wäre?
Lauras Blick richtete sich erneut auf Kitty. Sie konnte beobachten, wie Joe stumm Toms Text mitsprach. Vollkommen verzaubert beobachtete sie ihn. Der Mann war insgeheim ein Softie!
Und dann sah sie ihn: Rob. Er saà zwei Reihen weiter hinten, auf der linken Seite, fast direkt vor ihr. Sie erkannte ihn an seinen Locken. Zu seiner Rechten saà Cat. Ihr blondes Haar schimmerte, als ob ein Scheinwerfer darauf gerichtet wäre. Sie waren selbst von hinten ein ausgesprochen schönes Paar. Laura schaute wieder zu Rob hin. Ihr Herz klopfte wie das eines galoppierenden Rennpferds. Den ganzen Tag lang hatte sie immer wieder an den gestrigen Abend denken müssen. Was hatte er ihr sagen wollen? Sie hatte noch stundenlang wach gelegen und sich darüber den Kopf zerbrochen. Er selbst war zwanzig Minuten nach ihr gegangen. Sie war zusammengezuckt, als die Tür ins Schloss fiel.
Sie sah, wie er seinen Kopf Cat zuneigte, die ihm etwas zuflüsterte. Er schien die Stirn zu runzeln, schüttelte den Kopf. In diesem Moment rauschte der Vorhang mit einem Wumms herunter, die Leute sprangen auf und applaudierten. Laura verlor die Blakes aus den Augen.
Sie reckte den Hals, konnte sie aber in dem nun folgenden Durcheinander nicht mehr finden. Mütter riefen nach ihren Kindern, GroÃeltern gratulierten, Kinder sprangen in ausgebreitete Arme. Väter, die sich nur einmal im Jahr bei den Schulveranstaltungen sahen,
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