Ein Girl zum Pferde stehlen
unzähligen Abenteuer hatte er genug Menschenkenntnis gesammelt, um zu erkennen, dass Baileys und Cranstons Entrüstung keine billige Show, sondern echt war. Die beiden steckten in der Klemme und konnten ein wenig Unterstützung verdammt gut gebrauchen.
Er rückte auf dem Sattel zurecht. »Was hältst du davon, wenn ich mich auf den Weg mache und versuche, den Wagen von dem merkwürdigen Doc auszuspüren? Nach allem, was ich bisher mitbekommen habe, würde ich ihn gern mal ein bisschen genauer unter die Lupe nehmen.«
Bailey sah ihn erstaunt an. »Das würdest du tatsächlich tun?«
»Klar«, bestätigte Lassiter. »Mich interessiert nämlich brennend, ob der Kerl eine saubere Weste oder Dreck an den Pfoten hat. Wenn ich mich darum kümmere, hat das auch noch den großen Vorteil, dass er nicht so schnell Verdacht schöpft. Bei dir wäre das anders. Sobald du bei ihm auftauchst, würde er sofort Lunte riechen.«
»… und das könnte Carlotta in Gefahr bringen. Das will ich auf keinen Fall riskieren«, fügte Bailey hinzu. »Keine Frage, du bist der richtige Mann für diesen Job. Denn dass du, wenn es wirklich hart auf hart kommen sollte, hervorragend mit deiner Waffe umgehen kannst, hast du mehr als beeindruckend bewiesen.«
»Besten Dank für die Blumen.« Lassiter nickte ihm freundschaftlich zu. »Dann werde ich mal gleich aufbrechen. Eine Lady in Not soll man nämlich nicht unnötig lange warten lassen. Zumindest nicht, wenn man seinen Ruf als echter Gentleman nicht aufs Spiel setzen möchte.« Er griff nach den Zügeln.
»Thanks, das ist wirklich verdammt anständig von dir.« Bailey stieß sichtlich erleichtert die Luft aus. »Sag mir bitte sofort Bescheid, sobald es Neuigkeiten gibt. Du findest uns mitsamt der Herde immer in dieser Gegend.«
Lassiter erwiderte nichts, sondern hob lediglich die Hand als Zeichen, dass er verstanden hatte. Dann stieß er seinem Braunen die Sporen in die Seiten und jagte so schnell davon, dass dessen Hufe kaum noch den Boden zu berühren schienen.
***
»Goddamned, das hört sich nicht gut an.« Bradshaw, der auf einem Felsbrocken neben der Feuerstelle hockte, stützte den Kopf in beide Hände. Nachdem er zusammen mit Wynham zu ihrem Lagerplatz zurückgekehrt war, hatte ihnen Ripley von der Unterhaltung mit Taylor berichtet. Die Neuigkeiten, die er für sie parat hatte, hatten die Laune seiner Komplizen nicht gerade verbessert. »Am liebsten würde ich den ganzen Kram einfach hinschmeißen und mich aus dem Staub machen.«
»Das kannst du vergessen.« Ripley nahm einen Schluck aus der Whiskyflasche, die sie ihm aus White Bird mitgebracht hatten. »Taylor ist ein skrupelloser Mistkerl.« Seine Lippen glänzten feucht von Schnaps, als er den Korken mit einer energischen Bewegung wieder in den Flaschenhals schlug. »Er würde keinen Moment zögern, uns ein ganzes Rudel von Bluthunden auf die Fersen zu hetzen. Bloß, weil ich blöder Idiot damit gedroht habe, ihn zu verpfeifen.« Er schlug sich selbst mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Wie konnte ich nur so dämlich sein? Ich hätte wissen müssen, dass ihn das bis aufs Blut reizt. Nun sitzen wir ganz schön in der Scheiße.«
»Du hättest den Hurensohn einfach abknallen sollen«, knurrte Bradshaw. »Dann wäre uns die Bezahlung zwar durch die Lappen gegangen, wir hätten aber auch eine Sorge weniger gehabt.«
»Ich war einfach zu überrascht, um ihn aus dem Sattel zu pusten«, gab Ripley unumwunden zu. »Außerdem wäre das wahrscheinlich auch nicht gerade eine vernünftige Lösung gewesen. Es gab mehrere Leute, die uns gesehen haben, als wir von seiner Ranch geritten sind. Wenn man seine Leiche gefunden hätte, hätte man mich als einen der Ersten in Verdacht gehabt. Dann wären nicht Taylors Gunmen, sondern der Sheriff mit seinen Leuten hinter uns her. Auch nicht viel besser. Ich habe nämlich keine große Lust darauf, dass mich überall im Land meine eigene Visage von Steckbriefen anglotzt.«
»Dann bleibt uns keine andere Wahl.« Bradshaw hob den Kopf und starrte mit Leichenbittermiene in die Flammen. »Wir müssen tun, was Taylor von uns verlangt. Diese Pferdetreiber müssen verschwinden, sonst können wir einpacken. Wenn es gar nicht anders geht, müssen wir es eben auf einen direkten Angriff ankommen lassen.«
»Eine fantastische Idee«, entgegnete Ripley sarkastisch. »Hast du auch schon einen Vorschlag, wie wir das anstellen sollen, ohne dabei Kopf und Kragen zu riskieren? Noch einmal werden sie uns
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