Ein Grabstein fuer den Playboy
die Uhr. Kurz
nach vier. »Okay. Dann versuche ich es noch mal kurz nach fünf.«
»Aber ich würde
mir keine Gedanken machen über ihre Essenszeiten. Jeanna hat einen
starken Magen - die kriegt nicht gleich Beschwerden, wenn man sich mit ihr
beim Essen unterhält.«
Mir ging es ähnlich. Um
Magenbeschwerden zu bekommen, mußte man erst mal was im Magen haben.
»Wären Sie bereit,
mir inzwischen zu sagen, wie ich ein paar Adressen finden kann?«
»Ich werde es
versuchen.«
»Erstens suche ich
einen Andy Kubiak. Ist er Arzt?«
»Klar.«
»Und dann bräuchte
ich denjenigen, der hier für das Theater verantwortlich ist.«
»George?«
»Den Namen weiß
ich nicht.«
»George Keneally. Er
wird wahrscheinlich dort unten sein.«
»Okay, dann sagen Sie
mir, wo ›dort unten‹ ist.«
Ich notierte es mir und
machte mich auf den Weg.
Zuerst ging ich zu Fuß
zum Haus des Doktors. Es lag an der Greasy Creek Road, ein paar Blocks vom
Marktplatz entfernt. Durch das Schild am Eingang erfuhr ich, daß er
nicht nur praktischer Arzt, sondern auch der Coroner des Countys war. Außerdem
stand auf dem Schild, daß seine Sprechstunde am Freitäg erst um
sechs begann. Ich klingelte trotzdem, und eine dickliche, weißhaarige
Frau kam an die Tür. Sie hatte eine Nadelarbeit in der Hand.
»Ich möchte ein
paar Worte mit Doktor Kubiak sprechen«, erklärte ich.
»Draußen auf dem
Schild steht klar und deutlich, daß die Sprechstunde um sechs
beginnt. Können Sie nicht lesen, junger Mann?«
»Doch, Ma’am«,
versicherte ich ihr. »Aber ich komme nicht als Patient. Ich
versuche, eine vermißte Frau zu finden, die zu seinen Patienten gehörte,
und es wäre möglich, daß er mir bei der Suche helfen kann.«
»Hören Sie mal,
Sie sehen doch aus wie ein vernünftiger Mensch«, sagte sie
mitleidig. »Sie sollten wissen, daß ein Arzt nicht einfach
irgendwelchen Leuten, die bei ihm klingeln, Auskünfte über seine
Patienten geben kann.«
»Ich denke nicht daran,
ihn um Auskünfte zu bitten, die sein ärztliches Schweigegebot
verletzen würden, aber er könnte mir möglicherweise dennoch
helfen.«
»Wird er aber nicht.«
»Können Sie ihn
nicht wenigstens darum bitten?«
»Kann ich nicht«,
sagte sie, »weil er nämlich nicht hier ist.«
»Ach. Und wann kommt er
zurück?«
Sie hatte eine naheliegende
Antwort auf diese Frage, aber statt dessen schaute sie mich von der Seite
an. »Handelt es sich bei der Vermißten um eine Frau aus der
Gegend?«
»Ja.«
»Priscilla Pynne, nehme
ich an.«
»Sie haben richtig
geraten.«
Jetzt schüttelte sie den
Kopf. »Die war mir immer ein Rätsel. Hatte einen guten Mann,
einen, der sich selbst mit aller Mühe hochgearbeitet hat. Und ein hübsches
Haus - viel schöner als das, was sich junge Eheleute sonst leisten können
- und wenn es ein bißchen einsam war, na wenn schon? Die ganze Stadt
ist ein bißchen einsam, es ist ja keine große Stadt, und ich
finde es lächerlich, wenn die Leute hierherziehen und sich dann
beklagen, daß hier nicht soviel los ist wie in Chicago. Sie hätte
sich hier zur Ruhe setzen und das Beste daraus machen, hätte ein paar
Kinder bekommen müssen. Gleich nachdem sie hier angekommen ist, hat
sie sich an Andy gewandt wegen angeblicher Depressionen, und er hat ihr
dafür Tabletten verschrieben. Aber ich glaube, sie hat sich einfach
nicht bemüht. Wenn ihr dieses Leben nicht paßte - warum hat sie
dann überhaupt geheiratet? Aber es sieht ganz so aus, als ob sie sich
zuletzt diese Frage selbst gestellt hätte. Auf und davon, mit einem
Gockel wie Billy Boyd. Wenn mir jemand leid tut, dann ist es ihr Mann, und das meine ich ehrlich.
Sehen Sie, wenn jemand wie diese Frau zu meinem Andy kommt und sich
beklagt, wie schwer das Leben ist, dann braucht man in neun von zehn Fällen
nicht die Leute zu bedauern, die sich beklagen, sondern diejenigen, die
mit ihnen leben müssen. Das ist meine Meinung, und Sie können
damit tun, was Sie wollen.«
Was immer ich auch damit tun
konnte - jedenfalls bedankte ich mich dafür.
*
Das Brown-County-Theater lag
auf der Südseite der Stadt, und von außen konnte ich keinerlei
Anzeichen von Leben und Bewegung erkennen. Dennoch drückte ich gegen
die eine der Doppeltüren und stellte fest, daß sie nicht
versperrt war.
Also ging ich hinein.
Das Foyer des Theaters war
leer, wurde aber durch eine Vielzahl
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