Ein Grabstein fuer den Playboy
Bemerkungen
abzutun. »Es tut mir leid«, sagte sie, »aber ich kann
das einfach nicht begreifen.«
Ich ließ ihr einen
Augenblick Zeit, dann sagte ich: »Auch mir kommt es etwas
unwahrscheinlich vor.«
Sie zog die Stirn in Falten.
»Wie meinen Sie das?«
»Ich habe ein ungutes
Gefühl, wenn ich mir überlege, was da passiert sein soll.«
Sie verengte die Augen.
»In welcher Hinsicht?«
»Ich habe mir das, was
mir am unglaubwürdigsten erscheint, auf der Fahrt hierher noch einmal
durch den Kopf gehen lassen«, sagte ich. »Es ist die Tatsache,
daß keiner der beiden seit zwei Monaten irgendeinen Kontakt mit
Nashville aufgenommen zu haben scheint.«
»Was soll daran
unglaubwürdig sein?«
»Nicht viel im Hinblick
auf Ihre Freundin, die ja wenig Bindungen an Nashville zu haben scheint.
Aber Boyd hat kein Geld von seinem Bankkonto abgehoben, und er
hat sich auch bei der Geschäftsführerin seiner Firma nicht
gemeldet. Er hatte vorher schon eine Menge Frauen, aber mit ihnen ist er
nicht auf längere Zeit durchgebrannt; außerdem scheint er mir
eher der Typ zu sein, dem allein das Ausposaunen, die Eisprinzessin doch
noch herumgekriegt zu haben, schon die Hälfte des Spaßes
bedeutet hätte.«
»Die Eisprinzessin?«
»Entschuldigen Sie -
aber so nannte er Ihre Freundin.«
»Wie gemein«,
sagte sie.
»Ja, vermutlich ist es
gemein«, sagte ich.
»Entschuldigung.
Sprechen Sie weiter.«
»Okay. Also, inzwischen
sind Ihre Freundin und dieser Boyd irgendwo und verbringen ein paar hübsche
gemeinsame Wochen. Wenn das der Fall sein sollte, gut und schön. Sie
ist endlich ihrem Mann entwischt, und Boyd braucht es nicht mehr zu
ertragen, daß man mit Fingern auf ihn zeigt und ihn verdächtigt,
seine Mutter umgebracht zu haben. Außerdem haben sich möglicherweise
zwei Herzen gefunden. Aber ich frage mich, wie sich das alles liest, wenn
die Geschichte in Wirklichkeit ein wenig anders aussieht.«
Sie war plötzlich sehr
interessiert. »Und was würde das bedeuten ?«
»Kommen wir zu den
Tatsachen zurück, die uns bekannt sind, und überlegen wir uns,
ob man sie nicht auch ganz anders interpretieren könnte. Erstens: Die
beiden haben die Stadt in derselben Nacht verlassenes.«
»Das könnte Zufall
sein, nicht wahr?« fragte Dr. Staedtler.
»Alles kann Zufall
sein, aber solche Zufälle sind eher selten. Ich muß davon
ausgehen, daß ihr Verschwinden miteinander in Zusammenhang steht.«
Sie erwiderte nichts.
»Jetzt werde ich
versuchen zu erklären, warum er verschwunden ist, ohne in den zwei
Monaten mit irgend jemandem in Nashville Kontakt aufzunehmen.«
»Und wie wollen Sie das
erklären?«
»Wenn er keinen Kontakt
aufgenommen hat, gehe ich davon aus, daß er einen guten Grund dafür
hat. Es hieße also, daß ein solcher Kontakt - ja sogar eine
Geldüberweisung von seiner Bank - ihm schaden könnte.«
Sie schwieg.
»Wenn das der Fall ist,
hat er vermutlich etwas zu verbergen, etwas, das ernst genug ist, sein
Leben, wie er es in Nashville gewöhnt ist, zu bedrohen.«
Ich merkte, daß ihre
Aufmerksamkeit etwas nachließ.
»Ich weiß, das
klingt etwas ungewöhnlich, aber vielleicht können wir der Kette
ein fehlendes Glied beifügen. Angenommen, Ihre Freundin, Mrs. Pynne,
wußte etwas vom Tod seiner Mutter.«
Ich wartete. Nach einer Weile
sagte sie: »Ja, und?«
»Es wäre sogar möglich,
daß er ihr etwas angetan hat und daß er nicht nach Nashville
zurückkommt, weil er dann gezwungen wäre, zu erklären, was
mit Mrs. Pynne geschehen ist.«
»Angetan?« fragte
sie. »Was meinen Sie damit - daß er sie umgebracht haben könnte?«
»Ja, durchaus«,
sagte ich.
Sie kniff die Augen zusammen.
»Aber ich darf keine so
wilden Spekulationen vom Stapel lassen, entschuldigen Sie. Ich will damit
eigentlich nur sagen, daß mir die Situation in keiner Weise klar
erscheint. Aber die entscheidende Frage für Sie ist ja wohl, was Sie
nun unternehmen wollen.«
»Unternehmen?«
fragte sie. Ich hatte das Gefühl, sie wollte aufstehen und Weggehen.
»Ich meine, ob Sie
weiterhin versuchen wollen, Mrs. Pynne zu finden.«
»Aber ja«,
antwortete sie, und ihre Stimme klang erschöpft. Ich erinnerte mich
daran, daß sie vermutlich einen schweren Tag hinter sich hatte.
Und ich hatte nicht mehr viel
zu berichten. »Wenn Sie die Suche fortführen wollen, könnte
ich mit der Familie und den
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