Ein Grabstein fuer den Playboy
Pynne keine Ahnung hatte, was mit Boyd geschehen ist.«
Darauf gab sie mir keine
Antwort.
»Die Antwort lautet:
Weil der Mörder es so darstellen möchte, als wenn die beiden
gemeinsam ausgerückt wären«, sagte ich.
Dann legte ich eine Pause
ein, aber sie hatte offenbar nichts dazu zu sagen.
»Es war eine falsche
Spur«, sagte ich. »Ein roter Hering, wie man in der Sprache
der Detektive sagt. Wenn Priscilla nicht zurückgekommen oder Boyds
Leichnam nicht gefunden worden wäre, hätten die Fragen niemals
ganz beantwortet werden können, egal, was die Leute denken mochten.«
Sie schwieg noch immer, aber
ich merkte trotz des schwachen Lichts, daß Betty Weddle blaß
geworden war.
»Aber damit erhebt sich
eine weitere Frage«, fuhr ich fort. »Wer wußte, daß
Priscilla ihren Mann und ihr Heim verlassen wollte? Und, genauer, wer wußte
es so rechtzeitig, daß er es für seinen Plan benützen
konnte?«
»Ja, wer?« fragte
sie, aber nicht so leise, wie ich es erwartet hatte. Sie stellte nachdrücklich
ihr Weinglas ab.
»Frank Pynne dürfte
es als erster gewußt haben«, sagte ich. »Er bemerkte es
am Sonntagmorgen. Und er hat danach zwei Leute angerufen. Einer davon war
der Sheriff, Jeanna Dunlap. Er rief sie um sieben Uhr vierunddreißig
an, nach der Eintragung im Buch des Sheriffs. Wenn Frank Boyd getötet
hätte, dann hätte er vermutlich nicht so früh schon den
Sheriff benachrichtigt, weil er nicht wünschen konnte, daß man
so rasch die Spur seiner verschwundenen Frau aufnehmen würde.«
»Das verstehe ich«,
sagte sie.
»Soviel zu Jeanna.
Frank hat außerdem David Hogue angerufen. Und soviel ich weiß,
waren das die beiden einzigen Menschen außer Frank, die bereits um
acht Uhr morgens wußten, daß Priscilla Pynne weggegangen war.«
Betty Weddle nickte. »Mit
einer Ausnahme«, sagte sie.
»Nämlich?«
»Ich wußte auch,
daß Priscilla Pynne fortgegangen war. Und ich gestehe.«
»Was denn?«
»Ich habe Billy getötet«,
sagte sie und nahm eine Pistole aus einer Lackschatulle auf dem
Couchtisch, direkt neben ihrem Sessel. »Einmal kommt die Zeit«,
sagte sie, »wo man sich erheben und die Rechnung machen muß.«
Und dazu zielte sie mit der
Pistole genau auf meinen Kopf.
36
Ich hatte es allmählich
satt, daß man mich mit Schußwaffen bedrohte. Vor allem, weil
es nun schon das zweite Mal an einem einzigen Tag war. Und ich entschloß
mich, ihr zuvorzukommen. Wenn ich schnell handelte, würde mir das
sicherlich- gelingen.
Aber ehe ich eine Bewegung
machen konnte, feuerte sie einen Schuß auf mich.
Die Kugel riß mir die
Haut vom Ohrläppchen.
»Ich kann gut damit
umgehen«, hörte ich sie sagen, als sich das Dröhnen in
meinem Kopf allmählich legte.
Dann schaute ich auf meine
blutigen Finger.
»Ich fürchte, ich
bin ein bißchen eingerostet. Eigentlich wollte ich Sie nicht
verletzen. Ich wollte nur, daß Sie die Kugel am Ohr vorbeisausen hören.«
»Ich glaube, Sie haben
deutlich genug Ihren Standpunkt klargemacht«, sagte ich. Und obwohl
ich noch immer der Überzeugung war, daß ich die Situation in
den Griff bekommen konnte, fühlte ich, wie sich mein Puls
beschleunigt hatte, während meine Glieder weich wie Pudding geworden
waren. Es kam vermutlich daher, daß ich es an einem Tag zweimal
durchmachen mußte.
Am liebsten wäre ich
jetzt irgendwo anders gewesen. Vergessen Sie’s, Lady. Tut mir leid,
daß ich Sie gestört habe. Ich will jetzt nach Hause und
schlafen gehen, okay?
»Es gibt für mich
keinen Ausweg. Wenn ich mein Leben retten will, muß ich Sie töten«,
sagte die Weddle jetzt.
Ich überlegte mir, ob es
nicht doch eine Alternative gab.
Als ich »Tun Sie’s
nicht!« sagte, da klang das ziemlich gepreßt.
»Ich bin nicht scharf
darauf«, sagte sie mit Nachdruck. »Aber es gibt keinen anderen
Weg. Ich muß meine Interessen schützen. Fragt sich nur, wie es
am besten zu bewerkstelligen ist.«
Danach saßen wir ein
paar Minuten lang schweigend da.
Als mein Kopf wieder klarer
war, stellte ich fest, daß die Weddle mindestens ebenso aufgeregt
war wie ich selbst. Das wunderte mich.
»Haben Sie was dagegen,
wenn ich einen Schluck trinke?« fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf.
Der Kopf bewegte sich, die Hand mit der Pistole nicht.
Jetzt konnte ich zwischen
Kaffee und Wein wählen. Ich entschied mich für Kaffee. Dabei
beobachtete ich ihre
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