Ein Grausames Versprechen
rülpste.
Sal drehte sich wütend zu ihm um. »Was ist mit dir? Hast du was zu sagen, verdammt noch mal?«
»Sal.« Nona hob im Wohnzimmer die Augen zur Decke, um an die Mädchen darüber zu erinnern.
»Ich kümmere mich um alles.«
»Wenn du dieser Sanitäterin zu nahe kommst, werden es die Bullen merken, das weißt du.«
»Wer sagt, dass es um sie geht?«
»Um wen sonst? Der Typ, mit dem sie arbeitet, und der auch gehört hat, was Kennedy gesagt hat?« Sal schüttelte den Kopf. »Sie ist der Schlüssel.«
Thomas antwortete nicht.
Sal klickte auf seinen Kugelschreiber und schlug das Notizbuch zu. Welchen Sinn hatte es, eine Besprechung abzuhalten, wenn niemand sie ernst nahm. Harten Kerlen war ihre Zeit zu wertvoll, um sie auf diese Weise zu vergeuden.
Oben in seinem Zimmer machte er kein Licht und setzte sich aufs Bett. Lizzie und Mardi hatten aufgehört zu streiten, und Lizzie spielte wieder auf ihrer Gitarre. Er sah sie vor sich, wie sie mit gefurchter Stirn die Akkorde griff. Sie ähnelte Nona in diesem Alter sehr, mit ihren großen Augen, dem langen, honigfarbenen Haar und einer schlaksigen Eleganz, die ihr selbst nicht bewusst war. Kein Wunder, dass Nona ausgerastet war, als Blake aus dem Gefängnis freikam, als Lizzie gerade dreizehn wurde. Als Nona nach dem Scheitern ihrer Ehe wieder nach Haus gezogen war, blieb sie immer lange wach und unterhielt sich mit Sal, und eines Nachts hatte sie ihm bei zu viel Rotwein von Blake erzählt. Sal hatte sprachlos vor Entsetzen zugehört. Er war an derselben Schule gewesen, zwei Jahre vor ihr, und es schmerzte ihn, wenn er daran dachte, dass seine Schwester missbraucht worden war und lautlos gelitten hatte, während er fröhlich sein Schuljungenleben lebte.
Sie hatte weder ihm noch Julio, der wiederum zwei Jahre älter war, oder ihren Eltern einen Vorwurf gemacht, weil sie nicht bemerkt hatten, was vor sich ging. Aber er hatte sich dennoch verantwortlich gefühlt - sie war seine kleine Schwester! Aus diesem Grund und wegen einiger unklarer Vorstellungen von Rache und Verhinderung künftigen Unheils hatte er sich in dieser Gasse wiedergefunden, die schwitzenden Hände an einem Axtstiel ohne Axt. Thomas hatte ihn von hinten angestoßen, als Blake in Vorfreude auf ein Treffen mit einem anderen Pädophilen, der ein Geschenk dabeihaben sollte, hereingeschlichen war. Thomas hatte alles eingefädelt, und als offenkundig wurde, dass Sal vor Furcht und Zweifel wie gelähmt war, hatte Thomas ihm den Axtstiel aus der Hand genommen. Sal war bei diesem Container gekauert und hatte die Schläge gehört, und es war ihm in diesem Augenblick nicht bewusst gewesen, dass Blakes Geist ihm vom Tatort folgen würde, und dass er sich gerade für alle Zeiten mit Thomas zusammengeschweißt hatte.
Und jetzt forschte die Polizei danach, wer diesen Anruf gemacht hatte.
Er fühlte Tränen aufsteigen und biss die Zähne zusammen.
22
Ella war dankbar für den geringen Verkehr am Sonntagmorgen, als sie zum Büro der Mordkommission fuhr. Ihre Augen waren trocken und brannten, weil sie erbärmlich schlecht geschlafen hatte, und jetzt verschwamm auch noch alles von den Augentropfen.
Zum ersten Mal in ihrem Erwachsenenleben hatte sie nachts ein Licht brennen lassen. Sie kam sich idiotisch vor dafür, noch idiotischer allerdings, weil sie den Stein in die Mikrowelle gesperrt hatte. Heute Morgen hatte sie dann die Tür des Herds geöffnet und hineingeschaut, und sie hatte sich überlegt, ob sie auf dem Weg zur Arbeit nicht einen Abstecher an den Fluss machen und ihn hineinwerfen sollte. Aber etwas flüsterte ihr zu, es könnte sich um ein Beweismittel handeln, und alles, was auch nur im Entferntesten nach Beweis roch, weckte ihren Hamsterinstinkt. Sie wollte nicht darüber nachdenken, wofür der Stein ein Beweismittel sein könnte, aber sie hatte die Tür des Geräts wieder geschlossen und ihn dort gelassen.
Sie richtete sich im Sitz auf und versuchte, sich auf den Fall zu konzentrieren. Heute Morgen würden sie die Namensliste aufteilen, die ihnen Paul Davids gegeben hatte, und dann ein bisschen an Türen klopfen. Auf der Personalliste, die sie von Martin Everly bekommen hatte, waren keine Vorbestraften aufgetaucht, aber jetzt hatten sie wenigstens einen Grund mit diesen sieben zu sprechen und konnten konkrete Fragen stellen. Sie schaute auf die Uhr und wechselte auf die rechte Spur, um ein langsameres Auto zu überholen.
Als sie vor dem Büro ankam, lief Murray bereits auf dem Parkplatz
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