Ein Grausames Versprechen
Davids.«
»Wir sollten dieses Mal auch mit dem Vater reden.«
Das Haus der Rios sah verrammelt aus. Ella klopfte, bis ihr die Knöchel wehtaten. Murray blickte zu den Fenstern hinauf.
»Entschuldigen Sie«, ertönte eine Stimme.
Ella sah eine Frau vom Nachbargrundstück über den Zaun winken. »Suchen Sie die Rios?«, fragte sie.
Ella ging zu ihr. »Wissen Sie, wo sie sind?«
»Julio ist heute Nachmittag zusammengebrochen und wurde per Sanka ins Krankenhaus gebracht«, sagte sie. »Sie sind alle zu ihm gefahren.«
»Wissen Sie, welches Krankenhaus?« Ella zeigte der Frau ihren Ausweis. »Wir müssen sie dringend sprechen.«
»Das St. John’s in Randwick.« Die Frau senkte die Stimme. »Es ist ein Hospiz. Wohin man geht, um … Sie wissen schon.«
Ella wusste es. »Danke.«
»Ich weiß nicht recht«, sagte Murray. »Wenn der Bursche stirbt, sollten wir seinem Bruder nicht wegen Zeug zusetzen, von dem er vielleicht überhaupt nichts weiß.«
»Das ist ein Mordfall.« Ella fuhr weiter. Randwick war nur ein paar Vororte entfernt.
»Den wir heute aber nicht mehr aufklären werden, oder? Es macht keinen Unterschied, ob wir Sal bis morgen in Ruhe lassen. Er wird sich kaum kooperativ zeigen, wenn wir ihn vom Sterbebett seines Bruders wegzerren, und wir hätten in der Zwischenzeit genug andere Dinge zu tun.«
Ella verlangsamte nicht.
»Fahren wir zum Rosie’s und reden noch mal mit Paul Davids. Vielleicht lässt er uns einen Blick in seine Lieferunterlagen werfen«, sagte Murray.
»Er wird wahrscheinlich einen Durchsuchungsbefehl verlangen.«
»Einen Versuch ist es wert.«
Sie näherten sich einer großen Kreuzung. Rechts ging es nach Randwick, wo der nur aus Haut und Knochen bestehende Julio Rios langsam aus dem Leben schied, während die übrigen Rios zuschauten. Geradeaus ging es in die City, nach King’s Cross, zum Rosie’s, wo der unnachgiebige Paul Davids die rosige, leere Hand nach einem Durchsuchungsbefehl ausstrecken würde.
Ella zögerte, als die Rechtsabbiegespur kam, dann fluchte sie und beschleunigte geradeaus.
Paul Davids Handfläche war nicht so rosig, wie sich Ella vorgestellt hatte - die Furchen darin waren sogar ziemlich schmutzig -, aber sie war auf jeden Fall so leer.
Sie stiegen wieder in den Wagen. »Ich fahre trotzdem nicht in dieses Hospiz«, sagte Murray. »Wir sollten ins Büro zurückkehren, unsere Berichte tippen und mit dem Antrag auf einen Durchsuchungsbefehl beginnen.«
»Ich glaube nicht, dass wir genug für einen beisammen haben«, erwiderte Ella. »Wir müssen mit den Rios reden.«
»Kommt nicht infrage.«
»Vielleicht lassen sie sich dazu überreden, dass wir in die Bücher schauen dürfen.«
»Das werden sie nicht.«
»Vielleicht doch«, sagte sie. »Wenn sie brave, aufrechte Bürger sind.«
»Soll das passieren, bevor ihr Sohn und Bruder stirbt, oder danach?«
»Okay, okay.« Ella bog nach Westen ab. »Wir fahren ins Büro zurück.«
»Du bist ein guter Mensch.«
»Ha.«
Es war beinahe Hauptverkehrszeit, und der Verkehr war zäh. Ella kroch über eine Reihe von Ampelphasen und überlegte, dass die Rios anschließend die Beerdigung vorbereiten würden und Murray sie wahrscheinlich auch dabei nicht stören wollte. Dann würden sie auf der Beerdigung sein und sich danach von ihr erholen. Sie kam ihnen womöglich tagelang nicht nahe.
Das waren die Aufgaben, die Murray liebte. Ella beobachtete, wie er fröhlich drauflostippte, während sie über ihre Tastatur gebeugt saß.
Wir hätten wenigstens an dem Hospiz vorbeifahren sollen. Vielleicht wäre Sal zum Luftschnappen draußen gewesen. Vielleicht wäre er gerade in seinen Wagen gestiegen, um nach Hause zu fahren.
Sie stützte den Kopf auf die Hand.
»Brauchst du ein Kopfschmerzmittel?«
»Was?«
Murray sah sie an. »Du hältst dir den Kopf. Ich dachte, du hast vielleicht Kopfweh.«
»Ja, stimmt«, sagte sie rasch. »Vielleicht sollte ich nach Hause fahren. Du hast doch nichts dagegen, oder?«
Er tippte bereits wieder. »Kein Problem. Schon dich.«
»Bis morgen dann.« Sie griff nach ihrer Tasche und eilte zur Tür.
Sie bog rechts aus dem Parkplatz in Richtung Stadtmitte ab. Es machte nichts, wenn Murray aus dem Fenster sah. Das war auch der Weg nach Hause.
Sal Rios war nicht auf dem Parkplatz des Hospizes und auch nicht in der Grünanlage beim Eingang. Ella zögerte auf der Treppe, dann ging sie hinein.
Eine Schwester blickte vom Empfangstisch auf. »Kann ich Ihnen
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